0001 - Das Schloß der Dämonen
nicht würde entziehen können. Tief aufatmend wandte er sich ab, öffnete die Tür und suchte den Weg zurück durch das Labyrinth des Kellers.
***
Drei Wochen später war er wieder in New York. Er hatte seine Aussagen bei der französichen Polizei gemacht, und er hatte alle Formalitäten erledigt. In Zukunft wollte er Château Montagne zu seinem Wohnsitz machen. Aber nach allem, was geschehen war, hatte er zunächst einmal das Bedürfnis verspürt, etwas anderes zu sehen. Jetzt saß er mit Nicole Duval und seinem Freund Bill Fleming in einem Nachtklub an der achten Avenue, trank alten Kognak und registrierte mit einem Gefühl der Erleichterung, daß Bill seinen Whisky immer noch mit Eiswürfeln verdarb und daß die Welt demnach noch im Lot war. Er hatte erzählt, was auf Château Montagne geschehen war - er konnte das jetzt mit einem gewissen Abstand. Bill hörte ruhig zu. Zum Schluß zog er unbehaglich die Schultern hoch.
»Ich weiß nicht«, murmelte er. »Ich kenne dich lange genug, um zu wissen, daß du im allgemeinen weißt, was du sagst. Außerdem bist du Wissenschaftler und läßt dir nichts vormachen.« Er machte eine Pause und nagte an der Unterlippe. »Aber jeden anderen würde ich vermutlich für verrückt erklären«, fügte er hinzu.
»Das kann ich sogar verstehen. Wenn ich das alles nicht selbst gesehen hätte…«
Nicole holte tief Luft. Sie trug heute abend Romantik-Look: ein weißes Spitzenkleid und einen Florentinerhut, unter dem das Lockengeriesel einer blonden Perücke hervorquoll. Ihre Augen versprühten goldene Funken.
»Chef«, sagte sie sanft. »Sie haben mir doch selbst erklärt, daß bei der ganzen Geschichte Hypnose im Spiel war. Und jeder weiß, daß man im Zustand der Hypnose alles mögliche sieht. Vergessen Sie diese Geschichte doch endlich!«
Zamorra seufzte leicht. Er kannte inzwischen die Version der Ereignisse, die sich Nicole zurechtgelegt hatte. Eine Version, in der übernatürliche Kräfte nicht vorkamen. Und er wußte, daß gegen die einmal gefaßten Überzeugungen seiner Sekretärin vermutlich selbst die Dämonen von Château Montagne vergeblich gekämpft hätten.
»Ihr Wunsch ist mir Befehl«, meinte er lächelnd. »Also, versuchen wir, das Ganze zu vergessen.«
Sie wechselten das Thema, sprachen von etwas anderem. Zamorra genoß den Abend. Er tanzte mit Nicole, er sah der Show zu, er unterhielt sich mit Bill Fleming über dessen Arbeit an der Universität.
Zwischendurch trank er ein paar weitere Kognaks, und zum erstenmal seit Wochen glitt er wieder in den Zustand völliger Entspannung. Aber in einem Winkel seines Gehirns wußte er dennoch genau, daß er die Ereignisse auf Château Montagne nicht vergessen würde - und daß er das auch gar nicht wollte.
ENDE
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