0002 - Ich stellte die große Falle
untereinander gekämpft. Ghose und Yersey hatten ein Unentschieden miteinander. Putty hatte den ›Panther‹ zum Anfang seiner Laufbahn k. o. geschlagen. Auch die Namen fremder Boxer tauchten in den vier Rekordlisten auf. Wenn man es sich bildlich vorstellte, so war es ein Knäuel von Fäden, das die vier Namen untereinander und mit einer Unzahl anderer Namen verband. Wir versuchten, dieses Knäuel aufzudröseln und aus den vielen Fäden den einen herauszufinden, an dem die vier Toten irgendwie hingen und der dann vielleicht der rote Faden dieser Morde werden konnte.
Glauben Sie nicht, daß das eine einfache Arbeit war. Wir legten lange Listen an. Wir versuchten uns sogar an einer grafischen Zeichnung, und wir beschäftigten uns an die zwanzig Stunden damit. Es wurde schon wieder Morgen, als wir den Namen fanden, den Namen des Mannes, der in allen vier Kampflisten vorkam: Cross Crower.
Unsere Müdigkeit, die bei der eintönigen Arbeit langsam von uns Besitz ergriffen hatte, verflog.
Cross Crower! Al Yersey hatte ihn vor rund drei Jahren in der vierten Runde ausgeknockt. Er befand sich damals schon auf dem absteigenden Ast, aber er gewann von Zeit zu Zeit noch einen Kampf. Von Goody Ghose war Crower etwas später in der ersten Runde umgepustet worden. Laraby Pat hatte ihn in zehn Runden zu einem Bündel verarbeitet, und Harlow Putty hatte ihn kalt und berechnend ausgeboxt. Wir gaben uns damit noch nicht zufrieden. Wir suchten weiter, aber dann stand das Ergebnis fest. Cross Crower war der einzige Mann in den Listen, der nicht nur gegen alle vier geboxt, sondern auch von allen vier geschlagen worden war.
Wir schoben den Papierwulst, den wir inzwischen fabriziert hatten, zur Seite. Phil schnippte seinen Zigarettenrest in den überquellenden Aschenbecher. Er stand auf, um das Fenster zu öffnen. Das Grau des New Yorker Morgens quoll ins Zimmer. Ich löschte die Tischlampe.
»Cross Crower«, wiederholte Phil den Namen für sich und kam vom Fenster zurück. »Kennst du den Namen?«
»Nie gehört. Scheint keine große Leuchte in seinem Fach gewesen zu sein.«
»Sein letzter Kampf liegt mehr als zweieinhalb Jahre zurück.«
»Er kann gegen andere Leute im Ring gestanden haben«, warf ich ein.
»Hältst du es für möglich, daß diese Morde aus Rache begangen worden sind? Weil Cross Crower sportliche Wettkämpfe verlor?«
»Ich weiß nicht. Es ist ein Name, der vielleicht eine Beziehung, eine Spur bedeutet«, antwortete ich.
Um was über Cross Crower zu erfahren gingen wir zum Chefredakteur von ›Ring frei‹. Er wollte natürlich wissen, was wir vorhätten, aber wir sagten kein Wort. Das machte ihn wütend. Schweigend blätterte er in seinen Unterlagen.
Dann blickte er auf, überrascht und höhnisch zugleich.
»Ich sehe«, sagte er, »Cross hat zu Lebzeiten gegen die vier gekämpft und verloren. Sie vermuten, er sei der Täter. Aus Rache, nicht wahr?«
»Können wir die Unterlagen haben?« fragte ich.
Er klappte den Ordner zusammen, schob ihn uns über den Schreibtisch zu. Jetzt grinste er.
»Wahrscheinlich werden Sie ihn jetzt vernehmen wollen, nicht wahr? Viel Erfolg, meine Herren. Viel Erfolg.«
Wir standen auf und gingen zur Tür.
Er sprach immer noch. »Wundern Sie sich nicht, daß ich Sie nicht bitte, bei der Vernehmung dabeizusein? Wäre doch ein gefundenes Fressen für einen Reporter. Nun, ich verzichte darauf. — Warten Sie, ich gebe Ihnen seine augenblickliche Adresse an. — Gehen Sie zum Michigan-Friedhof. Dort finden Sie ihn, aber ich fürchte, er wird auf Ihre Fragen nicht antworten.«
Bums, wir standen an der Tür wie angenagelt.
»Cross Crower kam vor etwas mehr als zwei Jahren bei einem Autounfall ums Leben«, beendete der Redakteur seinen höhnischen Speech.
Ich behielt meine Ruhe. Ich ging nur auf den Schreibtisch zu und sagte freundlich: »Danke für die Auskunft. Und bitte, lassen Sie es sich nicht einfallen, jetzt einen großen Artikel zu starten, vielleicht mit der Überschrift: Polizei verdächtigt toten Boxer der ›Boxer-Morde!‹ Ha, ha, ha! Ich könnte sonst mal Boxer mit Ihnen spielen. Auf Wiedersehen.«
Wir setzten uns an die Bar des nächsten Drugstore und blätterten in der Archivakte. Es war eine ganze Sammlung aller Artikel, die je über Cross Crower geschrieben wurden, dazu sein Lebenslauf und eine Anzahl von Bildern. Er schien ein netter blonder Junge gewesen zu sein, dem es nicht leichtfiel, für die Bilder das übliche bärbeißige Boxergesicht zu
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