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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sagte Betsy. »Wenn Sie erst mal in Fahrt kommen, sind Sie ziemlich gut. Schmücken Sie die Story bloß nicht zu sehr aus.«
    »Das tue ich nicht«, sagte Tess. »Möglicherweise ist es ja auch eine Story, die ich nie erzählen muss. Sobald die Cops die Strehlkes und ihre Opfer gefunden haben, werden sie nach einem ganz anderen Täter fahnden als nach einer Bücher schreibenden kleinen Lady wie mir.«

    Betsy Neal lächelte. »Bücher schreibende kleine Lady, dass ich nicht lache! Sie sind ein übles Weibsbild.« Dann sah sie offenbar den plötzlich besorgten Ausdruck auf Tess’ Gesicht. »Was? Was gibt’s denn jetzt wieder?«
    »Sie können doch eine Verbindung zwischen den Leichen in der Wellblechröhre und den Strehlkes herstellen, oder? Wenigstens zu Lester?«
    »Hat er einen Gummi übergestreift, bevor er Sie vergewaltigt hat?«
    »Nein. Gott, nein. Sein Zeug war noch an meinen Schenkeln, als ich heimgekommen bin. Und in mir.«
    »Dann hat er es bei den anderen auch ohne gemacht. Reichlich Beweismaterial. Daraus ziehen die Ermittler bestimmt die richtigen Schlüsse. Wenn die Kerle den Inhalt Ihrer Handtasche wirklich vernichtet haben, dürfte Ihnen nichts passieren. Und es hat keinen Zweck, sich wegen etwas Sorgen zu machen, was man nicht beeinflussen kann, stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Was Sie betrifft … Sie haben nicht vor, nach Hause zu fahren und sich in der Badewanne die Pulsadern aufzuschneiden? Oder die letzte Kugel zu benutzen?«
    »Nein.« Tess dachte daran, wie süß die Nachtluft geduftet hatte, als sie mit dem kurzen Lauf des Lemon Squeezer im Mund in Big Drivers Pick-up gesessen hatte. »Nein, ich komme zurecht.«
    »Dann wird’s Zeit, dass Sie gehen. Ich bleibe noch eine Weile hier sitzen.«
    Tess erhob sich, setzte sich dann aber wieder auf die Bank. »Eines muss ich noch wissen. Sie machen sich freiwillig zu meiner Komplizin. Wieso tun Sie das für eine Frau, die Sie nicht mal kennen? Der Sie nur einmal begegnet sind?«
    »Weil meine Oma Ihre Bücher liebt und sehr enttäuscht wäre, wenn Sie wegen dreifachen Mordes hinter Gitter kämen - würden Sie das glauben?«

    »Kein bisschen«, sagte Tess.
    Betsy schwieg eine Zeit lang. Sie griff nach ihrer Dose Dr. Brown’s und stellte sie dann wieder ab, ohne getrunken zu haben. »Es werden viele Frauen vergewaltigt, nicht wahr? Ich meine, Sie sind in dieser Beziehung nicht einzigartig, oder?«
    Nein, Tess wusste natürlich, dass sie in dieser Beziehung nicht einzigartig war, aber dieses Wissen machte die Schmerzen und das Schamgefühl nicht geringer. Es würde auch ihre Nerven nicht beruhigen, während sie auf das Ergebnis des Aids-Tests wartete, zu dem sie bald gehen würde.
    Betsy lächelte. Ihr Lächeln war weder hübsch anzusehen noch heiter. »Während wir hier reden, werden auf der ganzen Welt Frauen vergewaltigt. Auch Mädchen, von denen einige bestimmt Lieblingsplüschtiere haben. Manche werden ermordet, und manche überleben. Wie viele der Überlebenden zeigen Ihrer Meinung nach ihre Vergewaltigung an?«
    Tess zuckte mit den Achseln.
    »Ich weiß es auch nicht«, sagte Betsy, »aber ich weiß, was die Statistik bei Verbrechensopfern sagt, weil ich danach gegoogelt habe. Sechzig Prozent aller Vergewaltigungen werden nicht angezeigt, heißt es dort. Fast zwei Drittel! Ich glaube, dass dieser Prozentsatz zu niedrig ist, aber wer könnte das mit Sicherheit sagen? Außer im Matheunterricht ist es schwierig, etwas Negatives zu beweisen. Eigentlich sogar unmöglich.«
    »Wer hat Sie vergewaltigt?«, fragte Tess.
    »Mein Stiefvater«, sagte Betsy. »Ich war damals zwölf. Er hat mir ein Buttermesser vors Gesicht gehalten, während er es getan hat. Ich habe stillgehalten - ich hatte Angst -, aber es hat gezuckt, als er gekommen ist. Wahrscheinlich nicht absichtlich, aber wer weiß das schon?«

    Betsy zog das untere Lid ihres linken Auges mit zwei Fingern der Linken herunter. Die rechte Hand hielt sie gewölbt darunter, und das Glasauge rollte glatt in die Handfläche. Die leicht nach oben zeigende leere Augenhöhle war schwach gerötet und schien überrascht in die Welt hinauszustarren.
    »Die Schmerzen waren … na ja, solche Schmerzen lassen sich unmöglich beschreiben, wirklich nicht. Mir ist es vorgekommen, als würde die Welt untergehen. Und das viele Blut! Unmengen. Meine Mutter ist mit mir zum Arzt gegangen. Sie hat mir eingeschärft, ihm zu erzählen, ich wäre auf Strumpfsocken durch die Küche gelaufen und auf dem frisch gebohnerten

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