Zwölf Wasser
mich, ich will mit dir gehen! Aber es war nicht Asta, war nicht seine Frau. Marken hatte die Frau auf der Treppe nie zuvor gesehen und erkannte sie dennoch sofort: Efrid, die letzte Welsenkönigin, blickte ihn an. Beißender Rauch ließ ihre Augen tränen, helle Spuren zogen sich über die rußgeschwärzten Wangen. Dann brach die Treppe ein. Die Königin und der Prinz in ihren Armen stürzten hinab in die tobenden Flammen, die über ihnen zusammenschlugen wie die Wogen eines leuchtenden Meers. Dort hinein wollte auch Marken, wollte eintauchen ins Feuer – und hindurch, in die andere Welt. Er hechtete, er sprang.
Und ein klirrender Schrei holte ihn zurück. Stahl auf Stahl. Axt gegen Schwert. Marken konnte nicht folgen. Konnte nicht zu Asta, nicht zur Königin, nicht zu seinem Volk, das ins Feuer vorausgegangen war. Denn Ormn hielt ihn zurück.
Markens Schwert hatte eine tiefe Kerbe ins Axtblatt geschlagen und war darin stecken geblieben. Nun rangen sie, die Waffen ineinander verkantet. Marken dachte nicht mehr ans Töten. Er kämpfte verzweifelt darum, sterben zu dürfen. Er wollte nur sein Schwert aus dieser Axt befreien, damit die Axt ihn endlich erschlagen konnte.
21
Zwei der unheimlichen Kwother hatten die fliehenden Pramer erreicht. Gleichzeitig und wie in einem lange geübten, grausam präzisen Todestanz schwangen die Münzenaugen ihre Äxte und ließen sie in die Rücken der Soldaten krachen. Wie dürre Zweige knickten die Pramer nach hinten über die schwere Waffe in ihrem Kreuz. Strommeds Atem ging schnell und flach. Mit einem Mal war ihm kalt. Er sah auf den Toten zu seinen Füßen.Aber es war die Ahnung seines eigenen Todes, die ihn frösteln ließ. Er war nah, dieser Tod, aber noch war er nicht da.
Strommed sah den Waffenmeister erbittert mit dem Hauptmann ringen. Ihre Waffen hatten sich verkeilt. Zwei Tote lagen im Staub, den die Kämpfenden aufwirbelten. Die hatte der Offizier erledigt. Blieben für Strommed also noch die zwei, die gerade ihre Stiefel auf die gebrochenen Rücken der Pramer setzten, um ihre Äxte herauszuziehen.
Und die kwothischen Soldaten! Strommed blickte sich hektisch um. Es wurde bereits dunkel. Wo war der Rest, wo waren die kwothischen Soldaten?
Er sah sie hinter den umgestoßenen Tischen auftauchen, zwischen den nervösen Pferden hervorkommen, aus dem schwarzen Loch treten, zu dem der Eingang eines Schuppens geworden war. Wie Ratten krochen sie aus ihren Verstecken, vorsichtig, aber flink. Und er sah noch etwas: Ein schwaches Glimmen, ein weißes Licht. Als habe jemand ein Stück vom Mond heruntergeholt, damit die aufkommende Nacht nicht ganz so finster wurde. Smirn. Die Unda stand reglos vor der Wand des langen Schuppens, aus dem drei der kwothischen Ratten huschten. Strommed rannte los.
Im Augenwinkel nahm er wahr, dass nun auch die beiden Dhurmmets ihre Aufmerksamkeit auf die Hohe Frau richteten. Warum war sie nicht weggelaufen, warum hatte sie sich nicht versteckt? Sie stand einfach da, wie betäubt, und trug dieses Leuchten in den Händen. Nur noch zehn, zwölf Schritte, und Strommed wäre bei ihr. Nur noch zehn, zwölf Schritte, und die unheimlichen Krieger wären bei ihr. Und ihre Soldaten ebenfalls. Strommed spürte keine Angst. Aber er spürte die kühle Abendluft im Gesicht. Er spürte, dass er auf den Tod zulief.
Dann geschah etwas Unerwartetes: Die drei Ratten aus dem Schuppen schlossen sich nicht den Dhurmmets an – sondern griffen sie an . Stürzten sich gemeinsam auf einen der beiden. Brachten ihn zu Fall. Er schlug um sich. Trat. Brüllte ein tierisches, zorniges Brüllen. Der andere blieb stehen, drehte sich um. Aber der erste war bereits wieder auf den Beinen, schüttelte sich das Blut seiner Gegner aus den schwarzen Zöpfen, wie ein Bulle Fliegen von Augen und Nüstern abschüttelt.
Die drei Soldaten rührten sich nicht mehr, lagen erschlagen am Boden. Sie hatten ihre eigenen Leute, ihre Vorgesetzten attackiert, diese fürchterlichen Münzenaugen. Warum? Waren sie im Geheimen auf der Seite des Gegners gewesen? Strommed hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Er war bei Smirn angelangt. Stellte sich vor sie. Hob das Schwert.
22
Endlich gelang es Marken, die Klinge aus Ormns Waffe zu befreien. Mit einem hohen, metallischen Ton sprang ein großer Splitter aus dem Axtblatt heraus und blieb in Ormns Helm stecken. Dem Dämon entfuhr ein tiefes Grollen, aber dann grinste er. In dem dunklen Gesicht, im schwindenden Licht, waren die Zähne unwirklich
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