0001 - Im Nachtclub der Vampire
Aber er war sicher, daß Lara auf ihre Chance lauerte. Und sie stellte eine ungeheure Gefahr dar. Sie war unberechenbar in ihrem Blutrausch. John Sinclair mußte auf alles gefaßt sein.
Er hoffte nur, daß sie sich zuerst an ihm rächen würde…
***
Lara riß die Metalltür auf, schlüpfte in den dahinterliegenden Gang und blieb stehen.
Geschafft! dachte Sie. Ich bin diesem verdammten Bluthund entkommen. Niemand wußte, daß der Nachtclub mit einem Geheimgang ausgestattet war. Einem Gang, der direkt in das Kanalnetz von Soho führte. Der Einstieg war gut getarnt, und bis man ihn fand, dauerte es eine Weile. Aber bis dahin wollte Lara längst über alle Berge sein.
Neben ihr schäumten die Abwässer. Ein penetranter Gestank ging von ihnen aus. Lara war in einem der Hauptkanäle herausgekommen. Auf einem schmalen Steg bewegte sie sich weiter.
Der Pfad führte dicht an der glitschigen, mit Algen und Moos überwucherten Wand entlang. In unregelmäßigen Abständen blinkten an der Decke Lampen, so daß Lara sich gut orientieren konnte.
Der Blutrausch war vorübergehend abgeklungen, doch jetzt, wo die Gefahr vorbei war, kam er zurück. Und das mit aller Macht. Sie wollte Blut! Und zwar von Marina Held. Einmal hatte sie sie schon gebissen, aber sie wollte es immer wieder tun, bis das junge Mädchen ein völlig blutleeres und seelenloses Geschöpf war.
Damit traf sie nicht nur Marina Held selbst, sondern vor allen Dingen auch John Sinclair. Wie er es geschafft hatte, unerkannt in die Bar zu kommen, war schon ein ziemlich freches Stück. Lara kam nicht umhin, ihn insgeheim zu bewundern. Aber wenn sie daran dachte, wie der Geisterjäger aufgeräumt hatte, stieg die heiße Wut in ihr hoch. Eiskalt hatte dieser Mann ihre Schwestern zum Teufel geschickt. Mit Eichenbolzen, die tödlich für jeden Vampir sind.
Aber lange sollte er keine Freude mehr haben. Das nahm sich Lara fest vor.
Sie suchte den nächsten Ausstieg und fand ihn recht schnell. Eine rostige Leiter führte in die Höhe. Lara riskierte es und kletterte die Sprossen hoch. Die Verankerung der Leiter knirschte im Mauerwerk, aber sie hielt.
Der Ausstieg oben mußte sich in irgendeinem Hinterhof befinden. Lara sah kaum Licht durch die Ritzen schimmern. Auch saß der Deckel verflucht fest. Sie, die die Kräfte der Hölle hatte, schaffte es kaum, ihn hochzustemmen.
Doch dann polterte der Deckel auf der anderen Seite zu Boden.
Niemand beobachtete die Untote, wie sie aus dem Kanalabfluß kletterte.
Plötzlich hörte sie Stimmen. Gleichzeitig sah sie auch das Rotlicht über Häuserwände geistern.
Dem ersten Impuls folgend, wollte Lara wieder untertauchen, doch dann besann sie sich. Sie orientierte sich kurz und stellte fest, daß sie auf einem neben dem Lokal liegenden Hof aus der Unterwelt geklettert war. Das Rotlicht wischte durch Mauerritzen und kleinere Durchlässe.
Lara hörte vom Nachbarhof Stimmen. Sie schlich zu einer Brandmauer, zog sich hoch und blickte in den Hof.
Dort stand der Ambulanzwagen mit seinem zuckenden Licht. Polizisten hielten Wache. Aus dem Lokal tönten Stimmen. Eine Bahre wurde herausgefahren. Zwei Sanitäter schoben sie auf den Ambulanzwagen zu. Ein Arzt lief neben der Bahre her. Er hielt bereits eine Spritze in der Hand. Die hinteren Türen des Krankenwagens waren aufgeklappt. Auf Rollen glitt die Bahre in das Innere.
Alles geschah rasch und war tausendmal geübt.
Der Arzt stieg mit hinten in den Wagen ein. Bevor die Türen geschlossen wurden, rief er noch: »University Hospital!«
»Okay.« Der Fahrer des Wagens gab ein Handzeichen.
Dann setzte sich der Ambulanzwagen in Bewegung. Die Sirene begann zu heulen, das Signallicht rotierte.
Lara aber tauchte wieder weg. Auf ihrem Gesicht lag ein satanisches Lächeln. Sie hatte genug erfahren.
Wie sagte der Arzt noch? University Hospital. Das war das Ziel des Krankenwagens.
Und auch Laras Ziel. Schließlich kannte sie sich dort aus. Erst vor wenigen Wochen hatten sie dort einige Blutkonserven gestohlen. Und dabei waren sie von keinem gesehen worden…
***
John Sinclair rauchte Kette. Die Nervosität fraß in ihm wie eine starke Säure. Er befand sich allein im Warteraum des Krankenhauses und kam sich doch vor wie ein Gefangener.
Immer wieder mußte er an Marina Held denken. Sie war nach der Einlieferung auf die Intensivstation gebracht worden, und dort kämpfte ein Team von Ärzten um ihr Leben.
Der Blutaustausch war in vollem Gange. John hatte es von einer Nachtschwester
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