Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
Oberfläche trat. Unter dem Einfluß der Schwerkraft hatte es diese Rinnen und Furchen zu unterirdischen Flußläufen und Höhlen erweitert, die sich schließlich zu gewaltigen Wassersystemen miteinander verbanden.
Diese sich unter der Erdoberfläche abspielenden Vorgänge hatten tiefe Auswirkungen auf die Landschaft, die - als Karst bekannt - charakteristische Merkmale auszubilden begann. Als die Höhlen immer größer wurden, näherten ihre Decken sich mehr und mehr der Erdoberfläche; sie brachen schließlich ein, und es entstanden tiefe, steinwandige Schlundlöcher. Reste der ursprünglichen Höhlendecke bildeten nicht selten natürliche Brücken. An der Oberfläche fließende Ströme und Flüsse verschwanden plötzlich in den Schlundlöchern und flössen unterirdisch weiter. Täler, die vormals von Flüssen durchströmt worden waren, trockneten aus, und nur noch ihre steilen Wände zeugten von den Vorgängen, die sie geformt hatten.
Es wurde für Ayla und Jondalar immer schwerer, Wasser zu finden. Fließendes Wasser versank rasch in Höhlen und Do-linen. Selbst nach schweren Regenfällen verschwand das
Wasser sofort im Boden. Einmal mußten die Reisenden die kostbare Flüssigkeit aus dem Teich am Grunde eines Schlundlochs schöpfen. Gelegentlich trat das Wasser in einer sprudelnden Quelle zutage, floß eine Weile über die Oberfläche und verschwand dann wieder im Untergrund.
Der mit einer dünnen Krume bedeckte Felsboden war unfruchtbar und steinig. Außer einigen Wildschafen mit ihrem dichten krausen Winterfell waren die einzigen Tiere, die sie sahen, ein paar Murmeltiere. Die flinken Geschöpfe hatten eine eigene Technik entwickelt, ihren vielen Verfolgern zu entkommen. Ob es sich um Wölfe, Polarfüchse, Falken oder Steinadler handelte - sobald sie das schrille Pfeifen eines Wachtposten vernahmen, verschwanden sie unverzüglich in ihren Bauen.
Wolf versuchte vergeblich, sie zu verfolgen; aber da langbeinige Pferde von ihnen normalerweise nicht als gefährlich empfunden wurden, gelang es Ayla, ein paar der Nagetiere mit ihrer Schleuder zu erlegen. Die pelzigen Tiere, die sich bereits Fettreserven für ihren Winterschlaf zugelegt hatten, schmeckten wie Kaninchen. Aber sie waren klein, und zum ersten Mal seit dem vergangenen Sommer fischten Ayla und Jondalar wieder im Großen Mutter Fluß.
Zunächst reisten sie sehr vorsichtig durch die Karstlandschaft mit ihren seltsamen Gesteinsformationen, Höhlen und Löchern, aber bald wurden sie mit ihr vertraut und verloren ihre Unsicherheit. Sie gingen zu Fuß, um den Pferden eine Ruhepause zu gönnen. Jondalar hielt Renner am langen Zügel, ließ ihn jedoch von Zeit zu Zeit die spärlichen trockenen Gräser abweiden. Winnie tat das gleiche; dann folgte sie Ayla, obwohl sie kein Halfter trug.
"Ich frage mich, ob dieses öde Land voller Höhlen und Löcher die Gefahr war, vor der Jeren uns warnen wollte", sagte Ayla. "Ich fühle mich hier nicht sehr wohl."
"Ich auch nicht. Ich wußte nicht, daß es hier so aussieht", sagte Jondalar. "Warst du nicht schon hier? Ich dachte, ihr seid auf diesem Weg gekommen", sagte Ayla und sah ihn überrascht an. "Du hast gesagt, ihr seid dem Großen Mutter Fluß gefolgt."
"Wir sind der Großen Mutter gefolgt, aber auf der anderen Seite. Wir haben sie überquert, als wir viel weiter südlich waren. Ich dachte, es wäre leichter, auf dieser Seite zu bleiben, und ich wollte wissen, wie diese Seite aussieht. Der Fluß macht nicht weit von hier eine scharfe Biegung. Wir zogen damals nach Osten, und ich war neugierig auf dieses Hochland, das dem Fluß den Weg versperrt. Ich wußte, daß ich nie wieder eine Gelegenheit haben würde, es zu sehen."
"Ich wünschte, du hättest es mir vorher gesagt."
"Was macht es aus? Wir folgen immer noch dem Fluß."
"Aber ich glaubte, daß dir diese Gegend nicht fremd wäre! Und nun kennst du dich hier ebensowenig aus wie ich." Ayla hatte darauf vertraut, daß er wußte, was sie erwartete, und nun mußte sie erkennen, daß sie sich getäuscht hatte.
Sie waren weitergegangen, in ein Gespräche vertieft, das sie zu entzweien drohte, ohne ihrer Umgebung viel Aufmerksamkeit zu schenken. Plötzlich bellte Wolf, der neben Ayla hergelaufen war, kurz auf und stieß mit der Schnauze gegen ihr Bein. Beide blieben unvermittelt stehen. Ayla fühlte sich von einer jähen Angst ergriffen, und Jondalar wurde blaß.
24. KAPITEL
Beide blickten auf den Boden vor ihren Füßen und sahen nichts. Das
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