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Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Titel: Zwischenstation Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Neumann
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daran, wie ich mir am Tag zuvor die Seele aus dem Leib gespuckt hatte, war mir noch allzu deutlich im Gedächtnis. Es war eine Erfahrung, auf die ich gut und gerne hätte verzichten können.
    »Was genau ist mit mir los? Und wie kann man so etwas wie diesen Radierer erfinden und gegen Menschen einsetzen?« Diese Frage hatte ich mir auf der Fahrt mehrfach gestellt und ich wollte wissen, wieso die Zeitreisenden sich nicht davor scheuten, diese gefährliche Waffe gegen andere einzusetzen. Man sah an mir, was es anrichten konnte. Richard bedachte mich mit einem langen Blick und antwortete schließlich:
    »Wie Philemon dir sicherlich mitgeteilt hat, haben wir den Radierer bisher nur benutzt, um kurze Zeiträume zu löschen. Damit meine ich nur ein paar Minuten, mehr ist es in der Regel nicht. Wirklich gelöscht sind sie auch nicht, wie du nun weißt. Es gibt sogar einen Weg, um die Erinnerungen wieder zurückzuholen, aber leider nicht bei dir!«
     
    Nur das Ticken einer großen Standuhr verriet, dass die Zeit nicht stillstand. Hatte ich das eben richtig gehört? Es gab doch einen Weg? Warum hatte Phil mich angelogen? Doch als ich hörte, wie er neben mir scharf die Luft einsog, wusste ich, dass auch er das zum ersten Mal vernahm.
    »Und warum geht es bei Laura nicht? Du hast eine Zeitmaschine erfunden und was sonst noch alles, da sollte das doch kein Problem darstellen.« Der mühsam unterdrückte Ärger war seiner Stimme überdeutlich anzuhören. Für ihn kam die Nachricht genauso überraschend wie für mich.
    »Wäre ich derjenige gewesen, der Laura die Erinnerungen genommen hätte, dann wüsste ich, was zu tun ist. Im Grunde genommen ist der Radierer eine Art umgekehrte Hypnose. Derjenige, der das Licht des Radierers sieht, wird kurz hypnotisiert und ihm wird suggeriert, dass er alles, was mit Zeitreisen zu tun hat, vergessen muss. Im Gegensatz zur normalen Hypnose, bei der man versucht, Vergessenes wieder hervorzuholen. Und genauso, wie man die Menschen aus der Trance zurückholt, funktioniert es auch hier, meistens werden Schlüsselworte oder Ähnliches genutzt. Damit Laura ihr Gedächtnis wiedererhält, müsste sie in die gleiche Situation gebracht werden wie zu dem Zeitpunkt, als sie ihr Gedächtnis verloren hat. Da wir nicht wissen, was es war, ist es so, als würden wir eine Nadel im Heuhaufen suchen!« Wieder erklang nur das Ticken der Uhr. Ich musste also nur in die gleiche Situation gebracht werden wie an jenem Abend. Nur blöd, dass ich mich leider nicht mehr daran erinnern konnte! Wo waren die Videoüberwachungskameras, wenn man sie brauchte?
    »Exakt die gleiche Situation?«, hakte ich nach. Richard nickte zustimmend.
    »Nur so kann es rückgängig gemacht werden.« Verdammt, dagegen war die von Richard erwähnte Nadel im Heuhaufen noch einfach zu finden. Das Einzige, woran ich mich erinnerte, war, dass ich in der geöffneten Tür gestanden hatte. Das war nicht besonders hilfreich. An der Tür zu Bibliothek klopfte es, und auf ein von Richard gerufenes »Herein« kam Marianne mit einem Tablett in den Raum. Sie trat an einen der kleinen Tische heran, räumte die Zeitungen zur Seite und stellte das Tablett ab. Neugierig beäugte ich, was sie hereingebracht hatte, und mir lief beim Anblick der kleinen Köstlichkeiten das Wasser im Mund zusammen. Erst jetzt merkte ich, wie hungrig ich war. Es roch unglaublich lecker und ich konnte es kaum erwarten, zugreifen zu dürfen, darüber rückte die Wiedererlangung meines Gedächtnisses für einen kurzen Moment in den Hintergrund.
    »Lasst es euch schmecken!«, rief sie fröhlich. Richard sah zu ihr auf und lächelte sie liebevoll an.
    »Eines Tages werde ich dich doch heiraten müssen, dann muss ich nicht immer befürchten, dass mir irgendwann eine Anzeige wegen Nachtarbeit ins Haus flattert«, scherzte er. Mariannes Lächeln wurde nur noch breiter.
    »Und wenn du mich fragst, werde ich wie die Male zuvor Nein sagen!«, erwiderte sie kokett und verließ uns.
    »Diese Frau raubt mir den letzten Nerv, und wenn sie nicht so gut kochen könnte, hätte ich sie längst entlassen!«, seufzte Richard gespielt theatralisch. Er stand auf, schenkte ein Glas Rotwein ein und reichte es mir, für Phil und sich selbst tat er das Gleiche. Nachdem er unsere Teller gefüllt und sie uns gereicht hatte, setzte er sich wieder hin und schaute fragend in die Runde.
    »Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, gleiche Situation und gleiche Worte, das reicht in der Regel aus, um alles wieder

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