Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Titel: Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
Vom Netzwerk:
eine hohe Stirn, eine flache Nase und zwei halb geschlossene, geheimnisvoll wirkende Augen, die auf ei nen von Buschwerk bestandenen Geröllhang herabblickten. In dieser Vorderansicht, so glaubten die Zelandonii, trat ein ver borgenes Gesicht der Mutter zutage. Es war eine der wenigen schemenhaften Gestalten, in denen sie sich jemals zeigte. Ihr eigentliches Gesicht würde kein Mensch jemals schauen, aber selbst in dieser geheimnisvollen, verschleierten Gestalt wohnte ihrem Gesicht eine unsagbare Macht inne.
Die gestaffelte Reihe der Felsen säumte das schmale Tal ei nes Bachs, der in den Grasfluss mündete. Er entsprang aus ei ner kraftvollen Quelle, die in einer kleinen Fontäne aus der Erde emporsprudelte. Der kleine Teich, den die Quelle speiste, lag inmitten einer bewaldeten Schlucht. Man nannte diesen Ort meist Quell der Tiefe und den Bach, der aus dem Teich abfloss, Quellbach. Die Zelandonia benutzten auch andere Namen, die allgemein bekannt waren: Die Fontäne und den Teich nannten sie die Wasser der Mutter, den Bach das Gesegnete Wasser. Man schrieb dem Wasser große Heilkräfte zu, und wenn man es richtig einsetzte, sollte es Frauen helfen, Kinder zu empfan gen.
An der Seite der Kalksteinwand zog sich ein über vierhundert Meter langer Pfad hinauf und führte am ersten Felsvorsprung vorbei auf einen Sims, der knapp unter der Oberkante der Fel sen lag. Dort wölbte sich ein kleiner Überhang über den Ein gang zweier Grotten. Die zahlreichen Hohlräume in den Kalk steinfelsen hießen manchmal »Grotten«, manchmal auch »Höhlen«. Eine besonders lange oder weitläufige Grotte nannte man zuweilen auch einfach eine »Tiefe«.
Der Hohlraum auf der linken Seite der kleinen Terrasse reich te nur etwa sieben Meter in den Fels hinein und wurde hin und wieder als Wohnplatz genutzt, vor allem von den Zelandonia. Meist nannte man ihn Höhle des Felsenquells, mitunter auch Donis Höhle. Die Grotte zur Rechten erstreckte sich etwa hun dertdreißig Meter in die große Felswand hinein und umfasste verschiedene Kammern, Alkoven, Nischen und abzweigende Gänge. Sie galt als so heilig, dass man es meistens vermied, ihren Namen auszusprechen. Es war nicht nötig, die Heiligkeit und Kraft des Ortes eigens hervorzuheben. Wer von seiner wahren Bedeutung wusste, zog es vor, kein Aufhebens davon zu machen und im Alltag nicht darüber zu sprechen. Deshalb nannte man die Felsformation meist einfach Felsenquell und die linke Grotte die Tiefe Grotte beim Felsenquell oder auch Donis Tiefe.
In der Umgebung gab es noch einige weitere geheiligte Orte. Die meisten Grotten galten als heilig, doch die Tiefe Grotte beim Felsenquell war eine der am innigsten verehrten. Jondalar kannte einige andere, die ihr glichen, aber keine, die von größerer Bedeutung war. Während sie mit Jonokol an der Fels wand hinaufstiegen, mischten sich in Jondalars Erregung An spannung und Angst. Er scheute vor dem zurück, was ihn er wartete, aber trotz seiner Bangigkeit regte sich in ihm auch die Hoffnung, dass Zelandoni den Geist seines Bruders finden mö ge.
Auf dem Felsensims vor den Grotten empfingen sie ein Ge hilfe und eine Gehilfin. Sie hatten an der Pforte der tiefen Grot te zur Rechten auf sie gewartet. Ayla blieb einen Augenblick stehen und blickte in die Richtung zurück, aus der sie gekom men waren. Das Panorama war beeindruckend. Von der hohen Felsterrasse blickte man auf das Tal des Quellbachs und einen Teil des Grastales hinab.
Als sie nun durch die Pforte in den dunklen Schlund der Grotte traten, sank Ayla einen Augenblick lang der Mut. Vor allem bei Tageslicht war der Übergang von dem weiten Blick auf die Landschaft in die Enge des Höhlengangs, von den son nenbeschienenen hellen Felsen in die Finsternis verstörend. Die Verwandlung, die sich dabei in einem vollzog, ging über die bloße Sinneswahrnehmung hinaus. Wer die Kraft spürte, die dem Ort innewohnte, wurde nicht nur von einer Angst erfasst, die ihm jede Sicherheit raubte, sondern hatte auch das Gefühl, in eine Atmosphäre des Wundersamen einzutauchen.
Von außen konnte man nur wenige Schritte weit in die Grotte hineinblicken, aber sobald die Augen sich an das gedämpfte Licht gewöhnten, sah man, wie der Gang sich hinter der engen Pforte weitete und ins Dunkel hineinführte. In einer Art kleiner Vorhalle standen auf einem Wandvorsprung mehrere Stein lampen, von denen eine brannte. In einer natürlichen Nische darunter lagen Fackeln. Jonokol und der andere junge Mann nahmen eine Lampe

Weitere Kostenlose Bücher