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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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Signor Ruggieros Sohn verbringst, solltest du das vielleicht wissen“, sagte er ernst. Leslie blickte sich um, um sich ein wenig abzulenken, was ihr allerdings nicht sonderlich gut gelang. Die Terrasse hatte sich mittlerweile reichlich gefüllt. Alle Leute schienen recht gut gelaunt zu sein – keiner bemerkte diese verwirrende und zugleich erschreckende Situation, in der Leslie sich befand.
    „A-Aber“, brachte sie stockend hervor. „Aber das kann doch überhaupt nicht sein! Sehen Sie sich die Ruggieros an – ich bin sicher, dass da ein Missverständnis vorliegt.“
    Doch Mr. Gosetti schüttelte den Kopf. „Mehr kann und darf ich dir nicht erzählen. Leslie“, sagte er. „Aber es ist mein Beruf, dich nach einigen Dingen zu fragen, mir Notizen zu machen und diese weiterzureichen.“ Er blickte sie aufmerksam über den Rand seiner Brille hinweg an. „Wirst du mir diese Fragen beantworten?“ Leslie antwortete nicht.
    „Nun gut“, fuhr Gosetti fort. „Hast du irgendetwas bemerkt, irgendein Gespräch mit angehört, das dir seltsam vorkam, als du mit Raffaello unterwegs warst? Oder auf seiner Geburtstagsfeier?“
    Leslies Herz schien auszusetzen, für Sekunden blieb ihr die Luft weg. Sie dachte an die ‚Beinahe-Schiffsfahrt‘, als Mario Raffaello angerufen hatte. An Marios seltsamen Gesichtsausdruck, als sie ihn nach Signor Ruggieros Beruf gefragt hatte, an Raffaellos unerklärliches Verhalten gegenüber Gosetti.
    „Woher wissen Sie davon?“ entgegnete sie aufbrausend. Gosetti war schließlich nicht zu Raffaellos Feier eingeladen gewesen, wenn sie sich nicht irrte.
    „Das spielt keine Rolle.“
    „Doch, tut es! Weil ich Ihnen nämlich keine Ihrer absurden, überflüssigen Fragen beantworten werde.“ Mr. Gosetti richtete sich ein wenig auf und beugte sich über den Tisch.
    „Leslie“, sagte er ruhig, „ich will dich nicht ärgern, aber es ist wichtig für meine Arbeit, dass ich ...“
    „ Mir ist es aber nicht wichtig!“, sagte sie bissig. „Ich will damit nichts zu tun haben.“ Viel zu ruppig stand sie auf, der Tisch wackelte, der Löffel, der eben noch auf dem Rand ihrer Obstschale gelegen hatte, fiel herunter. Egal, der Appetit war ihr sowieso mehr als gründlich vergangen.
    „Guten Tag noch“, sagte sie, bemüht, nicht mehr ganz so wütend zu klingen, aber Mr. Gosettis todernster Blick, der fast so wirkte, als durchschaue er damit alles und jeden, machte sie nur noch wütender.
    „Hast du keinen Hunger mehr?“, fragte Gosetti leise, ganz so, als wäre überhaupt nichts gewesen.
    „Nein“, murmelte Leslie, dann drehte sie sich um und eilte mit großen Schritten auf die Lobby zu. Der Saum ihrer viel zu weiten, hellblauen Jeans schleifte ein wenig auf dem Teppichboden. Verflucht, sie hätte an einen Gürtel denken sollen. Die weite, blaugrün karierte Bluse, die sie am Morgen noch schnell übergezogen hatte, bevor Anne aufgewacht war, flatterte im Zugwind, während sie so schnell sie konnte auf die Fahrstühle zueilte und im Gehen ihr Handy aus der Hosentasche hervorkramte.
    Sie würde Raffaello anrufen und dieses blöde Missverständnis aus der Welt schaffen. 2,3 Millionen – nie im Leben! Die Ruggieros waren vielleicht Millionäre – ganz sicher waren sie das, vielleicht sogar noch reicher – aber ein Versicherungsbetrug in der Höhe ergab einfach keinen Sinn.Steuerhinterziehung erst recht nicht. Schon gar nicht, weil Raffaellos Vater Politiker war. Das war doch bloß eine lächerliche Unterstellung vonseiten Gosettis und weiter nichts. Kein Grund, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Hoffte sie jedenfalls inständig.
    Die Tür des linken Aufzuges öffnete sich mit einem hellen Klingeln und beinahe wäre Leslie in Anne und Melissa hineingestolpert, die ihr erst erschrocken und dann fröhlich entgegen grinsten.
    „Hey, Leslie“, sagte Anne.
    „Keine Zeit“, entgegnete Leslie nur knapp und suchte in ihrem Handy nach Raffaellos Nummer, während sie an den beiden vorbei in den Fahrstuhl schlüpfte.
    „Leslie, was ist los?“, rief Anne ihr nach, als sich die Türen auch schon schlossen.
    „Nichts“, sagte Leslie leise, als sie endlich alleine war. Sie atmete noch einmal tief durch und drückte dann die grüne Taste auf ihrem Handy. Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte. Vielleicht Raffaellos Stimme, die freudig: „ Pronto ?“ oder: „Hey, Leslie, schön, dass du anrufst!“ sagen würde, aber ganz sicher nicht damit, dass eine monoton klingende Frauenstimme ihr

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