Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
gewesen, Shamud bei dem zuzuschauen, was er zu tun hatte. Er war sich nicht einmal ganz sicher, ob er jetzt bleiben und Ayla helfen wollte, aber es war kein anderer da. Er tat einen tiefen Atemzug. Wenn sie es tun konnte, dann wollte er zumindest versuchen, ihr zu helfen.
"Was soll ich tun?" fragte er.
Ayla untersuchte Rosharios Arm, um festzustellen, wie weit er
sich geraderichten ließ und wie sie auf diese Manipulation reagierte. Roshario murmelte etwas und drehte den Kopf von einer Seite zur anderen, aber das schien eher eine Reaktion auf irgendeinen Traum zu sein, nicht jedoch auf die Schmerzen. Daraufhin grub Ayla ihre Finger tief in die schlaffen Muskeln und versuchte, die genaue Lage des Knochens festzustellen. Als sie endlich wußte, was sie wissen mußte, winkte sie Jondalar heran und warf einen Blick auf Wolf, der sie von seinem Platz in der Ecke aus beobachtete.
"Zuerst möchte ich, daß du ihren Arm am Ellenbogen abstützt, während ich versuche, den Knochen an der Stelle, an der er falsch zusammenwächst, zu brechen", sagte sie. "Wenn er gebrochen ist, muß ich sehr kräftig daran ziehen, damit er gerade wird und die Teile wieder richtig zusammenpassen. Da ihre Muskeln völlig schlaff sind, besteht die Gefahr, daß die Knochen eines Gelenks sich verschieben, und ich könnte ihr den Ellenbogen oder die Schulter ausrenken. Deshalb mußt du sie ganz fest halten und vielleicht sogar dagegen ziehen."
"Ich verstehe", sagte er - zumindest glaubte er zu verstehen.
"Stell dich bequem und sicher hin, zieh ihren Arm gerade und stütze den Ellenbogen ungefähr an dieser Stelle ab, und laß mich wissen, wenn du soweit bist", wies Ayla ihn an.
Er ergriff ihren Arm und stemmte die Beine auf den Boden. "So, ich bin soweit", sagte er.
Mit je einer Hand an einer Seite der in einem unnatürlichen Winkel verheilenden Bruchstelle ergriff Ayla Rosharios Oberarm, umfaßte ihn versuchsweise an mehreren Stellen, tastete nach den sich unter der Haut und den Muskeln abzeichnenden Enden der Bruchstelle. Wenn sie schon zu gut verheilt war, würde sie niemals imstande sein, sie mit den bloßen Händen zu brechen; dann würde sie zu anderen, weit weniger leicht kontrollierbaren Mitteln greifen müssen, oder sie würde es überhaupt nicht schaffen, den Knochen richtig zu brechen. Sie beugte sich so über das Bett, daß sie ihre Kraft voll einsetzen konnte, holte tief Luft und übte dann mit ihren beiden kraftvollen Händen einen schnellen, harten Druck aus.
Ayla spürte das Brechen, Jondalar hörte ein widerwärtiges Knirschen. Roshario zuckte im Schlaf krampfhaft zusammen, dann beruhigte sie sich wieder. Ayla tastete durch die Muskeln hindurch nach dem frisch gebrochenen Knochen. Das Narbengewebe hatte die Knochenenden noch nicht allzu fest aneinandergekittet, vielleicht deshalb, weil der Knochen in seiner unnatürlichen Position geblieben und nicht auf eine Weise gerichtet worden war, die die Heilung förderte. Es war ein glatter, sauberer Bruch. Sie stieß erleichtert den Atem aus. Dieser Teil der Arbeit war getan. Sie wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
"Das war gut so, Jondalar. Nun möchte ich, daß du dich wieder ganz fest hinstellst und ihren Arm an der Schulter hältst", sagte Ayla und zeigte ihm, wie er es machen sollte. "Du darfst nicht loslassen, aber wenn du das Gefühl hast, abzurutschen, mußt du es mir sofort sagen." Ayla hatte erkannt, daß der Knochen in der falschen Stellung weniger gut geheilt war, als wenn er gerichtet gewesen wäre; aber Muskeln und Sehnen waren wesentlich besser verheilt.
"Wenn ich den Arm geraderichte, werden einige Muskeln reißen, genau wie beim ursprünglichen Bruch, und die Sehnen werden überdehnt. Muskeln und Sehnen leisten erheblichen Widerstand und werden ihr später Schmerzen bereiten, aber es muß getan werden. Sag mir, wenn du bereit bist."
"Woher weißt du das, Ayla?"
"Iza hat es mir beigebracht."
"Ich weiß, daß Iza dich unterwiesen hat, aber woher weißt du gerade das? Wie man einen Knochen bricht, der bereits verheilt ist?"
"Brun hat einmal mit seinen Jägern einen weiten Zug unternommen. Sie waren lange fort, ich weiß nicht mehr, wie lange. Einer der Jäger brach sich kurz nach ihrem Aufbruch den Arm, weigerte sich aber, umzukehren. Er band sich den Arm an die Seite und jagte mit nur einem Arm. Als sie zurückgekehrt waren, mußte Iza sich darum kümmern", erklärte Ayla schnell.
"Aber wie hat er das geschafft? Weitermachen, als
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