Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
Vom Netzwerk:
es so oder so herauskommen musste, bis Babu nicht nur erfuhr, dass der Vater verraten worden war, sondern er selbst auch? Es war nicht mehr wichtig, denn jetzt war der Verräter tot   – und der Freund auch.
    Jators schwarze Augen waren immer noch auf Babu gerichtet. Babu griff den Dolch, zog ihn langsam aus Jators Bauch. Er hatte ihn getötet. Er hatte es nicht gewollt. Spielte es wirklich keine Rolle, wer das Messer führte? Kam es nur auf die innere Ausrichtung an? Bator Thon hatte den Bruder nicht erstochen, das hatte Kank getan. Aber Babu hatte Jator erstochen, er hatte es selbst getan. Er stand auf.
     
    »Wer ist das?«, fragte Nuru.
    »Mein Freund«, sagte Babu, »aus Kindertagen.«
    Das konnte sie nicht verstehen. Und Babu konnte es nicht erklären.
    »Es tut mir leid«, sagte Babu, »es wird nichts mit unserer Jagd. Ich muss fort. Und ihr verlasst diesen Ort besser auch.«
    Nuru kniff die Augen zusammen.
    »Kommen noch mehr?«
    »Ja. Viel mehr. Aber das hat alles nichts mit euch zu tun. Wirst du auf meine Pferde aufpassen, bis ich zurück bin?«
    »Kein einziges wird mehr da sein«, sagte Nuru verstockt. Babu musste lachen. Er spürte den Irrsinn in diesem Lachen, und weil er fürchtete, dass es nur ein maskiertes Weinen war, griff er nach Nuru. Nahm das Gesicht des Mädchens in beide Hände und konzentrierte sich auf ihre runden Augen.
    »Nuru, versteh doch: Erstens ist es das einzig Richtige, wenn ich eine Zeit lang verschwinde. Ich habe Juhut, mir wirdnichts geschehen. Und zweitens muss ich ein Mal, nur ein einziges Mal, das tun, was Jator will.«
    Die drei Kalbaken hatten sich genähert, jetzt saßen sie ab. Einer führte Jators Pony am Zügel. Nuru schaute auf den Toten, dann nickte sie kaum merklich. Babu war ihr dankbar   – dass sie keine Fragen stellte, dass sie ihm kein Versprechen abnötigte. Noch mehr Gründe, am Leben zu bleiben und zurückzukehren. Zu ihr.
    Aber dazu musste er erst weg. Und davor musste er sich noch mit Jators Vettern auseinandersetzen. Babu straffte die Schultern. Es war nicht nötig, in den Himmel zu schauen, um Juhut zu sehen. Sein Schatten glitt über das Gras, den Toten, die Gesichter der drei Männer.
    »Hat er dir gesagt, dass unser Vorsprung gering ist?«, fragte einer.
    »Das hat er.«
    »Worauf wartest du dann? Sieh zu, dass du wegkommst.«
    Babu war erstaunt. Er zögerte. Kein Angriff, kein Racheschwur, nicht einmal ein Vorwurf?
    »Wir sind nur hier, um ihn nach Hause zu bringen.« Die Männer tauschten Blicke.
    »Die Tartor waren schon immer Verräter«, fuhr der eine fort. »Dant hätte besser geschwiegen, man redet nicht gegen seinen Thon. Aber   …«, er stockte, dann sah er Babu geradeheraus an. »Aber die Kinder zu töten, das war nicht recht. Sie alle zu töten, das war   … unmenschlich. Der Thon hat ein Gesicht gezeigt, das   –«
    Er brach ab. Man redet nicht gegen seinen Thon. Auch wenn dieser Thon kein Gesicht hat, sondern eine Wolfsfratze. Auch wenn in diesem Thon ein Dämon steckt, der ihn dazu getrieben hat, den eigenen Bruder zu töten und einen ganzen Clan auszurotten. Und einen Freund zum Verräter zu machen.
    Der Kalbake kniete sich zu dem Toten.
    »Auch Jator hätte schweigen müssen, er trägt eine Mitschuld. Die musste er sühnen. Das hat er selbst so gesehen.«
    Der Kalbake richtete Jator auf, der Kopf fiel ihm in den Nacken, die Hände öffneten sich. Ein Stein rollte ins Gras.
    Kein Messer.
    Ein Stein, ein einfacher, länglicher Stein, irgendwo aufgelesen.
    Babus Magen krampfte sich zusammen. Jator hatte ihn besser gekannt als er sich selbst. Er hatte Babus Wut gekannt, mit seiner Enttäuschung gerechnet   – und er hatte von dem Dolch gewusst, der nie stumpf wurde.
Du musst mein Freund sein. Wenn nicht, musst du sterben. Oder ich. Besser ich.
    Über ein halbes Solder hatte er Babu verfolgt mit dem Ziel, ihn zu warnen und sich von ihm töten zu lassen. Am Ende wollte er als Freund erinnert werden, nicht als Verräter. Diese Erinnerung war ihm nun sicher.
    Jators Vettern hoben den Leichnam auf das Pony. Babu war davon überzeugt, dass diese Männer nicht reden würden. Sie würden sich niemals gegen den Thon stellen, aber sie würden Babu auch nicht verraten. Sie würden das tun, was Jator ihnen aufgetragen, wofür er sie wahrscheinlich bezahlt hatte: ihn nach Hause bringen.
     
    Babu ritt mit Timok, der sein verletztes Bein nach vorn über den Widerrist eines großen Rotfuchses gelegt hatte. Babu hatte ihm den Wallach ganz

Weitere Kostenlose Bücher