0002 - Die Totenkopf-Insel
auch das Leck, das der scharfe Felsen gerissen hatte.
Diesmal ging er mit gutem Beispiel voran und griff sich eine der noch intakten Ruderstangen.
Nathan Grey faßte die nächste.
Cliff Kelland ebenfalls eine.
Und irgendwie schafften es die Männer, das Boot wieder auf den richtigen Kurs zu bringen und in die kleine Bucht zu lenken.
Genau zu dem Zeitpunkt, als sich das Geisterschiff langsam aufzulösen begann.
Und auch das Beiboot verschwand.
»Seht doch!« brüllte Nathan Grey, »das Boot!«
Alle starrten auf den Bug der Barkasse.
In der Tat. Er verschwand.
Ungehindert überspülte das Meerwasser das sich immer mehr auflösende Boot.
Die Wellen schlugen über den Menschen zusammen. Doch diesmal hatten die Gefangenen Glück. Sie waren schon so nahe an die Insel herangekommen, daß sie festen Boden unter ihren Füßen spürten.
Sich an den Händen haltend, wateten sie an Land. Entkräftet und erschöpft taumelten sie auf den Bunker zu.
Der Weißhaarige wußte, wo das Vorratslager war. Sie fanden Lebensmittel in Hülle und Fülle. In manchen Augen schimmerten Tränen, als die Menschen nach den Sachen griffen.
Niemand von ihnen dachte an den Araber und an Captain Barrel, die sich ebenfalls noch auf der Insel befinden mußten.
***
John Sinclairs allmächtiger Gegner Asmodis, der Höllenfürst, hatte immer wieder versucht, das Leben des Geisterjägers auszulöschen. Es war ihm nicht gelungen. John Sinclair hatte sich bisher stets als der Stärkere erwiesen.
Dabei hatte Asmodis nie persönlich eingegriffen. Seit Urzeiten war er ins Reich der Finsternis verbannt worden, und dort herrschte er mit unvorstellbarer Grausamkeit.
Aber er hatte seine Diener.
Und die schickte er auf die Erde, um Angst und Schrecken zu verbreiten.
Diener wie Captain Barrel.
Er war zwar von einem mächtigen Dämon verflucht worden, doch Asmodis war stärker als der indische Dämon. Er hatte genau zu dem Zeitpunkt, als die Cornwall Love endgültig sank, den Fluch aufgehoben. Sekundenlang war der Fürst der Finsternis dem Captain erschienen und hatte seine Befehle erteilt.
»Du wirst John Sinclair töten! Der Fluch sei hiermit von dir genommen!«
Im gleichen Augenblick war das Schiff zusammengebrochen. Captain Barrel hatte gesehen, wie seine Mannschaft aufgelöst wurde, doch ihm persönlich war nichts geschehen. Er fand sich plötzlich im Wasser wieder.
Unverletzt!
Es machte ihm nichts aus.
Und er sah Ali, der in seinem Schlauchboot saß und hastig der Insel entgegenruderte.
Wie ein Geist tauchte der Captain neben dem Schlauchboot auf. Ali wäre fast das Paddel aus der Hand gefallen. Hastig griff er nach seiner Maschinenpistole, doch da schwang sich Barrel schon in das kleine Schlauchboot hinein.
Es schwankte zwar, aber es kippte nicht.
Mit der linken Hand drückte Barrel die Mündung zur Seite. Ali ließ es geschehen. Er wunderte sich selbst darüber.
Der Captain sah noch bleicher aus. Deutlich schimmerten jetzt unter der fast durchsichtigen Haut die Knochen. In den Augen lag ein gefährliches gelbes Flimmern.
»Du weißt, daß mir deine Waffe nichts anhaben kann«, sagte Barrel. »Der Satan selbst hat mich gestärkt. Ich mache dir einen Vorschlag. Arbeite mit mir zusammen!«
Ali fixierte den Unheimlichen.
»Entscheide dich! Aber schnell. Gleich geht die Sonne auf. Und ihr Licht ist für mich tödlich!«
Der Araber nickte.
»Kannst du nicht sprechen?«
Ali schüttelte den Kopf.
Captain Barrel lachte. »Aber du kannst mich verstehen?«
Wieder nickte Ali.
»Gut, dann hör zu.« Mit wenigen Worten erläuterte der Captain dem Araber seinen Plan. Während Ali ruderte, schärfte er ihm Einzelheiten ein, und der Araber war damit einverstanden, denn er brannte darauf, John Sinclair zu töten…
***
Das bleiche Skelett hing zwischen den Felsen. Wie ein drohendes Mahnmal für die Nachwelt.
John Sinclair sah es, als er aus dem Wasser stieg.
Er war erschöpft. Die Ereignisse der Nacht und jetzt noch eine solche Strecke zu schwimmen, das alles hatte ihn doch verflixt angestrengt.
Auf allen vieren kroch er auf den Strand. Jetzt sah er auch das Motorboot, mit dem Jerry Flint zur Insel gekommen war. Es war gut an den Klippen vertäut. Die Wellen klatschten gegen die Bordwand.
Der Himmel hatte sich im Osten schon heller gefärbt. Bald würde die Sonne aufgehen und mit ihren gleißenden Strahlen das Meer in eine spiegelnde Fläche verwandeln.
John kannte das Bild, und es faszinierte ihn immer wieder aufs neue. Heute jedoch
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