0002 - Ich stellte die große Falle
aktiver Mann war, brachte die Presse auf den Plan, und natürlich gruben sie bei dieser Gelegenheit auch die beiden früheren Verbrechen aus und machten einen Aufwasch davon.
Na, es war nicht sehr freundlich, was die Polizei an Seitenhieben abbekam. Die Zeitungen verstiegen sich zu den verquertesten Behauptungen und Vermutungen. Sie stellten Theorien auf, die einfach zum Brüllen waren. ›Evening Star‹, ein bekanntes Revolverblatt, verdächtigte allen Ernstes eine Gruppe von Senatoren, die sich verschiedentlich für ein Boxverbot an den Schulen ausgesprochen hatte, sie habe den Mörder gedungen, um diesen Sport in unserem Lande abzuwürgen.
›Ring frei‹, eine Sportzeitung, die einen großen Teil ihrer Seiten dem Boxen widmete, wurde sogar pathetisch und schrieb:
Die Polizei läßt zu, daß ein Mann oder mehrere Männer, jedenfalls irgendwer, der das Boxen haßt, die sportliche Blüte der Nation vernichtet.
Nun waren zwar Yersey und Ghose zeitweise ganz gute Boxer gewesen, aber den heruntergekommenen ›Panther‹ Al und den dick gewordenen Färbereibesitzer Goody als sportliche ›Blüte der Nation‹ zu bezeichnen, war ein Witz.
Es gab auch Zeitungen, die vernünftig schrieben und andeuteten, man solle die Ursache dieser Morde beim Boxen selbst und bei den Geschäften, die von den Drahtziehern mit dem Boxen und den Bossen gemacht werden, suchen. Leider wußten auch sie nichts Genaues oder drückten sich aus Angst nicht genauer aus.
Vor wenigen Tagen aber ging ihnen allen, der Polizei, der Presse und allen Leuten, die je in einem Ring gestanden hatten, der Hut hoch, denn es geschah der vierte Mord, und wieder war das Opfer ein Boxer: Harlow Putty, Mittelgewicht, ein verschlossener sehniger Bursche, der das Boxen aufgeben mußte, als vor einem Jahr die Ärzte seine Fingerknöchel, die er sich gebrochen hatte, nicht wieder richtig zusammenflicken konnten. Seitdem war er Bankangestellter, und mit der gleichen verbissenen Verschlossenheit, mit der er im Ring seine Gegner zermürbt hatte, kniete er sich in seinen neuen Job, und es sah ganz so aus, als würde er es auch darin zu etwas bringen.
Harlow Putty wurde in seiner Wohnung gefunden. Er lag in seinem Bett, und sein Gesicht war sehr entstellt. Putty wohnte in einem Apartmenthaus, verfügte über zwei Zimmer mit Kochnische und Bad und pflegte bei offenem Fenster zu schlafen. Durch das offene Fenster war der Mörder gekommen. Es gibt eine polizeiliche Anordnung in New York, nach der alle Zimmer eines Hauses einen Notweg zur Feuerleiter an der Rückfront haben müssen. Diese Anordnung hat den Kollegen vom Einbruch- und Morddezernat schon viele Sorgen bereitet, denn bei über fünfundzwanzig Prozent aller Verbrechen, die innerhalb einer Wohnung geschehen, sind der oder die Täter über die Feuerleiter eingedrungen. Über diesen bequemen Weg kam auch der Mörder Harlow Puttys, und auf die gleiche Weise verließ er den Tatort. Die Rückfront des Apartmenthauses blickte auf ein noch unbebautes Gelände, so daß er von hier Entdeckung kaum zu fürchten hatte.
Obwohl sich die Morde alle in New York oder in der nächsten Umgebung abgespielt hatten, ging nach der Tat an Harlow eine Welle von Erregung durch ganz Amerika. Der City Police wurde die ganze Sache zu haarig, und sie fragte höflich an, ob diese Verbrechen, mit deren Ausdehnung auf die Staaten man ja rechnen mußte, nicht eine Sache für das FBI, die Bundespolizei, sei.
Washington informierte den Chef des New Yorker Hauptquartiers, Mr. High, meinen Chef, daß er die Aufklärung der Boxer-Morde zu übernehmen habe. Die Mordkommission der Stadtpolizei lieferte Akten und Beweisstücke bei uns ab, Mr. High führte eine freundliche Unterredung mit Phil Decker und mir, und damit hatten wir die Boxer-Morde in den Händen oder, genauer gesagt, am Hals. Natürlich war uns die ganze Sache nicht gerade neu.
Phil und ich zogen uns mit den Aktenstößen in meine Wohnung zurück. Mr. High hatte uns den ganzen Nachmittag gegeben, und wir machten uns einen gemütlichen Abend damit.
Wir lasen jede Zeile und jedes Wort genau. Wir studierten die Fotos und bemühten uns, jede Einzelheit dem Gedächtnis einzuprägen. Dann tauschten wir die Unterlagen aus und lasen weitere zwei Stunden, nur ab und zu einen Schluck Whisky nehmend oder eine Zigarette rauchend.
Phil ließ als erster die Akte sinken.
»Fertig?« fragte er.
»’ne halbe Seite noch.«
Er steckte sich eine neue Zigarette an und wartete, bis auch ich die Akte
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