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Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Titel: Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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Gedanken der Fremden nachzuvollziehen, dass Menschen weit im Osten, jenseits des Gletscherplateaus, eine Sprache haben sollten, die der ihren ähnelte. Außerdem musste sie die Sprachen von Völkern kennen gelernt haben, die noch viel weiter weg lebten und von den Zelandonii vollkom men verschieden waren.
Sie waren beeindruckt, weil diese Frau offenbar aus einer ganz anderen Welt als der ihren stammte und so viel über ande re Völker wusste. Auch Jondalar hatte auf seiner Großen Reise viel gelernt. In den wenigen Tagen, seit er zurück war, hatte er ihnen bereits einige neue Dinge gezeigt. Vielleicht war das der Zweck einer Großen Reise: Neues zu lernen.
Fast alle jungen Leute redeten zwar darüber, dass sie einmal zur Großen Reise aufbrechen wollten, aber es gab nicht viele, die das auch in die Tat umsetzten. Von diesen wiederum unter nahmen nur wenige eine wirklich weite Reise. Manche kehrten nie mehr zurück. Jondalar war fünf Jahre unterwegs gewesen und hatte viele Abenteuer erlebt. Wichtiger aber war, dass er Wissen mitbrachte, das seinem Volk nützen konnte. Er hatte auch neue Ideen im Kopf, wie man manches anders machen könnte. Veränderungen aber waren nicht immer und nicht allen willkommen.
»Ich weiß nicht recht«, sagte die Gehilfin, »ob ich dir die bemalten Wände zeigen soll, an denen wir vorbeikommen. Das könnte die Zeremonie verderben, bei denen du sie richtig ken nen lernen sollst. Aber weil du sie im Vorbeigehen ohnehin siehst, zumindest Teile davon, könnte ich die Fackel hochhal ten, damit du sie ein wenig besser erkennst.«
»Ja, ich würde sie gern sehen.«
Die Gehilfin hielt die Fackel höher, damit die Frau, die Jon dalar mit nach Hause gebracht hatte, die Wandmalereien besser betrachten konnte. Ayla sah ein Mammut in Seitenansicht. Dies war die Perspektive, in der Tiere meistens dargestellt wurden. An der Wölbung auf dem Kopf, dem Höcker auf dem Widerrist und dem nach hinten abfallenden Rücken war das Mammut sofort zu erkennen. Dieser typische Umriss des mächtigen, wolligen Tieres war ein noch markanteres Merkmal als die gekrümmten Stoßzähne und der lange Rüssel. Man hatte die vorwiegend in Rot gehaltene Zeichnung mit rotbraunen und schwarzen Schattierungen ergänzt, um Umriss und anatomische Einzelheiten genau wiederzugeben. Das Mammut blickte zum Höhleneingang hin und war so überzeugend dargestellt, dass Ayla beinahe darauf wartete, dass es sich in Bewegung setzte.
Sie fragte sich, warum es so lebensnah wirkte, und versuchte zu erfassen, auf welchen Mitteln dieser Effekt wohl beruhte. Die Maltechnik war meisterhaft und voll Anmut. Mit einem Feuersteinwerkzeug hatte man sorgfältig und präzise eine dün ne Umrisslinie in die Kalkwand geritzt und parallel dazu eine schwarze Linie gezogen. Unmittelbar außerhalb der eingeritz ten Linie hatte man die oberste Felsschicht abgeschabt, so dass die hellbraune, elfenbeinähnliche Farbe des Steins hervortrat. Dadurch wurden die Silhouette und die verwendeten Farben stärker akzentuiert, und es entstand ein dreidimensionaler Ein druck.
Vor vielen Generationen hatten Menschen begonnen, leben dige Tiere auf einer zweidimensionalen Oberfläche abzubilden, und im Lauf der Zeit hatten Künstler durch Übung und genaue Beobachtung einen erstaunlichen Einblick in die Gesetze der perspektivischen Darstellung gewonnen. Die meisten von ih nen bedienten sich der überlieferten Technik des Schraffierens, um den Eindruck der Lebensnähe zu erzielen.
Als Ayla einen Schritt zur Seite machte, hatte sie das unheim liche Gefühl, als habe sich das Mammut ebenfalls bewegt. Sie verspürte den Drang, das gemalte Tier zu berühren. Sie streckte die Hand aus und schloss die Augen. Der Stein war kalt und ein wenig feucht und fühlte sich an wie in jeder Kalksteinhöh le. Als sie aber die Augen wieder öffnete, bemerkte sie, dass der Künstler die Gegebenheiten der Felswand genutzt hatte, um das Bild wirklichkeitsnäher erscheinen zu lassen. Er hatte das Mammut so platziert, dass der Bauch sich mit einer kleinen Wölbung des Steins deckte, und ein Stalaktitzapfen, der aus der Wand hervorwuchs, war als eines der Hinterbeine einbezogen und bemalt.
Sie ging ein wenig zur Seite und stellte fest, dass sich das Bild dabei veränderte, weil das vorhandene Relief des Steins mit ins Spiel kam und die Schatten etwas anders fielen. Selbst wenn sie stillstand, hatte sie durch den auf der Wand tanzenden Widerschein der Flammen den Eindruck, das Tier würde at men. Da sie

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