0001 - Im Nachtclub der Vampire
Firmament, und die Boeing schien haarscharf an ihr vorbeizuschweben.
John Sinclair hätte den Blick des Mädchens bemerkt und fragte: »Fliegen Sie zum erstenmal?«
»Nein, nein«, Marina drehte sich wieder um. »Es ist nur… fliegen ist für mich immer ein besonderes Erlebnis. Ich habe keine Angst mehr davor.«
»Brauchen Sie auch nicht. Runter kommen wir immer.«
Marina lachte. »Sie sind gut. Fragt sich nur wie.«
»Eben.«
Eine Stewardeß kam durch den Mittelgang und bot Getränke an.
»Möchten Sie irgend etwas trinken?« fragte John das Mädchen.
Marina schürzte die Lippen. »Vielleicht einen Orangensaft?« Der Geisterjäger nickte. »Okay, zwei Orangensaft.«
Marina und John prosteten sich zu. »Cheers, sagt man wohl in England«, meinte Marina.
»Stimmt genau. Sie wissen schon einiges.«
Sie tranken. »Aber noch nicht genug«, sagte Marina Held neckisch.
»Wieso?«
»Zum Beispiel weiß ich nicht, was Sie von Beruf sind, John?«
Der Oberinspektor hob die Schultern. »Ach, das ist eine komplizierte Geschichte…«
»Warten Sie. Lassen Sie mich raten, John. Sie sind Manager. Oder Schriftsteller. Ja, das wäre was. Bestsellerautor. Ich kann mir Sie so richtig vorstellen. Agentenromane, da sind Sie genau der Typ.«
John lachte und schlug die Hände gegeneinander. »Falsch«, sagte er. »Alles falsch.«
Marinas Gesicht zeigte Ratlosigkeit. »Jetzt sagen Sie nur noch, Sie sind Vertreter für Damenunterwäsche oder so…«, spöttelte sie.
»Nein. Ich bin Beamter.«
»Ach, du mein lieber Himmel.«
»Wieso?« fragte John, »ist das was Schlimmes?«
»Nein, nein, ganz und gar nicht. Nur – einen Beamten stellt man sich immer ganz anders vor. Viel strenger und korrekter. Nicht so leger. Mein Onkel war Beamter. Himmel, und auch noch beim Finanzamt. Wenn der zu uns gekommen ist, haben wir alle gezittert. Jetzt ist er pensioniert, und da zittert nur noch seine Frau.«
John Sinclair amüsierte sich köstlich über die erfrischende Art des Mädchens. Die Zeit verging buchstäblich wie im Fluge. Und als das Signal zum Anschnallen aufflammte, zog Marina ein enttäuschtes Gesicht.
»Schade«, sagte sie. »Jetzt lernt manmal einen netten Mann kennen, und schon ist es vorbei.«
»Nehmen Sie es nicht tragisch«, erwiderte John. »Vielleicht treffen wir uns irgendwann einmal. London ist gar nicht so groß.«
Die Maschine setzte zur Landung an. Sanft ließ der Pilot den Riesenvogel auf die Rollbahn gleiten. Noch einmal heulten die Triebwerke im Gegenschub auf, dann stand die Maschine.
Die Passagiere lösten ihre Gurte. Marina Held blieb auch noch bei John Sinclair, als sie das Flugzeug verließen. Sie war auf einmal gar nicht mehr redselig.
In der großen Abfertigungshalle nahmen sie das Gepäck entgegen. Marina hatte zwei Koffer, John Sinclair nur eine Reisetasche.
»Wissen Sie schon, wo Sie wohnen werden?« fragte John.
Das Mädchen aus Deutschland nickte. »Bei einer bekannten Familie. Die Leute wollen mich vom Flughafen abholen.«
»Na, dann wünsche ich Ihnen viel Glück und alles Gute für die Zukunft.« John Sinclair reichte Marina Held die Hand.
Das Mädchen drückte die Rechte des Geisterjägers, als wollte sie sie nie mehr loslassen.
Dann drehte sich Marina abrupt um und lief hastig davon. Die beiden Koffer schleiften über den Boden.
Eine nette Reisebekanntschaft, dachte John Sinclair. Er ahnte jedoch nicht, daß er Marina Held schon in allernächster Zeit unter schrecklichen Umständen wiedersehen sollte…
***
Am Ende des Tresens führte eine Tür in die Privaträume. Sie war durch einen Vorhang abgedeckt, der in der Mitte auseinanderklaffte.
Und da sah Ted Willard die Hand.
Sie glitt durch den Vorhangspalt. Die Haut schimmerte grünlich und schien von innen her zu leuchten. Die Fingerwaren gekrümmt, die langen Nägel spitz und scharf wie Messer.
Der Hand folgte ein nackter Arm, dessen Haut ebenfalls grünlich leuchtete. Dicke Muskelstränge traten deutlich hervor.
Ted Willard schüttelte den Kopf, als wollte er die Nebelschwaden aus seinem Gehirn vertreiben.
Der Name der Bar fiel ihm wieder ein.
»Shocking-Palace.« Sicher, Schock-Palast! Um Mitternacht sollte die Schau laufen. Eine Horrorschau. Kein Striptease, wie Ted Willard angenommen hatte.
Er wollte hinter die Bar gehen, doch er traute sich nicht. Irgendein unbestimmtes Gefühl warnte ihn. Er konnte nicht sagen, was es war, auf jeden Fall hatte Ted plötzlich Angst.
»Hallo, Teddy-Boy!«
Das war die Stimme der
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