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Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars

Titel: Zwischen Nacht und Dunkel - King, S: Zwischen Nacht und Dunkel - Full Dark, No Stars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sie es sich vorgestellt hatte: die Ankunft, das auf der Kreditkartenabrechnung hinzugefügte Trinkgeld, ihr Weg zwischen den Blumenrabatten zur Haustür (sie bat Manuel, noch zu warten und ihr mit seinen Scheinwerfern zu leuchten, bis sie drinnen war), Fritzys Miauen, als sie den Briefkasten hochkippte und den Reserveschlüssel von seinem Haken angelte. Dann war sie drinnen, und Fritzy strich ihr ungeduldig um die Beine, wollte hochgehoben und gestreichelt werden, wollte gefüttert werden. Das alles tat Tess, aber als Erstes sperrte sie die Haustür hinter sich ab und schaltete erstmals seit Monaten die Alarmanlage ein. Als sie auf dem kleinen grünen Display über dem Tastenfeld das Wort SCHARF blinken sah, begann sie endlich, sich annähernd wieder wie sie selbst zu fühlen. Sie sah auf die Küchenuhr und war verblüfft, weil es erst Viertel nach elf war.

    Während Fritzy sein Fancy Feast fraß, kontrollierte sie die Türen zum Garten und der seitlich angebauten Veranda und überzeugte sich davon, dass beide abgesperrt waren. Danach die Fenster. Die Steuereinheit der Alarmanlage sollte melden, wenn eines offen war, aber sie traute ihr nicht. Als sie bestimmt wusste, dass alles sicher war, trat sie an den Dielenschrank und holte eine Schachtel herunter, die schon so lange im obersten Fach stand, dass sie eine dünne Staubschicht angesetzt hatte.
    Vor fünf Jahren hatte es im Norden von Connecticut und im Süden von Massachusetts eine Welle von Einbrüchen und Überfällen auf Hausbesitzer gegeben. Die bösen Jungs waren vor allem Drogenabhängige, die nach Eighties süchtig waren, wie OxyContin bei seinen vielen Fans in Neuengland hieß. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, besonders vorsichtig zu sein und »angemessene Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen«. Tess hegte keine starken Gefühle für oder gegen Handfeuerwaffen und war nicht sehr besorgt gewesen, fremde Männer könnten nachts bei ihr einbrechen (nicht damals), aber eine Schusswaffe schien in die Rubrik »angemessene Vorsichtsmaßnahmen« zu fallen, und sie hatte ohnehin vorgehabt, sich für den nächsten Willow-Grove-Roman mit Revolvern vertraut zu machen. Die Einbruchshysterie war ihr als perfekte Gelegenheit erschienen.
    Sie ging in das im Internet am besten beurteilte Waffengeschäft in Hartford, und der Verkäufer empfahl ihr einen Smith & Wesson Kaliber.38, den er »Lemon Squeezer« nannte. Tess kaufte ihn vor allem deshalb, weil ihr dieser Name gefiel. Er nannte ihr auch einen guten Schießstand am Ortsrand von Stoke Village. Als sie den Revolver nach Ablauf der 48-stündigen Wartezeit tatsächlich erhielt, war sie pflichtbewusst mit ihm dort hinausgefahren. Innerhalb einer Woche hatte sie rund vierhundert Schuss abgegeben;
anfangs hatte sie es genossen, einfach drauflosballern zu können, aber das war ihr bald langweilig geworden. Seither lag der Revolver mit fünfzig Schuss Munition und ihrem Waffenschein in seiner Schachtel im Schrank.
    Sie lud die Waffe und fühlte sich mit jeder vollen Kammer besser, sicherer . Sie legte den Revolver auf die Arbeitsplatte in der Küche, dann sah sie nach dem Anrufbeantworter. Nur eine Nachricht. Von Patsy McClain, ihrer Nachbarin. »Ich habe heute Abend kein Licht gesehen und vermutet, dass du dich entschlossen hast, in Chicopee zu übernachten. Oder bist du vielleicht nach Boston gefahren? Jedenfalls habe ich den Schlüssel hinter dem Briefkasten benutzt und Fritzy gefüttert. Oh, und ich habe deine Post auf den Tisch in der Diele gelegt. Lauter Werbung, sorry. Ruf mich morgen an, bevor ich in die Arbeit fahre, falls du zurück bist. Ich will nur wissen, dass du heil wieder da bist.«
    »He, Fritz«, sagte sie und bückte sich, um ihn zu streicheln. »Heute Abend hat’s doppelte Portionen gegeben, was? Ziemlich clever von…«
    Grauschleier schoben sich vor ihren Blick, und wenn sie sich nicht am Küchentisch festgehalten hätte, wäre sie der Länge nach aufs Linoleum geschlagen. Sie stieß einen überraschten Schrei aus, der schwach klang und aus weiter Ferne zu kommen schien. Fritzy legte die Ohren an, musterte sie mit schmalen Augen, schien zu dem Schluss zu gelangen, sie werde nicht fallen (zumindest nicht auf ihn), und machte sich wieder über sein zweites Abendessen her.
    Tess richtete sich langsam auf, hielt sich sicherheitshalber am Küchentisch fest und öffnete den Kühlschrank. Thunfischsalat gab es keinen, aber es gab Erdbeerquark. Sie verschlang ihn gierig und kratzte den Plastikbehälter dann

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