Zwischen Rom und Mekka
Zustimmung, doch sind wir der Meinung, dass ein großer Teil des interreligiösen Dialoges in dem Bemühen bestehen muss, die Stimmen jener zu hören und zu beachten, mit denen man den Dialog führen will, und nicht nur die Stimmen jener, die der eigenen Überzeugung angehören.
Christentum und Islam
Christentum und Islam sind die beiden Religionen, die auf der Welt und in der Geschichte die größte Ausbreitung gefunden haben. Christen und Muslime machen jeweils mehr als ein Drittel und mehr als ein Fünftel der Menschheit aus. Zusammen betragen sie über 55 Prozent der Weltbevölkerung, was bedeutet, dass die Beziehung dieser beiden Religionsgemeinschaften zueinander den wichtigsten Bestandteil für einen wahren Frieden auf der Welt darstellt. Als das Haupt von über einer Milliarde Katholiken
und als moralisches Vorbild für viele Menschen auf der ganzen Welt liegt es ohne jeden Zweifel an Ihnen als einer Person, deren Einfluss einzigartig ist, diese Beziehung in Richtung eines gegenseitigen Verständnisses weiterzuführen. Wir teilen Ihren Wunsch nach einem offenen, ehrlichen Dialog und sind uns dessen Bedeutung bewusst in einer Welt, in der die Menschen verschiedener Länder zunehmend aufeinander angewiesen sind.
Auf der Grundlage eines solchen ehrlichen, offenen Dialoges hoffen wir, friedliche nachbarschaftliche Beziehungen weiterentwickeln zu können, die auf gegenseitiger Achtung, Gerechtigkeit und unserer im Wesentlichen gemeinsamen abrahamitischen Tradition gegründet sein mögen, insbesondere auf den »beiden größten Geboten« im Markusevangelium 12,29-31 (und in abgewandelter Form im Matthäusevangelium 22,37-40): »Der Herr unser Gott ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft. Als Zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.«
Von daher finden die folgenden Worte des Zweiten Vatikanischen Konzils die Zustimmung der Muslime: »Auch hat die Kirche große Achtung vor den Muslimen. Sie dienen dem einen, lebendigen, beständigen, barmherzigen, allmächtigen Gott, dem Schöpfer von Himmel und Erde, der zu den Menschen gesprochen hat. Sie unterwerfen sich ohne Vorbehalt den Geboten Gottes, wie Abraham sich Gottes Plan unterwarf, auf dessen Glauben sich die Muslime berufen. Wenn sie auch Jesus nicht als Gott anerkennen, so verehren sie ihn doch als einen Propheten, ebenso ehren sie seine jungfräuliche Mutter und flehen sie sogar bisweilen an. Darüber hinaus erwarten sie den Tag des Jüngsten Gerichts und die Belohnung Gottes nach der Auferstehung der Toten. So findet ein rechtschaffenes Leben ihre höchste Wertschätzung und dienen sie Gott insbesondere mit Gebeten, Almosen und Fasten« (Nostra Aetate, 28. Oktober 1965).
Und ebenso die späten Worte des Papstes Johannes Paul II., dem von vielen Muslimen großer Respekt und hohe Achtung entgegengebracht wurde: »Wir Christen freuen uns, die religiösen
Werte, die wir mit dem Islam gemein haben, festzustellen. Ich möchte heute wiederholen, was ich vor einigen Jahren zu jungen Muslimen in Casablanca gesagt habe: ›Wir glauben an denselben Gott, den einen Gott, den lebendigen Gott, den Gott, der die Welten geschaffen hat und seine Geschöpfe zur Vollkommenheit führt‹« (am 5. Mai 1999).
Darüber hinaus haben wir als Muslime Ihre unvorhergegangene persönliche Erklärung des Bedauerns mit Wertschätzung zur Kenntnis genommen, ebenso wie Ihre Erklärung (am 17. September), in der Sie versichern, dass das Zitat nicht Ihre eigene persönliche Meinung wiedergibt, wie auch das Bekenntnis von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone (am 16. September) zur Konzilsdeklaration »Nostra Aetate«. Zudem haben wir als Muslime mit Wertschätzung zur Kenntnis genommen, dass Sie (am 25. September) vor einer Versammlung von Botschaftern verschiedener muslimischer Staaten Ihren »tiefen Respekt für alle Muslime« zum Ausdruck brachten. Wir hoffen, dass sich eine Wiederholung der Fehler der Vergangenheit vermeiden lässt und wir in Zukunft in Frieden, Toleranz und gegenseitiger Achtung werden zusammenleben können.
Und alles Lob gebührt Gott, und es gibt keine Kraft noch Macht außerhalb Gottes Willen.
Sachlich kühl und auffällig freundlich
Der Brief wurde im Vatikan als sachlich kühl empfunden. Die 38 muslimischen Autoritäten hatten dem Papst in vollem Selbstbewusstsein
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