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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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könnte sagen …
    »Dass ich geglaubt habe, ein Geräusch zu hören, und Fritzy mir zwischen die Füße gekommen ist, als ich runtergehen und nachsehen wollte.«
    Fritzy hörte seinen Namen und miaute von der Badezimmertür her.
    »Dass ich mit meinem dummen Gesicht auf dem unteren Endpfosten gelandet bin. Ich könnte sogar …«
    Sogar eine kleine Spur an dem Pfosten zurücklassen, natürlich konnte sie das. Vielleicht mit dem Fleischklopfer aus einer ihrer Küchenschubladen. Nichts Auffälliges, nur ein, zwei leichte Schläge, um die Farbe abplatzen zu lassen. Ein Arzt (oder eine clevere alte Detektivin wie Doreen Marquis, Doyenne des Strickclubs) hätte sich von dieser Geschichte nicht täuschen lassen, aber es würde die liebe Patsy McC täuschen, deren Mann in ihren zwanzig Ehejahren bestimmt kein einziges Mal die Hand gegen sie erhoben hatte.
    »Es ist nicht so, dass ich mich wegen irgendwas schämen müsste«, flüsterte sie der Frau im Spiegel zu. Der Neuen Frau mit der schiefen Nase und den geschwollenen Lippen. »Ganz und gar nicht.« Gewiss, aber eine öffentliche Bloßstellung würde sie beschämen . Sie würde nackt sein. Ein nacktes Opfer.

    Aber was ist mit den Frauen, Tessa Jean? Den Frauen in der Wellblechröhre?
    Über die würde sie nachdenken müssen, aber nicht heute Nacht. Heute Nacht war sie müde, hatte Schmerzen und war in tiefster Seele bekümmert.
    In ihrem Innersten (in ihrer bekümmerten Seele) spürte sie wie Glut unter der Asche Zorn auf den Mann, der das alles verschuldet hatte. Auf den Kerl, der sie in diese Lage gebracht hatte. Sie betrachtete den neben dem Waschbecken liegenden Revolver und wusste, dass sie auf ihn geschossen hätte, ohne einen Augenblick zu zögern, wenn er hier gewesen wäre. Dieses Wissen bewirkte, dass sie sich schlecht fühlte. Zugleich fühlte sie sich etwas stärker.

18
    Sie schlug mit dem Fleischklopfer etwas Farbe von dem Endpfosten des Geländers ab - inzwischen war sie so müde, dass sie sich wie ein Traum im Kopf einer anderen Frau fühlte. Sie begutachtete die Delle, fand, sie sah zu absichtlich erzeugt aus, und glättete die Ränder mit ein paar leichten Schlägen. Als die Stelle wie etwas aussah, was sie mit einer Seite ihres Gesichts - wo die schlimmste Prellung war - erzeugt haben konnte, stieg sie langsam die Treppe hinauf und ging mit dem Revolver in der Hand den Flur entlang.
    Vor der halb geöffneten Schlafzimmertür zögerte sie kurz. Was war, wenn er dort drinnen war? Er hatte ihre Handtasche, er hatte ihre Adresse. Die Alarmanlage hatte sie erst nach ihrer Rückkehr eingeschaltet (wie nachlässig!). Er konnte seinen alten F-150 um die Ecke geparkt haben. Er konnte den Hintereingang aufgebrochen haben. Dafür
hätte er wahrscheinlich nicht mehr als ein Stemmeisen gebraucht.
    Wäre er hier, würde ich ihn riechen. Den Männerschweiß. Und ich würde ihn erschießen. Kein »Legen Sie sich au f den Boden«, kein »Hände hoch, während ich die 911 anrufe«, keinen Horrorfilmscheiß. Ich würde ihn ein fach erschießen. Aber wisst ihr, was ich vorher sagen würde?
    »Du magst es, es mag dich«, sagte Tess mit ihrer neuen, rauen Stimme. Ja. Genau das war es. Er würde es nicht verstehen, aber sie würde es tun.
    Sie merkte, dass sie sich geradezu wünschte, er wäre in ihrem Zimmer. Was vermutlich bedeutete, dass die Neue Frau mehr als nur ein bisschen verrückt war, aber wenn schon? Wenn danach alles herauskam, war es das wert gewesen. Ihn zu erschießen würde die öffentliche Demütigung erträglich machen. Und sieh dir die positive Seite an! Es würde vermutlich den Absatz steigern!
    Ich möchte das Entsetzen in seinem Blick sehen, wenn er erkennt, dass ich es wirklich tun werde. Das wäre zumindest eine teilweise Wiedergutmachung.
    Ihre tastende Hand schien eine Ewigkeit zu brauchen, bis sie den Lichtschalter fand, und natürlich erwartete sie, dass jemand ihre Finger packen würde, während sie herumfummelte. Sie zog sich langsam aus und ließ ein triefendes, jämmerliches Schluchzen hören, als sie den Reißverschluss der Hose öffnete und in ihrem Schamhaar angetrocknetes Blut sah.
    Sie stellte die Dusche so heiß, wie sie es aushalten konnte, wusch die Stellen, die das Waschen vertrugen, und spülte alles andere nur ab. Mit sauberem heißem Wasser. Sie wollte seinen Geruch loswerden, auch den Schimmelgeruch des Teppichrests. Danach setzte sie sich aufs WC. Diesmal tat das Pinkeln nicht mehr so weh, aber der Schmerzstrahl, der ihren Kopf

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