Zwischen Rom und Mekka
wenig zu einer Krieg liebenden Religion, wie die Regulierung von Sexualität eine Religion sexlüstern macht. Wurde zuweilen dieses alte, wohletablierte Verständnis missachtet und gegen utopische Träume ausgetauscht, wo das Ziel die Mittel heiligte, geschah dies auf eigene Verantwortung, und man konnte sich dabei nicht auf Gott, seinen Propheten oder die Gelehrten berufen. In diesem Zusammenhang müssen wir erklären, dass die Ermordung einer unschuldigen Nonne in Somalia am 17. September und ähnliche willkürliche Gewalttaten als Reaktion auf Ihre Vorlesung an der Universität Regensburg gänzlich unislamisch waren und wir derartige Taten grundsätzlich verurteilen.
Zwangsbekehrung
Die Behauptung, Muslimen sei befohlen, ihren Glauben »mit dem Schwert« zu verbreiten, ist unhaltbar. Zwar war der Islam als politisches Gebilde zum Teil wohl durch Eroberung verbreitet worden, aber der weitaus größere Teil seiner Ausbreitung war das Ergebnis predigender und missionarischer Tätigkeit. Die islamische Lehre schrieb nicht vor, die Bevölkerung der eroberten
Gebiete zum Eintritt in den Islam zu zwingen. In der Tat blieben viele Gebiete, die die Muslime früh eroberten, jahrhundertelang überwiegend nicht muslimisch. Hätten die Muslime alle anderen mit Gewalt bekehren wollen, wäre keine Kirche und keine Synagoge in der islamischen Welt erhalten geblieben. Das Gebot »Es gibt keinen Zwang im Glauben« hat heute die gleiche Bedeutung wie einst. Lediglich die Tatsache, dass eine Person nicht Muslim ist, war im islamischen Gesetz und Glauben niemals ein Casus Belli [Kriegsgrund]. Wie auch hinsichtlich der Regeln für die Kriegführung zeigt die Geschichte, dass einige Muslime islamische Werte verletzt haben, was Zwangsbekehrung und die Behandlung anderer Religionsgemeinschaften angeht, doch die Geschichte zeigt auch, dass dies bei Weitem die Ausnahme war, die die Regel bestätigt. Wir sind von ganzem Herzen überzeugt, dass es Gott keinesfalls wohlgefällig ist, andere gewaltsam zum Glauben zu bewegen, wenn dies überhaupt möglich wäre, und dass Gott keinen Gefallen hat am Blut. In der Tat glauben wir, und glaubten die Muslime schon immer, dass »Wer ein menschliches Wesen tötet, es sei denn als Vergeltung für Mord oder für das Stiften von Verderben im Land«, dies ist, »als hätte er die gesamte Menschheit getötet« (Sure mit der Speisetafel, 5,32).
Etwas Neues?
Sie zitieren die Behauptung des Kaisers, dass in dem, was Mohammed »an Neuem« gebracht habe, nur »Schlechtes und Inhumanes« zu finden sei, wie dies, dass er vorgeschrieben habe, »den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten«. Was der Kaiser nicht begriffen hatte - abgesehen von der Tatsache, dass es ein solches Gebot im Islam niemals gegeben hatte -, war, dass der Prophet niemals den Anspruch erhoben hatte, etwas grundlegend Neues zu bringen. Gott sagt im Heiligen Koran: »Es wird dir nur das gesagt, was schon den Gesandten vor dir gesagt wurde« (Sure mit dem ausführlich Erklärten, 41,43), und: »Sag: Ich bin kein Neubeginn unter den Gesandten, und ich weiß nicht, was mit mir, und auch nicht, was mit euch geschehen wird. Ich folge lediglich dem, was mir offenbart wird,
und ich bin nur ein deutlicher Warner« (Sure mit den Dünen, 46,9). Also kann keine religiöse Gemeinschaft den Glauben an den Einen Gott für sich allein in Anspruch nehmen.
Nach islamischem Glauben predigten alle wahren Propheten verschiedenen Völkern zu verschiedenen Zeiten ein und dieselbe Wahrheit. Die Gesetze mochten sich ändern, doch die Wahrheit blieb unverändert. An einer Stelle beziehen Sie sich allgemein auf die »Kenner« (des Islam) und nennen dann auch namentlich zwei katholische Gelehrte, Professor Théodore Khoury und Roger Arnaldez. Es genügt uns hier zu erklären, dass Muslime zwar durchaus der Meinung sind, dass es sympathisierende Nichtmuslime und Katholiken gibt, die man wirklich als Kenner des Islam betrachten kann. Aber die Kenner, auf die Sie sich hier beziehen, haben Muslime unseres Wissens niemals anerkannt als Vertreter der Muslime und deren Ansichten.
Am 25. September 2006 wiederholten Sie die bedeutungsvolle Erklärung, die Sie am 20. August 2005 in Köln abgegeben hatten und derzufolge der interreligiöse und der interkulturelle Dialog zwischen Christen und Muslimen nicht vernachlässigt werden dürfe. Er sei vielmehr »eine Lebensnotwendigkeit, von der unsere Zukunft in weitem Maße abhängt«. Hier haben Sie unsere volle
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