Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
Mutter und setzte das Kind ab. Tholie konnte dem Kompliment über ihre Tochter nicht widerstehen und bedachte Ayla mit einem warmen Lächeln. Aber sie war nicht das, was sie zu sein vorgab. Tholie hatte beschlossen, ihr mit Vorsicht und Zurückhaltung zu begegnen, bis sie mehr über sie wußte.
Ayla griff nach einem Leder und begann, sich abzutrocknen. "Das ist herrlich weich", sagte sie, dann wickelte sie das Stück um sich und steckte ein Ende in der Taille ein. Sie griff nach einem zweiten Stück, um sich das Haar abzutrocknen, und wickelte es sich dann um den Kopf. Sie hatte bemerkt, daß Shamio den Wolf beobachtete, nach wie vor an ihre Mutter geklammert, aber offensichtlich neugierig. Auch Wolf war interessiert und wäre am liebsten losgelaufen, blieb jedoch auf dem ihm zugewiesenen Platz. Sie winkte das Tier zu sich, dann ließ sie sich auf ein Knie nieder und legte den Arm um Wolf.
"Möchte Shamio Wolf kennenlernen?" fragte Ayla das Mädchen. Als es nickte, warf Ayla Tholie einen Zustimmung heischenden Blick zu. Tholie betrachtete ängstlich das große
Tier mit den scharfen Zähnen. "Er wird ihr nichts zuleide tun, Tholie. Wolf liebt Kinder. Er ist mit den Kindern des Löwen-Lagers aufgewachsen."
Shamio hatte bereits ihre Mutter losgelassen und einen vorsichtigen Schritt auf sie zugetan, fasziniert von dem Geschöpf, das sie nicht weniger fasziniert angesehen hatte. Das Kind betrachtete ihn mit großen, ernsten Augen, während Wolf freudig winselte. Schließlich tat es einen weiteren Schritt vorwärts und griff mit beiden Händen nach ihm. Tholie keuchte, aber das Geräusch ging unter in Shamios Kichern, als Wolf ihr das Gesicht leckte. Sie schob seine Schnauze beiseite und ergriff eine Handvoll Fell; dann verlor sie das Gleichgewicht und fiel über ihn. Der Wolf wartete geduldig, bis das Kind wieder aufgestanden war, dann leckte er wieder sein Gesicht, und das Mädchen kicherte entzückt.
"Komm, Woffie", sagte das Mädchen, packte ihn beim Nackenfell und zog daran, um ihn zum Mitkommen zu bewegen. Sie betrachtete ihn schon jetzt als ihr ureigenes, lebendiges Spielzeug.
Wolf schaute Ayla an und gab ein kurzes Welpengekläff von sich. Bisher hatte sie ihm noch nicht erlaubt, sich zu entfemen. "Du kannst mit Shamio gehen, Wolf", sagte sie und gab ihm das Zeichen, auf das er gewartet hatte. Sie hätte fast glauben können, daß in dem Blick, den er ihr zuwarf, Dankbarkeit lag, aber daran, daß er selig war, als er dem Mädchen folgte, konnte kein Zweifel bestehen. Sogar Tholie lächelte.
Jondalar hatte interessiert die Szene verfolgt, während er sich abtrocknete. Er nahm ihre Kleider und ging mit den beiden Frauen auf den Sandstein-Überhang zu. Tholie behielt Shamio und Wolf für alle Fälle im Auge; auch sie war fasziniert von dem zahmen Tier. Sie war nicht die einzige. Viele Leute beobachteten das Mädchen und den Wolf. Als ein Junge herankam, der etwas älter war als Shamio, wurde er mit freudigem Lecken eingeladen, sich ihnen anzuschließen. In diesem Augenblick kamen zwei weitere Kinder, die sich um hölzerne Stecken stritten, aus einer der Behausungen. Das kleinere von ihnen warf den Stecken weg, damit das andere ihn
nicht bekam, was Wolf so auffaßte, daß die Kinder eines seiner Lieblingsspiele mit ihm spielen wollten. Er jagte hinter dem Stecken her, brachte ihn zurück und legte ihn vor ihnen auf die Erde, mit hechelnder Zunge und wedelndem Schwanz, bereit, das Spiel abermals zu spielen. Der Junge hob den Stecken auf und warf ihn wieder fort.
"Ich glaube, du hast recht - er spielt mit ihnen. Offensichtlich hat er Kinder gern", sagte Tholie. "Aber macht ihm das Spielen Spaß? Er ist schließlich ein Wolf!"
"Wölfe und Menschen sind sich in gewisser Beziehung ähnlich", sagte Ayla. "Wölfe spielen gern. Die Welpen spielen von klein auf mit ihren Wurfgeschwistern, und die halb und ganz ausgewachsenen Wölfe spielen gern mit den Jungen. Wolf hatte keine Geschwister, als ich ihn fand; er war als einziger am Leben geblieben, und seine Augen hatten sich gerade erst geöffnet. Er ist nicht in einem Wolfsrudel aufgewachsen, sondern mit Kindern."
"Aber sieh dir das an! Er ist so geduldig, so sanft. Ich bin ganz sicher, daß es ihm wehgetan hat, als Shamio an seinem Fell zerrte. Warum läßt er sich das gefallen?" fragte Tholie, die sein Verhalten immer noch nicht verstand.
"Für einen ausgewachsenen Wolf ist es ganz natürlich, daß er mit den Jungen seines Rudels sanft umgeht, deshalb war es
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