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Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter

Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter

Titel: Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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"Viele Leute lächeln, wenn sie nervös sind und wenn sie Fremden begegnen", sagte Jondalar. "Aber das heißt nicht, daß sie aggressiv sind oder drohen wollen. Ich glaube, ein Lächeln soll zeigen, daß man keine Angst hat."
    Jetzt ritt Ayla voraus; sie lehnte sich zur Seite, um ihr Pferd um ein Gestrüpp herumzulenken, das am Ufer eines Baches wuchs. Nachdem Jondalar ein Halfter erfunden hatte, das er dazu be-nutzte, Renner zu lenken, war auch Ayla dazu übergegangen, Winnie ein Halfter anzulegen; sie benutzte es gelegentlich, um Winnie zu führen oder irgendwo anzubinden; beim Reiten jedoch machte sie nie davon Gebrauch. Als sie sich zum erstenmal auf den Rücken der Stute schwang, war sie überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen, sie zu dressieren - das gegenseitige Lernen war allmählich und, zumindest zu Anfang, unbewußt vonstatten gegangen.
    "Aber wenn ein Lächeln zeigen soll, daß man keine Angst hat - bedeutet das nicht, daß man glaubt, es gäbe nichts, wovor man Angst haben müßte? Daß man sich stark fühlt und nichts zu befürchten hat?" fragte Ayla, als sie wieder nebeneinander herritten.
    "Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Wenn Thonolan fremden Leuten begegnete, hat er immer gelächelt, aber er war nicht immer so zuversichtlich, wie er zu sein schien. Er versuchte, die Leute denken zu lassen, daß er keine Angst hätte. Vielleicht könnte man sagen, es ist eine Schutzgeste, dir nichts
     
    zu befürchten habe."
    "Aber wenn man zeigt, daß man stark ist - ist das nicht zugleich eine Drohgebärde? Zeigt Wolf nicht den Fremden seine Stärke, wenn er seine Zähne zeigt?" fragte Ayla.
    "Es mag etwas daran sein. Aber zwischen einem Begrüßungslächeln und einem Wolf, der die Zähne bleckt und knurrt, besteht doch ein großer Unterschied."
    "Ja, das stimmt", pflichtete Ayla ihm bei. "Ein Lächeln bewirkt, daß man glücklich ist."
    "Oder zumindest erleichtert. Wenn du einem Fremden begegnest und er dein Lächeln erwidert, dann bedeutet das gewöhnlich, daß du willkommen bist. Nicht jedes Lächeln ist dazu gedacht, dich glücklich zu machen."
    "Vielleicht ist das Gefühl der Erleichterung der Anfang vom Glücklichsein", sagte Ayla. Sie ritten eine Weile schweigend nebeneinander her, dann fuhr sie fort: "Ich glaube, es besteht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen einem Menschen, der zur Begrüßung lächelt, und den Leuten vom Clan, die ihre Zähne zeigen, wenn sie sagen wollen, daß sie nervös sind oder jemandem drohen wollen. Und wenn Wolf einem Fremden die Zähne zeigt, dann bedroht er ihn, weil er uns beschützen will."
    "Und wenn er uns, seinem eigenen Rudel, die Zähne zeigt, dann ist das sein Lächeln", sagte Jondalar. "Manchmal glaube ich wirklich, daß er lächelt. Ich bin auch ganz sicher, daß er dich liebt. Aber wenn er dich beschützen will, wie willst du ihm dann beibringen, daß er auf Befehl zurückbleibt, wenn du nicht bei ihm bist? Wie willst du ihm beibringen, Fremde nicht anzugreifen, wenn er beschlossen hat, es zu tun?" Jondalar machte sich ernsthafte Sorgen. Wolf konnte eine Menge Probleme schaffen. "Vergiß nicht, Wölfe greifen an, um sich Nahrung zu verschaffen. Wolf ist ein Jäger. Du kannst ihm vieles beibringen, aber kannst du einem Jäger beibringen, kein Jäger zu sein?"
    "Als du in mein Tal kamst, Jondalar, warst du auch ein Fremder. Weißt du noch, wie Baby zurückkehrte, um mich zu besuchen, und dich dort vorfand?"
     
    Jondalar spürte, wie etwas in ihm aufstieg, nicht Verlegenheit, aber eine deutliche Erinnerung an das, was er damals empfunden hatte. Nie zuvor in seinem Leben hatte er solche Angst empfunden wie in dem Augenblick, als Baby an den Ort zurückgekehrt war, an dem er seine Kindheit verbracht hatte, und auf dem breiten Sims vor Aylas Höhle einen Fremden vorgefunden hatte.
    Kein Höhlenlöwe war klein, aber Baby war das größte Exemplar, das er je gesehen hatte. Jondalar hatte sich immer noch nicht ganz von der Verletzung erholt, die derselbe Löwe oder seine Gefährtin ihm beigebracht hatte, als er und sein Bruder so leichtsinnig in ihr Versteck eingedrungen waren. Es war das letzte gewesen, was Thonolan je tun sollte. Jondalar war ganz sicher gewesen, daß seine letzte Stunde geschlagen hatte, als der Löwe brüllte und zum Sprung ansetzte. Plötzlich
    war Ayla zwischen ihnen gewesen, hatte die Hand gehoben und dem Löwen bedeutet, innezuhalten, und der Löwe hatte innegehalten! Und das nächste, was er gesehen hatte, war, wie sie die gewaltige Katze

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