Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. L. Greiff
Vom Netzwerk:
Marken augenblicklich infizierte. Er hörte nichts mehr außer dem donnernden Rauschen seines eigenen Bluts. Er sah nichts mehr außer Ormn und die beiden Kreaturen rechts und links neben ihm, geduckt, sprungbereit, große Äxte in den Klauen. Äxte aus Welsenstahl. Marken rannte, er wusste nicht, was er tat, aber er rannte auf die drei Dhurmmets zu, das Schwert erhoben. Er wollte nicht mehr fliehen, nicht überleben   – er wollte töten, nur töten.
    Marken nahm den scharfen Gestank wahr, den Gestank von verbranntem Fleisch. Er spürte Hitze, eine unsichtbare Wand, vor der er erst zurückprallte, durch die er dann aber hindurchbrach. Kurz war er in den Schmelzen am Berg, war in einen breiten Strom glühenden, flüssigen Eisens gefallen. War ohnmächtig vor Schmerz. War tot. Dann schlug er zu.
    Heißes, schwarzes Blut spritzte ihm entgegen. Er spürte es nicht, er hatte in flüssigem Eisen gebadet. Jetzt schlug er wieder zu und badete in schwarzem, kochendem Blut.
19
    Strommed beobachtete fassungslos, wie Marken auf Ormn zustürmte. Der Hauptmann rührte sich nicht, starrte nur den rasenden Waffenmeister an und schien ihn mit diesem Starren zu sich hinzuzerren wie an einer unsichtbaren Kette. Es war eine Falle. Denn zwei weitere dieser unheimlichen Soldaten mit den Münzen überm Auge gingen auf Marken los. Seltsam ungelenk, aber mit ungeheurer Kraft schlug der Offizier einen der Männer, der die Axt zum Hieb hoch über den Kopf gehoben hatte. Strommed entfuhr ein erstaunter Aufschrei, der in Markens Brüllen unterging: Das Schwert hatte den Brustschutz des Kwothers durchdrungen, als wäre der aus Leinwand und nicht aus Stahl. Wie konnte das sein? Woher nahm Marken diese Kraft? Für einen Augenblick stieg Strommeds Mut, der gesunken war, als die beiden überlebenden Pramer ihre Schwerter hatten fallen lassen und zu rennen begannen. Der Offizier kämpfte, also würde auch Strommed kämpfen. Er sah noch, wie Marken das Schwert gegen das zweite Münzenauge neben dem Hauptmann richtete und auch diesen Mann niederschlug, dann fuhr Strommed herum, ging dabei in die Hocke. Und wich so um Haaresbreite der Axt aus, die über seinen Kopf hinwegsauste. Noch in der Drehung streckte er den Arm aus, packte den Schwertgriff mit beiden Händen. Säbelte so den Kwother von seinen Beinen. Mit einer Wachheit, die alle seine Sinne weit aufriss wie eine plötzliche Bö die Fensterläden, nahm Strommed alles gleichzeitig wahr: Er roch angesengtes, verkohltes Fleisch. Er spürte eine Hitze, als hielte er sein Gesicht dicht über ein Kohlebecken. Er sah, dass auch er von einem der Münzenaugen angegriffen worden war. Und dass er dem Mann beide Knie durchgeschlagen hatte, er hatte die Beine genau oberhalb der festen Stiefelschäfte getroffen. Ein Stiefel stand noch, einer war umgekippt. Derverstümmelte Dhurmmet wand sich im Staub wie eine Made, die aus der Dunkelheit ihrer Fleischmahlzeit herausgepuhlt worden war. Aber der Mann schrie nicht. Das Blut, das aus den Beinstümpfen sickerte, war schwarz und zäh. Strommed rappelte sich auf, und ohne zu zögern, ohne ins Gesicht des Verletzten zu blicken, rammte er ihm das Schwert in den Unterleib. Ließ es stecken, drehte den Griff, wühlte so lange im zuckenden Leib der stinkenden, heißen Made, bis sie still dalag. Was war das, gegen das er hier kämpfte?
20
    »Dämon!«
    Marken spuckte Ormn das Wort ins hämisch verzerrte Gesicht. Die Hitze, die von ihm ausging, war mörderisch, wie ein Schild stand sie vor Ormn. Marken hörte ein Zischen, wusste nicht, ob es sein Atem war oder der Atem des Dämons. Oder sein eigener Schweiß, der auf seinem Gesicht, seinem blank rasierten Schädel verdampfte. Er roch den Gestank, wusste nicht, ob es der Dämon war oder sein eigener Bart, seine Augenbrauen, seine Wimpern, die brannten. Marken sah nur das Feuer in den goldenen Augen des Dämons, und in diesen lodernden Flammen sah er Welsien brennen. Sah Menschen entzündet wie Fackeln, sah Steine vor Hitze bersten, sah die große Festung von Wandt einstürzen in einer Wolke glühender Funken. Wie ein verkohlter langer Knochen ragte aus den brennenden Trümmern eine einzelne, letzte Treppe empor. Oben stand eine Frau. Sie hielt ein kleines Kind in den Armen, einen Säugling. Ihr Rocksaum brannte bereits, das Feuer fraß sie von unten nach oben auf. Aber sie blieb stehen, hielt das Kind fest umschlungen. Asta , rief Marken, Asta, halt aus, ich komme! Warte! Sie hob den Blick, hatte ihn gehört. Warte auf

Weitere Kostenlose Bücher