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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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schickeren Geschäften, und über all dem ragte das prunkvolle Dach des Domes hervor. Die Stadt gefiel Leslie, allein schon wegen der ‚vielen Gesichter‘.
    Gegen Mittag kauften sie sich etwas zu essen, kehrten dann zurück zum Concordia-Tempel und ließen sich dort im Schatten eines dicken Olivenbaumes nieder. Um sie herum wuchsen Zypressen und Pinien.
    „Der arme Mr. Pelliciano“, sagte Leslie irgendwann, „er muss die ganze Zeit über in der prallen Hitze sitzen. Wollen wir ihm nicht was übrig lassen von dem Essen?“
    Aber Melissa schüttelte den Kopf. „Lass mal“, sagte sie kauend, „das ist sein Beruf und außerdem hat er im Gegensatz zu uns eine Klimaanlage.“
    „Sehr nett“, murmelte Leslie leise. Anne hatte ihr schon oft gesagt, dass sie nicht immer mit jedem Mitleid zu haben brauchte, aber sie konnte es einfach nicht lassen.
    „Hach“, machte Anne und lehnte sich mit dem Rücken gegen den dicken, knorrigen Stamm des Olivenbaumes, „ich finde es hier toll.“
    „Hier in Agrigento?“, fragte Melissa.
    „Überall“, murmelte Anne und nahm noch einen großen Schluck aus ihrer Wasserflasche. Leslie fragte sich, ob sie mit ‚überall‘ alles auf Sizilien meinte.
    Anne schloss die Augen. Vielleicht träumte sie jetzt von den Römern und Griechen, die im siebten und achten Jahrhundert hier gelebt und all die Tempel gebaut hatten. Das konnte sie gut, vor sich hinträumen. Allerdings hatte sie sich so im Unterricht schon des Öfteren Ärger mit den Lehrern eingehandelt. Trotzdem beneidete Leslie ihre Freundin ein bisschen darum. Sie hätte sich selbst gerne ab und zu an einen anderen Ort geträumt. Nur leider klappte es nie besonders gut, wenn sie es versuchte.
    „Wir sollten zum Auto zurückgehen“, sagte sie irgendwann. Sie hatte noch immer Mitleid mit Pelliciano, außerdem waren es an die 32 Grad im Schatten.
    Sie brauchten eine Weile, um in dem Gewirr, das in Agrigento herrschte, das Auto zu finden und Melissa hatte erhebliche Mühe damit, Signor Pelliciano zu wecken, der laut schnarchend über dem Lenkrad hing. Sein dicker Bauch hob und senkte sich gleichmäßig.
    „Siehst du?“, bemerkte Anne spitz. „Er ist doch nicht so arm dran, wie du dachtest.“ Sie grinste und kletterte hinter ihrer Freundin auf die Rückbank.
    Es war schon spät am Abend, als sie nach zwei Stunden Fahrt wieder in Palermo ankamen. Laternen beleuchteten die Straßen und am violettblauen Himmel schimmerten die ersten Sterne. Melissa bestand darauf, noch einmal zum Meer zu gehen und nachdem auch Anne zugestimmt hatte, folgten sie Melissa hinein in das Häusergewirr und Verkehrschaos von Palermo. Es war wirklich ganz schön im Hafen, das musste Leslie zugeben. Von Weitem konnte man hier riesige Kräne in den Himmel ragen sehen, einige Güterschiffe und die monströsen Kreuzfahrtschiffe, die ganz in der Nähe vor Anker lagen. Auf den dunklen Wellen spiegelten sich die Sterne und nur ein einziges Schiff sah aus, als wurde es niemals mit Containern beladen: eine große, weiße Jacht, die etwas weiter außerhalb des Hafenbereiches schwamm und ruhig und edel auf den Wellen schaukelte. Sie wirkte seltsam fehl am Platz zwischen all den Lastschiffen und kleinen Segelbooten.
    Ein leichter, erfrischender Seewind war aufgekommen und trug den Geruch nach gebackenem Fisch zu ihnen herüber, wahrscheinlich aus irgendeinem Restaurant und plötzlich bekam Leslie Hunger. Aber sie sagte es nicht, weil sie nichts essen wollte. Sie musste nur aufpassen, dass ihr das nicht zu oft passierte – das Ganze einmal durchzustehen, reichte ihr vollkommen, auch, wenn es ein Jahr her war.
    Leslie setzte sich zu Anne und Melissa auf einen dicken Pfosten, an dem eines der Lastschiffe festgetäut war und baumelte mit den Beinen.
    Anne deutete nach vorne. „Sieh dir dieses Protzteil an, Leslie“, raunte sie ihr zu. „Manche Leute müssen uns Normalsterblichen aber auch mit allen Mitteln zeigen, wieviel Geld sie haben. Ich wette, die gehört ’nem Mafiaboss!“ Sie lachte trocken auf. „Das Ding ist mindestens 30 Meter lang!“
    „Ja, die ist super, oder?“, seufzte Melissa und blickte verträumt aufs Wasser hinaus. „Mein Dad hat den Bootsführerschein, er könnte auch so eine fahren.“
    Anne beäugte sie von der Seite. „Warum tut er’s nicht?“, fragte sie spitz.
    „Weil so ein Ding viel zu teuer ist. Das kostet bestimmt Millionen.“
    Sie schwiegen eine Weile und blickten einfach nur auf das nächtliche Meer hinaus. Einige Möwen

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