Zwischenstation Gegenwart (German Edition)
nachdem ich geendet hatte.
»Das klingt in der Tat sehr mysteriös. Wir behalten Sie über Nacht zur Beobachtung hier, nehmen Ihnen gleich Blut ab und morgen geht es ab ins CT. Wäre doch gelacht, wenn wir nicht herausfinden, was Ihnen fehlt.« Gott sei Dank hatte er mich nicht gefragt, ob ich ihn letzter Zeit unter Stress gestanden hatte. Dann wäre ich sicher Amok gelaufen! Aber über Nacht bleiben? Blieb ich denn von nichts verschont?
Ich wurde auf die neurologische Station des Krankenhauses eingewiesen, wo sie mir erst einmal literweise Blut abzapften, viele blaue Flecken waren die Folge. Die Lernschwester brauchte mehrere Anläufe, bis sie die Vene getroffen hatte, und als sie dann Erfolg hatte, rammte sie mir die Nadel bis in den Oberarm. Glücklich, dass sie bei mir doch noch Blut gefunden hatte, zog sie von dannen und schon kam die nächste Schwester hereingeschneit und verpasste mir eines dieser superschicken Krankenhaushemden, da ich keinerlei Kleidung mitgebracht hatte. Zwar hatte Marie sich angeboten, mir noch etwas zum Anziehen zu besorgen, aber es war inzwischen recht spät geworden und ich hatte dankend abgelehnt. Ich wollte nicht, dass sie sich wegen mir die Nacht um die Ohren schlug. Ich versicherte ihr, dass ich durchaus in der Lage war, eine Nacht in diesem erotischen Nachthemd zu verbringen.
»Ich bin gleich morgen da und bringe dir ein paar Sachen!«, versicherte sie mir, als sie mich zum Abschied umarmte und mich mitleidig ansah.
»Danke und bitte denk dran, mir mein Handy mitzubringen!« Das hatte ich nämlich in der ganzen Eile vergessen, aber wer sollte mich schon vermissen? Sven war ja mittlerweile Geschichte und einen anderen Mann schien es nicht in meinem Leben zu geben. Und so lag ich eine Weile später mutterseelenallein in meinem Krankenzimmer und starrte aus dem Fenster auf die Lichter der Stadt hinaus. Wenn ich versuchte an nichts zu denken, vielleicht kämen meine Erinnerungen wieder. Das klappte doch auch immer, wenn man krampfhaft versuchte sich an einen vergessenen Namen zu erinnern. Erst in dem Moment, in dem man nicht mehr dran dachte, poppte der Name wie aus dem Nichts auf. Ein Versuch konnte nicht schaden und so schaute ich weiterhin aus dem Fenster hinaus und versuchte mir vorzustellen, was in den erleuchteten Zimmern der Häuser geschah. Ganze Familiendramen mit Eifersucht, unerwiderter Liebe, aber auch Happy Ends mit Liebesgeständnissen malte ich mir aus, doch meine Erinnerungen blieben verschwunden. Irgendwann wurde ich so müde, dass ich die Augen schloss und einschlief.
Unruhige Träume suchten mich in der Nacht heim, und als ich am Morgen aufwachte, konnte ich mir keinen Reim auf das Geträumte machen. Immer wieder hatte ich von Blitzen geträumt, die mich blendeten, aber ein Gewitter hatte es in der Nacht nicht gegeben, wie meine Nachfrage bei der Schwester am Morgen ergab. Was auch logisch war, immerhin hatten wir November, eine Jahreszeit, in der Gewitter eher seltener vorkamen. Die morgendliche Visite nahm ihren Lauf, meine Blutergebnisse waren inzwischen aus dem Labor eingetroffen und, oh Wunder, man konnte keine Drogen oder Alkohol im Blut nachweisen. Alles war im grünen Bereich. Bis ich zum CT konnte, würde es noch dauern, teilte mir eine der Krankenschwestern mit, und ich sollte mich auf eine längere Wartezeit einrichten.
Ich duschte, zog meine Kleider vom Vortag an, schnappte mir Geld und ging zum Krankenhauskiosk, um mich mit Lesestoff einzudecken. Und zum ersten Mal, seit ich mein Gedächtnis verloren hatte, konnte ich der Sache etwas Positives abgewinnen, so waren mir die Titelbilder der Hochglanzmagazine allesamt unbekannt und auch die Schlagzeilen verblüfften mich. Das Traumpaar des Schlagers hatte sich getrennt und focht nun einen Rosenkrieg aus. So war das also, wenn man wochenlang auf einer einsamen Insel gefangen war und nun in die Zivilisation zurückkehrte. Schnell sammelte ich ein paar der Zeitungen zusammen und ging zur Kasse. In meinem Zimmer angekommen setzte ich mich auf das Krankenbett und war gerade dabei , mich durch die Tageszeitung zu kämpfen, als ohne Vorwarnung die Tür zu meinem Zimmer aufgerissen wurde. Herein stürmte mein Kollege, Phil Berger. Was hatte er hier zu suchen?
»Laura, Gott sei Dank, ich habe mir solche Sorgen gemacht!« Mit diesen Worten kam er auf mein Bett zu und wollte mich in seine Arme nehmen und an sich drücken. Hallo? Was sollte das werden?
»Stopp!«, rief ich, bevor er sich mir noch weiter
Weitere Kostenlose Bücher