Zwischen Wind und Wetter
von hier losgehen .«
So sagt man
außerhalb Corks.
Wir gehen
trotzdem los. Mit dem Bus, wir kennen uns jetzt aus.
Cork. Wie es
im Reiseführer steht: 140.000 Einwohner, gelegen am River Lee. Großer Hafen,
farbenfrohe Hausfassaden aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Historischer
Stadtkern mit Geschäftsarkaden, Pubs und Märkten.
Was wir
sehen: Neben dem Quay Coop, einem Alternativzentrum mit Buchläden,
vegetarischer Küche und Lebensmittelläden sowie Treffpunkten für Frauen und
andere Gruppen, haben sich auch Büromonster angesiedelt. Cork wirbt um
Industrieansiedlungen, was die Stadt sicher verändern wird.
Verwundert
lesen wir, daß Besucher und Besucherinnen sich Fahrräder leihen sollen, um die
abwechslungsreiche Küste zu entdecken. Zum Beispiel bei Kinsale.
Nun, nach
Cork, das urkundlich erstmals um 1286 erwähnt wird, heute mit der deutschen
Stadt Köln twinned, d. h. verschwistert ist. Der Fluß nimmt die Innenstadt in
seine zwei Arme, im Flafen liegen einige Küstenmotorschiffe. Ein altmodisch
anmutender Zehntausendtonnendampfer hat mit dicken Hanfseilen an der Pier
festgemacht, er scheint den Hafen fast zu sprengen. Die ‘Texas Clipper’, ein
Schiff der Universität von Galveston in den USA, ist zu Besuch. Mit seinem
senkrecht abfallenden Bug und dem elegant geschwungenen, schmalen, runden Heck
erinnert das Schiff an die Zeit der Titanic.
Draußen vor
einem Pub, gegenüber dem noblen Ambassador, einem chinesischen Restaurant,
treffen wir George, einen Amerikaner, der allerdings nicht mit dem Texas
Clipper gekommen ist. Er besucht zusammen mit seinem Bruder erstmalig Irland,
vor allem die armen Verwandten im bäuerlichen Donegal. Er tut unternehmerisch,
versteht nicht, daß seine Verwandten nicht mehr aus ihrem Bauernhof machen,
hauptsächlich für den Eigenbedarf arbeiten.
Das würde
auch die europäische Agrarzentrale in Brüssel sicher nicht verstehen. Ich
versuche ihm klar zu machen, welche Wege die Subventionen gehen, welche
landwirtschaftlichen Fabriken daraus entstehen und wie gefährlich Kredite für
Kleinbetriebe werden können. Tausende von Bauernhöfen werden jährlich in Europa
aufgegeben. Vielleicht würden seine Verwandten mit ihrer
Subsidiaritätswirtschaft überleben können.
Doppeldeckerbusse
brausen durch die Stadt, die alt und abgearbeitet aussieht, die schwitzt und
staubt und zu stöhnen scheint. Und doch ihren alten Körper mit modernen
Fähnchen schmückt, sich sehr europäisch gibt, was die Waren in den
Schaufenstern angeht. Es ist alles da, was wir von zu Hause kennen. Vor allem
die Produkte der internationalen Großkonzerne. Und die doch irisch ist, was die
Verhaltensweisen der Menschen betrifft. Der rote, doppelstöckige Bus mit der
Beamish-Reklame hält auf offener Strecke, muß noch eine junges Mädchen mitnehmen, surely.
Schilder in
vielen Schaufenstern fordern auf: Buy Irish! Buy Jobs! Kauft irische Produkte,
kauft Arbeitsplätze! Wenn es so einfach wäre!
Isaac Bell’s
Mondgesicht hängt hoch an der Hauswand, eine goldfarbene Scheibe mit
Knollennase, wirbt um uns, ein Murphy’s zu trinken. Ob Isaac hinter dem Tresen
wirklich so aussieht? Jedenfalls wirbt nicht nur Isaac Bell mit der guten alten
Tradition irischer Kneipen ‘with original old wood and stone interior’. The old wood interior aus amerikanischem Redwood
Greenhart-Holz oder Pitch Pine. Nicht vergessen: ‘Time
stands still as the melodic sounds of bodhran and fiddle, the melodic tunes and
reels of celtic culture ‘. Immer wieder Hinweise auf die
irische Volksmusik, auf die alten Instrumente, auf die ‘keltische’ Kultur. Als
gäbe es nicht den Musiker Van Morrison und andere, die längst auch ‘moderne’
Musik spielen, Rock und Pop, Blues und Jazz.
Pflastermaler
malen die Madonna, gleich dreimal in einem Bild, das ist irisch. Und sie malen
Christus mit brennendem Herzen, im Hintergrund einen Engel mit nackten Brüsten.
Auch das ist irisch, ‘offiziell’ sind Engel geschlechtslos — wie wir hier
sehen, gibt es Ausnahmen.
Die jungen
Familien haben viele Kinder, das ist irisch. Und die Frauen beladen vor den
Ausgängen der Supermärkte in der Patrick Street die Einkaufswagen mit Bergen
vollgestopfter Plastiktüten, während die Männer mit dem Auto ums Häuser-viertel
kreisen, ohne einen Parkplatz zu finden.
Auch das ist
heute irisch.
Buy Irish,
buy Jobs! Floffentlich nützt der Aufruf, damit keine Iren mehr auswandern
müssen, wie so viele, die von Cork und dem benachbarten Hafen Cobh
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