Zwölf um ein Bett
es war? Ich kann mich gar nicht recht erinnern. Anscheinend kann ich noch nicht richtig denken.«
»Das brauchen Sie auch nicht.« Elisabeth lächelte. »Es hat sich von ganz allein entschieden.« Mrs. North hörte vor Staunen, was alles geschehen war, während sie geschlafen hatte. Sie konnte es nicht fassen, daß jemand anders als sie die Flecken auf Evelyns Brust entdeckt haben sollte, als sie, die doch Spezialistin in Hautausschlägen war; daß sie ganz selbständig Dr. Trevor angerufen haben sollten; daß Bob und die Süße schon nach Liverpool unterwegs waren — es war sehr enttäuschend, so viel versäumt zu haben. »Sie hätten mich wecken sollen, als Hugo kam«, sagte sie. »Ich habe zu Ihnen hineingeguckt«, sagte Elisabeth, »aber Sie wachten nicht auf, und er wollte nichts davon wissen, daß man Sie störte. Ich glaube, es ist nur ein leichter Anfall; er glaubt das auch.«
»Aber Bob!« Mrs. North konnte allmählich wieder die Dinge erfassen. »Ich habe ihm nicht auf Wiedersehen gesagt. Wie konnte er einfach so gehen, ohne mir auf Wiedersehen zu sagen? Warum ist er nicht zu mir hereingekommen?«
»Das ist er ja«, sagten Oliver und Elisabeth zu gleicher Zeit, und jeder von ihnen überließ dem anderen mit feindseliger Höflichkeit die Möglichkeit, weiterzureden.
»Das müssen reichlich starke Tabletten gewesen sein«, sagte Oliver, »wenn du das alles hast überschlafen können. Er sagte, du hättest dich zu ihm umgedreht und etwas gemurmelt, aber weil die Süße im Wagen schon ein furchtbares Geschrei machte, daß sie ihren Zug verpassen würden, mußte er gehen. Er will heute abend anrufen und wissen, was mit Evie los ist. Aber bis Evie die Masern überstanden hat, wird er längst wieder in New York sein und so damit beschäftigt, sich in alles einzumischen, was die Leute ohne ihn viel besser erledigen, daß er sich überhaupt nicht mehr an Evie erinnern wird. Er wird jahrelang nicht wieder herkommen — dafür wird die Süße schon sorgen — , und Evie kann selbstverständlich nicht allein hinüberfahren; die Sache ist also erledigt, und Evie kann weiter bei uns bleiben, bis er schließlich diese Frau losgeworden ist.«
»Wie meinst du das, Liebling, sie losgeworden ist?«
»Du nimmst doch wohl nicht an, daß die Ehe lange dauern wird, oder doch?«
»Hoffentlich nicht«, sagte sie und legte rasch und schuldbewußt die Hand vor den Mund. »Das sollte ich wahrscheinlich nicht sagen. Ich glaube, ich gehe jetzt erst mal hinauf und ziehe mich richtig an. Stell dir doch nur vor, so spät und noch nicht angezogen! So habe ich nicht geschlafen, seit Heather geboren wurde. Wie steht’s mit dem Lunch, Elisabeth? Ach, Sie haben schon? Sie sind ein liebes Mädchen. Sie sehen aber aus, als ob Sie auch eine Schlaftablette vertragen könnten, meine Liebe; Sie sind ja ganz käsig. Schlecht geschlafen?«
»Mir geht es gut«, sagte Elisabeth und wandte sich ab. »Miß Gray«, sagte Oliver sehr laut, »ist das glücklichste Mädchen von der Welt. Sie wird heiraten.«
Mrs. North sah schnell zu ihm hinüber und stürzte sich dann über Elisabeth. »Nein, aber das ist zu aufregend!« Sie blickte nochmals zurück zu Oliver, und er sah, sie war nicht sicher, ob ihre Befürchtungen sich nicht doch verwirklicht hatten; ehe sie nun etwas Peinliches sagen konnte, erklärte er schnell:
»Sie heiratet Arnold Clitheroe, ihren Freund in London, weißt du.«
Weil sie nichts über ihn wußte, war sie so entzückt, als ob dies alles ungemein romantisch wäre. Sie küßte Elisabeth mit Wärme und sagte allerlei spontane, zärtliche Dinge. »Aber das bedeutet ja, daß Sie uns verlassen werden; das ist allerdings nicht sehr schön.«
»Ja, sehr bald sogar. Arnold möchte gern bald heiraten, damit wir unsere Hochzeitsreise noch vor dem Winter machen können. Ich bleibe natürlich so lange, bis ich Evie durch die Masern gebracht habe, aber Oliver ist ja jetzt in Ordnung; er braucht keine Pflegerin mehr.« Sie wies kühl mit dem Kopf zu ihm hin.
Elisabeth konnte nun den großen Diamanten von Arnold von der Halskette abnehmen und an ihrem Verlobungsfinger tragen; dort zog er jedesmal Olivers Augen auf sich, wenn sie etwas für ihn tat. Er hatte es nicht gern, wenn sie etwas für ihn tat. Er bestand darauf, sich allein anzuziehen und aufzustehen und hinzulegen, obgleich es doppelt so lange dauerte, aber er wollte sie nicht in seiner Nähe haben. Er redete sich damit heraus, ehe sie ginge, müsse er gelernt haben, allein fertig
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