Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars
an«, sagte Elvid. »Hätten Sie einen so stressreichen Job wie ich, hätten Sie auch Bluthochdruckprobleme. Und das Sodbrennen, das ich oft habe, oje. Das wollen Sie gar nicht wissen.«
»Was passiert jetzt?«, fragte Streeter. Trotz der Jacke fröstelte ihn.
»Jetzt?« Elvid wirkte überrascht. »Jetzt fangen Sie an, Ihre fünfzehn Jahre bei guter Gesundheit zu genießen. Vielleicht auch zwanzig oder sogar fünfundzwanzig. Wer weiß?«
»Und das mit dem Glück?«
Elvid warf ihm einen schelmischen Blick zu. Er hätte amüsant sein können, wäre die Kälte nicht gewesen, die Streeter gleich darunter wahrnahm. Und das Alter. In diesem Augenblick war er sich sicher, dass George Elvid schon sehr lange in dieser Branche war, Sodbrennen hin oder her. »Für den Glücksaspekt sind Sie selbst zuständig, Dave. Und natürlich Ihre Familie - Janet, May und Justin.«
Hatte er Elvid ihre Namen gesagt? Das wusste er nicht mehr.
»Vielleicht hauptsächlich die Kinder. Eine alte Redensart besagt, Kinder seien etwas, was einem das Schicksal nehmen kann, aber in Wirklichkeit nehmen Kinder ihre Eltern als Geiseln, das denke ich. Eines könnte bei einem Unfall auf einer einsamen Landstraße sterben oder schwer verletzt werden … einer heimtückischen Krankheit zum Opfer fallen …«
»Soll das heißen …«
»Nein, nein, nein! Das ist keine moralinsaure Fabel. Ich bin Geschäftsmann , keine Figur aus ›Der Teufel und Daniel Webster‹. Ich sage nur, dass Ihr Glück in Ihren Händen und denen Ihrer nächsten Angehörigen liegt. Und wenn Sie glauben, dass ich in zwei Jahrzehnten oder so auftauche, um Ihre Seele in meine schimmelige alte Brieftasche zu stecken, täuschen Sie sich gewaltig. Außerdem sind die Seelen der Menschen erbärmlich dünn und durchscheinend geworden.«
Er sprach, fand Streeter, wie der Fuchs, nachdem er festgestellt hatte, dass die Trauben wirklich unerreichbar waren. Aber Streeter hatte nicht die Absicht, das auszusprechen. Nachdem der Handel nun abgeschlossen war, wollte er möglichst schnell fort. Trotzdem blieb er noch, wollte die Frage, die ihm auf der Seele lag, nicht stellen, und wusste doch, dass er es würde tun müssen. Weil hier keine Gratisgeschenke verteilt wurden; Streeter, der langjährige Erfahrung
im Bankgeschäft hatte, erkannte einen Kuhhandel, wenn er einen vor sich hatte. Oder wenn er ihn roch: ein schwacher unangenehmer Gestank wie von verbranntem Kerosin.
Ganz einfach gesagt: Sie müssen jemanden ins Unglück stürzen, wenn das Unglück von Ihnen genommen werden soll.
Aber eine einzige Pille gegen Bluthochdruck zu klauen hieß nicht gerade, einen Menschen ins Unglück zu stürzen. Oder doch?
Elvid klappte unterdessen energisch seinen großen Schirm zusammen. Und als er eingerollt war, fiel Streeter eine erstaunliche und entmutigende Tatsache auf: Er war überhaupt nicht gelb. Er war so grau wie der Himmel. Der Sommer war fast vorbei.
»Die meisten meiner Kunden sind völlig zufrieden, völlig glücklich. Wollten Sie das hören?«
Gewiss … und doch wieder nicht.
»Ich spüre, dass Sie noch eine relevante Frage haben«, sagte Elvid. »Wenn Sie eine Antwort wollen, müssen Sie aufhören, um den heißen Brei herumzuschleichen, und sie stellen. Es wird bald regnen, und ich will vorher unter Dach sein. Das Letzte, was ich in meinem Alter brauche, ist eine Bronchitis.«
»Wo ist Ihr Auto?«
»Oh, war das Ihre Frage?« Elvid verhöhnte ihn jetzt offen. Sein Gesicht war hager, nicht im Geringsten pummelig, und das Weiße der leicht schräg stehenden Augen ging außen in ein unangenehmes und - ja, so war es - krebsartiges Schwarz über. Er sah wie der halb abgeschminkte unfreundlichste Clown der Welt aus.
»Ihre Zähne«, sagte Streeter benommen. »Sie haben Spitzen .«
»Ihre Frage, Mr. Streeter?«
»Wird Tom Goodhugh Krebs bekommen?«
Elvid starrte ihn einen Augenblick an, dann fing er zu kichern an. Der Laut war keuchend, staubig und unangenehm - wie das Geräusch einer verstummenden Dampforgel.
»Nein, Dave«, antwortete er. »Tom Goodhugh bekommt keinen Krebs. Nicht er .«
»Was dann? Was?«
Die Verachtung, mit der Elvid ihn musterte, bewirkte, dass Streeters Knochen sich schwach anfühlten - als hätte irgendeine schmerzlose, aber schrecklich korrosive Säure Löcher in sie hineingefressen. »Was kümmert Sie das? Sie hassen ihn, das haben Sie selbst gesagt.«
»Aber …«
»Sehen Sie zu. Warten Sie ab. Genießen Sie. Und nehmen Sie das hier.« Er gab Streeter
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