Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Ehe?
    Gut, hätte sie vor jener Nacht auf diese Frage geantwortet. Alles bestens.
    Sie war in dem Jahr, in dem John F. Kennedy zum Präsidenten gewählt wurde, als Darcellen Madsen (Darcellen, ein Name, den nur Eltern, die von einem frisch gekauften Buch mit Kindernamen fasziniert waren, lieben konnten) auf die Welt gekommen. Sie wuchs in Freeport, Maine, auf, als es noch eine Kleinstadt war, kein bloßes Anhängsel von L. L. Bean’s, Amerikas erstem Superstore, und einem halben Dutzend weiterer übergroßer Einzelhandelsgeschäfte, die sich »Outlets« nannten (als wären sie Gullyabflüsse statt Verkaufsstellen). Sie besuchte die Freeport High School, dann die Addison Business School, wo sie eine Sekretärinnenausbildung erhielt. Angestellt wurde sie von der Firma Joe Ransome Chevrolet, die bei ihrem Ausscheiden im Jahr 1986 der größte Autohändler Portlands war. Sie war farblos, lernte aber von zwei etwas kultivierteren Freundinnen genügend Make-up-Tricks, um sich an Werktagen hübsch zu machen und an Freitag- und Samstagabenden, wenn sie
als Gruppe ausgingen und im Lighthouse oder bei Mexican Mike’s (wo es Livemusik gab) Margaritas tranken, geradezu aufzufallen.
    Im Jahr 1982 heuerte Joe Ransome eine Steuerberatungsfirma aus Portland an, die ihm helfen sollte, seine kompliziert gewordene steuerliche Situation zu klären (»Die Art Problem, die man gern hätte«, hörte Darcy ihn zu einem der Seniorverkäufer sagen). Zwei Männer mit Aktenkoffer kamen heraus; der eine alt, der andere jung. Beide trugen eine Brille und konservative Anzüge; beide kämmten ihr Haar auf eine Weise aus der Stirn zurück, die Darcy an die Fotos in MEMORIES OF’54 erinnerte, das Highschool-Jahrbuch ihrer Mutter mit dem Bild (in Blindprägung) eines Jungen, der als Cheerleader mit einem Megafon am Mund den Kunstlederband schmückte.
    Der jüngere Steuerberater war Bob Anderson. Sie kam am zweiten Tag seiner Arbeit im Haus mit ihm ins Gespräch und erkundigte sich im Lauf der Unterhaltung, ob er irgendwelche Hobbys habe. Ja, sagte er, er sei Numismatiker.
    Er wollte ihr erklären, was das sei, aber sie sagte: »Ich weiß Bescheid. Mein Vater sammelt Lady-Liberty-Dimes und Büffelkopf-Nickels. Er sagt, dass sie sein numismatisches Steckenpferd sind. Haben Sie auch ein Steckenpferd, Mr. Anderson?«
    Er hatte eines: Weizen-Pennys. Seine größte Hoffnung war es, eines Tages auf einen Cent aus dem Jahr 1955 mit Doppeldatum zu stoßen, der …
    Aber auch das wusste sie. Diese Münze mit Doppeldatum war eine Fehlprägung. Eine wertvolle Fehlprägung.
    Der junge Mr. Anderson, der mit dem dichten, sorgfältig gescheitelten braunen Haar, war von dieser Antwort entzückt. Er forderte sie auf, ihn Bob zu nennen. Später beim Lunch - den sie auf einer Bank hinter der Karosseriewerkstatt
im Sonnenschein einnahmen, Thunfisch auf Roggenbrot für ihn, ein griechischer Salat in einer Tupperwareschale für sie - fragte er, ob sie Lust habe, am Samstag mit ihm auf einen Flohmarkt in Castle Rock zu gehen. Er sei gerade in eine neue Wohnung eingezogen, sagte er, und suche einen Sessel. Und einen Fernseher, wenn jemand ein gutes Stück zu einem fairen Preis verkaufe. Ein gutes Stück zu einem fairen Preis war eine Redewendung, die ihr in den kommenden Jahren behaglich vertraut werden würde.
    Er war so farblos wie sie selbst, nur irgendein Kerl, an dem man auf der Straße vorbeigehen würde, ohne ihn zu bemerken, und würde niemals Make-up auftragen, um hübscher auszusehen … aber an diesem Tag auf der Bank trug er welches. Er errötete nämlich leicht, als er sie das fragte, eben genug, um ihn lebhafter erscheinen zu lassen und ihm etwas Farbe zu verleihen.
    »Keine Münzsammlungen?«, neckte sie ihn.
    Er lächelte und ließ dabei ebenmäßige Zähne sehen. Kleine Zähne, gut gepflegt und weiß. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, der Gedanke an diese Zähne könnte sie erschaudern lassen … wieso denn auch?
    »Einen hübschen Satz Münzen würde ich mir natürlich ansehen«, sagte er.
    »Vor allem Weizen-Pennys?« Noch immer neckend, aber nur ein bisschen.
    »Die ganz besonders. Möchten Sie kommen, Darcy?«
    Sie kam. Und sie kam auch in ihrer Hochzeitsnacht. Danach nicht mehr so schrecklich oft, aber doch ab und zu. Oft genug, um sich als normal und erfüllt zu empfinden.
    Im Jahr 1986 wurde Bob befördert. Außerdem machte er (von Darcy ermutigt und unterstützt) einen kleinen Versandhandel für amerikanische Sammlermünzen auf. Er war von

Weitere Kostenlose Bücher