0002 - Die Totenkopf-Insel
sich die Meute auf ihn stürzte. Die Piraten waren jetzt aus ihrer Erstarrung erwacht.
Der einäugige Kerl flog als erster auf ihn zu. Wild schwang er die Machete. Er hätte John mit einem einzigen Schlag halbiert. Doch der Geisterjäger zog die Beine an, traf die Brust des Piraten und katapultierte den Kerl über sich hinweg.
Schreiend fiel er ins Wasser, wo er keine Chance mehr hatte, dem Zerfall zu entgehen.
Schon bald schwamm ein zweites Skelett auf der Oberfläche.
Aber das bekam John nicht mit.
Die Übermacht war zu groß. Plötzlich legte sich eine lederne Schlinge um seinen Hals, die gnadenlos zugezogen wurde. Der Oberinspektor bäumte sich auf. Der Lederriemen schnürte ihm die Luft ab. Die Kerle hätten ihn eiskalt erwürgt, wenn der Captain nicht dazwischengefahren wäre.
»Haltet ein!« donnerte er. »Ich will den Mann lebend haben!«
Die Piraten gehorchten. Langsam lockerten sie die Schlinge. John Sinclair bekam wieder besser Luft. Dann legten die Piraten zwei Schlingen um seine Schultern. Mit einer primitiven Winde hievten sie ihn an Bord.
Dann stand er vor Captain Barrel, der sagenumwobenen Gestalt, die vor zwei Jahrhunderten gestorben war – jedenfalls hatte John das bis heute geglaubt.
Auch die Haut des Captains war seltsam durchsichtig. John sah die Knochen schimmern, Modergeruch umwehte ihn.
Zwei Piraten hielten John Sinclair an beiden Armen fest. Wieder spürte er die Kälte, die von diesen Wesen ausging. Nein, sie waren keine Menschen mehr, sondern Geschöpfe der Finsternis, die durch einen unglücklichen Umstand zu neuem teuflischem Leben verdammt waren.
»Ich bin Captain Barrel!« stellte sich der Mann in der blauen Uniform vor.
»Ich weiß«, erwiderte John.
Er und der Captain standen sich unter dem großen Topsegel gegenüber. Über einen Niedergang ging es in den Bauch des Schiffes. Auf einem Podest stand das riesige hölzerne Steuerrad, das von zwei Männern gehalten werden mußte.
»Du kennst mich?« fragte der Captain.
Er hatte eine laute befehlsgewohnte Stimme. Seine Lippen waren kaum zu erkennen. Sie waren noch bleicher als die Haut, und John wußte, daß der Captain und die übrigen Männer völlig blutleer waren.
»Du hast zwei meiner Männer getötet«, sagte der Captain, »und deshalb wirst du sterben!«
»Ich hatte keine andere Wahl!« Johns Gestalt straffte sich. »Ich mußte mich meiner Haut wehren!«
Der Captain schlug mit der Faust in seine flache Hand. »Niemand wehrt sich gegen mich und meine Mannschaft! Und niemand stellt sich gegen mich! Wer es dennoch tut, wird geköpft oder aufgehängt! Diese Nacht war vom Schicksal ausersehen, uns wieder unsere normale Gestalt zurückzugeben. Vier Leute fehlten noch, dann wäre unsere Mannschaft komplett gewesen. Wir hätten ihnen das Leben ausgesaugt, auch das der beiden Frauen. Dann wäre der Fluch des Maharadschas getilgt worden, und wir wären wieder frei gewesen. Aber du, du hast alles verhindert! Und dafür wirst du sterben. Nun müssen wir wieder sieben Jahre, sieben lange Jahre warten, bis der nächste schicksalshafte Tag anbricht. Und ob wir dann jemanden finden, der uns hilft, das weiß niemand. Bisher war es Basil Proctor. Er hat die Insel gekauft und sich einen Bunker gebaut. Wir hatten einen Handel vereinbart. Er hätte den Dämonenschatz und sein früheres Aussehen zurückbekommen, wir unsere Seelen, aber jetzt ist es vorbei. Er wird sich schrecklich an dir rächen wollen, doch diese Rache lasse ich mir nicht nehmen. Ich werde dich töten! An den Mast mit ihm!«
Der Captain hatte die Worte kaum ausgesprochen, da stürzten sich die Gestalten auf den Geisterjäger.
John Sinclair wehrte sich verbissen. Die ersten beiden Angreifer schmetterte er mit zwei brettharten Karateschlägen zu Boden. Doch die Geisterpiraten empfanden keinen Schmerz. Sie kamen sofort wieder auf die Beine.
Ein blondhaariger Hüne schlug mit einem Enterhaken nach John. Mit der rechten Hand wehrte der Geisterjäger den Schlag ab. Gleichzeitig fegte sein linker Fuß in den Leib des Geisterpiraten.
Der Blondhaarige wurde zurückgeschleudert. Dann zog jemand John Sinclair hinterrücks das Standbein weg. Und damit war für John der Kampf aus.
Unter Triumphgeschrei wurde er zum Mast geschleppt. Hart rissen sie ihm die Arme auf den Rücken, drehten sie um den Mast herum und banden ihm hinten die Handgelenke zusammen.
Captain Barrel stand nicht weit entfernt. Er hatte die Fäuste in die Hüften gestemmt und sah seiner Mannschaft zu. John
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