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0005 - Der Scharfrichter

0005 - Der Scharfrichter

Titel: 0005 - Der Scharfrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Friedrichs
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es zwei Stockwerke. Überdies ein Portal, dessen verwitterte Marmorsäulen zu Lebzeiten der Grafenfamilie den einzigen äußeren Schmuck von Llangurig Castle dargestellt haben mochten.
    Als Zamorra durch den mächtigen Torbogen trat, hallten seine Schritte durch den menschenleeren Burghof.
    Dennoch wußte er, daß er beobachtet wurde. Die Fenster im Hauptgebäude gähnten schwarz und ohne Vorhänge. Zamorra spürte die unsichtbaren Augen, die ihm von irgendwo dort folgten.
    Es kümmerte ihn nicht. Je mehr die Polizeibeamten im dunkeln tappten, desto mehr Mißtrauen mußten sie gegenüber jedem an den Tag legen, der sich für Llangurig Castle interessierte.
    Ein Schild neben dem Portal zeigte an, daß das Burgmuseum noch bis sechs Uhr geöffnet war.
    Zamorra packte die stählerne Klinke und drückte die Tür nach innen. Trübes Halbdunkel empfing ihn. Dazu der unverwechselbare muffige Geruch von Vergangenheit, wie er allen Orten dieser Art anhaftete.
    Zwei Männer tauchten aus den Nischen neben dem Eingang auf.
    Zamorra war sicher, daß sie eben noch am Fenster gestanden hatten. Beide trugen sie Zivil. Doch ihre prüfenden, abschätzenden Blicke, ihre Haltung und das betont unauffällige Grau ihrer Kleidung machten ihren Beruf deutlich, als wäre er ihnen ins Gesicht geschrieben.
    »Sie wünschen, Sir?« fragte der ältere der beiden in hartem, kehligem Englisch.
    Unaufgefordert zog Zamorra seinen Paß aus dem Jackett und reichte ihn den Beamten.
    »Ich möchte mir das Museum ansehen«, erklärte er dazu, »mehr nicht, Gentlemen.«
    Während der ältere Beamte seinen Paß eingehend studierte, behielt ihn der andere im Auge.
    Zamorra wartete geduldig und nutzte die Zeit, um die Halle in Augenschein zu nehmen. Im Hintergrund staken elektrische Kerzen in gußeisernen Wandhalterungen. Aber das Licht reichte nicht aus, um den ganzen, etwa hundert Quadratmeter großen Raum zu erhellen. Teppichbahnen lagen auf den unebenen Steinplatten des Bodens und markierten die Wege, die die Museumsbesucher zu benutzen hatten.
    In der Mitte der Halle führte eine breite Holztreppe zum Obergeschoß hinauf. Nur schwach waren die Türen zu erkennen, die sich zu beiden Seiten in der Dunkelheit hinter dem Treppenaufgang befanden. Weitere Türen aus fast schwarzem Eichenholz gab es an den beiden Querwänden. Bis auf einen Tisch und einen Stuhl links vom Eingang war die Halle ohne jedes Mobiliar. Auf dem Tisch stapelten sich farbige Ansichtspostkarten und Prospekte.
    »Sie sind Staatsbürger der USA, Sir?« erkundigte sich der ältere Beamte, als er den Paß zurückgab.
    Zamorra spürte wieder die prüfenden Blicke beider Augenpaare.
    »Wie es im Paß steht«, antwortete er und konnte sich ein feines Lächeln nicht verkneifen. Er verzichtete darauf, Erklärungen über seinen neuen Wohnsitz in Frankreich abzugeben. Dazu bestand kein Anlaß.
    »Haben Sie ein besonderes Interesse an Llangurig Castle?« Der Jüngere war es, der diese Frage stellte.
    »Selbstverständlich«, entgegnete Zamorra freimütig, »die Zeitungsberichte der vergangenen Tage dürften Ihnen nicht unbekannt sein. Ich interessiere mich für das Richtschwert und alles, was damit zusammenhängt.«
    »Weshalb?« kam sofort die neue Frage.
    Zamorra lächelte wieder.
    »Ich bin Wissenschaftler, Gentleman, Parapsychologie, genau gesagt.«
    »Spukgeschichten?« knurrte der Ältere. »Da sind Sie hier am falschen Platz, Sir!«
    Zamorra ließ sich nicht beirren. Im übrigen hatte er weder Zeit noch Lust, die Daseinsberechtigung seiner wissenschaftlichen Arbeit zu beweisen.
    »Ist das Museum geschlossen?« erkundigte er sich kurz angebunden.
    Wieder sahen sich die beiden Beamten an. Der Jüngere zuckte die Schultern.
    »Nein«, sagte der andere gleichgültig, »Sie haben noch eine halbe Stunde Zeit, Sir. Und damit Sie nicht lange zu suchen brauchen: Das Richtschwert finden Sie oben in Raum C.«
    Zamorra zog überrascht die Augenbrauen hoch.
    »Ich hatte nicht damit gerechnet, es hier zu finden. Ich dachte mehr an das Zubehör…«
    »Das Schwert befindet sich an seinem ursprünglichen Platz«, unterbrach ihn der Beamte schroff, »wir haben unsere Gründe.«
    Zamorra nickte den Männern zu. Sie schienen das Interesse an ihm verloren zu haben. Er begann die flachen Treppenstufen hinaufzusteigen. Ihm war klar, weshalb die Polizei das Richtschwert weiter im Museum aufbewahrte. Drei Menschen waren damit umgebracht worden, ohne daß man sich erklären konnte, wie die furchtbare Waffe aus

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