Zwischenstation Gegenwart (German Edition)
waren.
»Ich gebe mein Bestes, Frau Grubner«, hörte ich mich undeutlich nuscheln, was wohl der Tatsache geschuldet war, dass sie mich noch immer fest im Arm hatte und ich ihrem Busen näher war, als ich es sein wollte.
»Frau Grubner war meine Mutter; ich bin Marianne. Keiner nennt mich Frau Grubner, außer meinem Arzt und auch Sie nicht, haben Sie verstanden?«, fragte sie mich.
»Marianne, es ist ja schön, dass du dich freust, Laura kennenzulernen, aber meinst du nicht, dass wir alle mehr davon haben, wenn du sie nicht ersticken lässt?«, hörte ich Phil ironisch fragen, bevor ich selbst etwas sagen konnte. Es dauerte keine weitere Sekunde und ich konnte wieder unbeschwert atmen. Ich holte tief Luft, bevor sie mich vielleicht doch wieder an sich zog.
»Da sind wohl die Pferde ein wenig mit mir durchgegangen, aber Sie müssen wissen, dass Sie die erste Frau sind, die Phil nach Hause bringt. Dann geht jetzt besser mal in die Bibliothek, ich bringe euch gleich einen kleinen Happen zu essen!«, entschuldigte sie sich, doch in ihren Augen funkelte es vergnügt. Ich mochte diese Frau, die mich so offen und herzlich aufgenommen hatte, so war ich noch nie im Hause einer meiner bisherigen Freunde begrüßt worden. Dort hatte man mich immer misstrauisch beäugt, aber hier war es, als hätte man nur auf mich gewartet. Wenn man ihren Worten Glauben schenken durfte, dann war das auch der Fall. Ich konnte es nicht fassen, ich sollte die erste Frau sein, die er mit nach Hause brachte?
»Du bist ein Engel, Marianne, aber das weißt du ja selbst!«, antwortete Phil und schob mich durch die Eingangshalle hindurch zu einem langen Flur. Vor einer Eichentür blieb er stehen, drückte die Klinke herunter und öffnete die Tür. Das Erste, was ich wahrnahm, waren Bücher über Bücher. Jede Wand war mit deckenhohen Bücherregalen bedeckt, lediglich unterbrochen durch einige Fenster an zwei Seiten. In der Mitte des Raums standen Tische, die ebenfalls über und über mit Büchern bedeckt waren. Ein großes Sofa und zwei riesige Ohrensessel dienten als gemütliche Sitzgelegenheiten, das ganze Zimmer strahlte eine geordnete Unordnung aus, in der ich mich sofort wohlfühlte.
»Richard?«, rief Phil und von einem der Ohrensessel, die mit dem Rücken zur Tür standen, ertönte leises Geraschel, eine Zeitung wurde auf das beistehende Tischchen gelegt und ein älterer Mann erhob sich aus dem Sessel.
Bei seinem Anblick stutzte ich für einen Augenblick, ich sah ihn mir genauer an und nur mit Mühe konnte ich mich davon abhalten , mit offenem Mund vor ihm zu stehen und ihn anzustarren. Das war Dr. Lermin aus dem Krankenhaus! Erst jetzt fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, Phil zu fragen, was es damals im Krankenhaus mit dem Gespräch mit meinem Arzt auf sich gehabt hatte, zu viel war seitdem passiert. Nachdem ich herausgefunden hatte, wie Phil zu ›Lerfra‹ stand, hatte ich natürlich versucht alles Mögliche herauszufinden. Dabei war mir der Name Richard Lermin mehrfach über den Weg gelaufen, aber da ich keine Bilder von ihm gefunden hatte, hatte ich eins und eins nicht zusammenzählen können.
»Dr. Lermin? Sie waren gar nicht mein Arzt?«, fragte ich ungläubig. Er lächelte mich freundlich an und kam auf mich zu.
»Der Doktor stimmt, wenn auch ein Doktor der Physik. Ich hoffe, du verzeihst mir unsere kleine Maskerade. Aber wir mussten dich untersuchen und das war die einzige Möglichkeit, wie wir an dich herankamen, ohne dass du gleich Verdacht schöpfst!«, antwortete er mir sogleich.
»Und die andere Ärztin, die dabei war? Wie war noch mal ihr Name? Schmitz?«, hakte ich nach.
»Dr. Schmitzke, sie ist tatsächlich Ärztin. Allerdings arbeitet sie nicht im Krankenhaus, sondern ist für uns Zeitreisende tätig. Aber jetzt setz dich doch bitte und erzähl mir, wie es dir geht!« Fürsorglich nahm er mich am Arm, führte mich zu dem großen Sofa hin und bat mich, dort Platz zu nehmen. Er selbst machte es sich auf dem Ohrensessel gegenüber bequem. Phil kam zu mir, setzte sich neben mich und ergriff meine Hand.
»Ich weiß gar nicht, was ich Ihnen erzählen soll, ich kann mich ja an nichts erinnern«, begann ich vorsichtig.
»Zuallererst einmal nennst du mich Richard und duzt mich wieder. Ich bin erleichtert, dass dir dein gestriger Ausflug nicht weitere Schäden zugefügt hat. Philemon hat mich davon unterrichtet, dass deine Rückkehr nicht ganz so glimpflich verlaufen ist.« Das war noch nett umschrieben, der Gedanke
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