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0001 - Das Schloß der Dämonen

0001 - Das Schloß der Dämonen

Titel: 0001 - Das Schloß der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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einer Stimme, deren Forschheit leicht gekünstelt wirkte.
    »Es gibt«, bestätigte Zamorra. »Aber das braucht Sie nicht zu beunruhigen. Kommen Sie!«
    Er half ihr aus dem Wagen. Als sie den Schloßhof überquerten, öffnete sich eine der Türen. Eine breite Lichtbahn fiel heraus, und Zamorra erkannte die unverwechselbar steife, würdige Gestalt von Raffael Bois, dem Butler. Hinter ihm tauchte die silbergraue Löwenmähne Jean Auberts auf. Das zerfurchte Gesicht des Anwalts wirkte übermüdet. Er begrüßte Zamorra - und seine Augen wurden sofort lebhaft, als er Nicole Duval entdeckte.
    »Ich bin entzückt, Mademoiselle!«
    Die Geste, mit der er sich über ihre Hand neigte, spiegelte die ganze Bewunderung des Franzosen für das weibliche Geschlecht. »Ich wünschte, ich könnte Sie in einer heiteren Umgebung und aus einem angenehmeren Anlaß empfangen. Aber ich hoffe, Château Montagne wird sich Ihnen von seiner besten Seite zeigen und…«
    »Wer ist da, Maitre?« ließ sich eine scharfe Stimme aus dem Hintergrund vernehmen. Zamorra atmete tief ein und wappnete sich. Er griff nach Nicoles Arm, führte sie in die große düstere Halle. Trotz der warmen Witterung brannte ein Feuer im Kamin. Schwere Vorhänge und Gobelins bedeckten die Wände, tiefe Teppiche den Boden. Nur wenige massive Schränke und Sessel bildeten das Mobiliar und aus einem dieser Sessel erhob sich jetzt eine hochgewachsene, schlanke Gestalt, die erst auf den zweiten Blick als weiblich zu erkennen war.
    Scharfe Adleraugen musterten die Neuankömmlinge.
    Das schwarze Haar war in der Mitte gescheitelt und im Nacken zu einem strengen Knoten zusammengefaßt. Streng wirkte auch das graue hochgeschlossene Kleid, der weiße Kragen, die dunkle Hornbrille. Ein florettscharfer Blick erfaßte Nicoles geschecktes Haar, den hautnahen Schnitt ihres Hosenanzugs, die provozierend gute Figur; und das Urteil über diese Geschlechtsgenossin war deutlich in dem scharfgeschnittenen Gesicht zu lesen - vernichtend.
    Zamorra übernahm die Vorstellung.
    »Mademoiselle Nicole Duval - Madame Anabel de Montagne. - Tante Anabel, ich freue mich, dich zu…«
    »Nonsens!« schnitt ihm Anabel de Montagne das Wort ab.
    »Niemand in dieser verrottenen Familie hat sich je gefreut, mich zu sehen. Was übrigens durchaus auf Gegenseitigkeit beruht, mon ami.«
    Sie legte den Kopf schief und die kühlen grauen Augen stellten sich wie Sonden auf Zamorra ein.
    »Du siehst elegant aus, mein Junge. Ich dachte, selbst in Amerika würde der Professorentitel zu einer gewissen - sagen wir - Solidität verpflichten.«
    Zamorra unterdrückte ein Lächeln.
    »Die Ansichten über Solidität haben sich geändert, chère Tante. Allerdings sollte jeder bei seinem eigenen Stil bleiben. Ich würde an meinem Weltbild zweifeln, wenn du dich jemals ändertest. Die Familie de Montagne ohne Tugendwächter - nicht auszudenken!«
    Zamorra kannte sie gut, um den Nerv ihres verborgenen, durchaus selbstkritischen Humors zu treffen - und tatsächlich zuckte ein ironisches Lächeln um ihre Lippen.
    »Rustre«, sagte sie trocken. »Du warst immer schon ein charmanter Flegel. Was wirst du mit dem Schloß anfangen, das du zweifellos erbst?«
    Zamorra hob die Brauen. »Was macht dich da sicher, chère Tante? Ich bin mir nicht bewußt, mich besonderen Familiensinns schuldig gemacht zu haben.«
    »Aber du warst Louis' Lieblingsneffe. Mich konnte er nie ausstehen. Und Charles…«
    »Kommt er ebenfalls?«
    Anabel de Montagne hob die Schultern. Vielsagend, aber stumm. Es war nicht üblich, von Charles Vareck, dem schwarzen Schaf der Familie, zu sprechen. Maitre Aubert übernahm die Antwort.
    »Er kommt!« sagte er. »Jedenfalls hat er zugesagt. Wir erwarten Monsieur Vareck noch heute abend…«
    ***
    Charles Vareck war fünfunddreißig Jahre alt und hatte den größten Teil seines Lebens damit zugebracht, sein väterliches Erbe zu verschleudern. Da er in dieser Hinsicht über erstaunliche Talente verfügte, war er bereits mit dreißig Jahren pleite gewesen. Seitdem suchte er nach Mitteln und Wegen, möglichst schnell das Geld zu verdienen, das er für seinen aufwendigen Lebensstil brauchte. Er hatte sich an Ölbohrungen in der Sahara beteiligt, illegal mit Waffen gehandelt, Börsenspekulationen mit dem Vermögen Gutgläubiger unternommen.
    Da er es verstand, stets hart am Rande der Legalität zu balancieren, war er bisher noch nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Aber er hatte zweimal auf der Flucht vor seinen

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