0008 - Der Werwolf
den etwas zu kurzen, dicken Beinen, doch das störte hier keinen.
Als die Tür aufging, hoben die Männer von Scotland Yard den Kopf wie auf Kommando.
Inspektor McNee trat ein. Er steuerte sofort auf den Tisch seiner beiden Männer zu und setzte sich zu ihnen.
»Was gibt’s?« fragte er.
»Rachel ist immer noch Strohwitwe«, antwortete einer der beiden Männer. Es war ein baumlanger Kerl mit Igelfrisur.
»Weiß sie, daß ihr ihretwegen hier seid?« wollte McNee wissen.
»Natürlich nicht, Sir. Sie weiß nicht mal, auf wessen Lohnliste wir stehen.«
Horace McNee nickte.
»Gut.« Er schaute auf seine Uhr. Der Kellner kam träge an den Tisch. McNee bestellte ein Bier und bekam es lange nicht. Als der Kellner endlich das Glas brachte, hatte sich der Schaum gesetzt, und das Glas war nur noch halb voll. McNee schickte den Mann zurück und ließ ihn das Glas anfüllen.
Die dicken Rauchschwaden, die an der Decke hingen und langsam durch das Lokal zogen, legten sich auf McNees Lungen und ließen ihn bellend husten.
Er trank das Bier auf einen Zug aus, bestellte aber kein zweites mehr, weil zu befürchten war, daß er dieses erst kurz vor Betriebsschluß bekommen würde.
Mehrmals ging die Tür auf.
Leute kamen und gingen.
Betrunkene schauten nur kurz herein und verzogen sich gleich wieder, als sie sahen, wie voll die Bar schon war.
Die Stripperinnen wechselten auf der Bühne. Dazwischen traten Akrobaten auf, die keiner beachtete. Zwei Männer sangen Gassenhauer im Duett. Sie sangen schlecht und ernteten statt Beifall Schimpfworte.
Wieder ging die Eingangstür auf.
»Procter!« stieß Inspektor McNee hervor. Er zuckte wie elektrisiert zusammen.
Seine Männer spritzten hoch.
Procter sah sie. Er hatte die Bar noch nicht betreten. Rachel Stein hatte sich lächelnd in seine Richtung gewandt. Er kümmerte sich nicht um sie, wirbelte herum und verschwand.
Die Detektive jagten hinter ihm her.
Sie sprangen auf die Straße hinaus.
»Dort läuft er!« schrie der mit der Igelfrisur.
»Hinterher!« keuchte der andere aufgeregt.
McNee folgte ihnen.
Der häßliche Procter flitzte um die nächste Ecke. Die Straße war dunkel. Man hörte nur noch seine hallenden Schritte.
Die Männer zogen ihre Pistolen und nahmen die Verfolgung auf.
Wieselflink kamen sie um die Ecke.
Plötzlich peitschte ein Schuß.
Die Kugel verfehlte den Mann mit der Igelfrisur nur um wenige Millimeter. Blitzschnell ließ er sich fallen.
Der andere eröffnete sofort das Feuer. Er zielte dorthin, wo der Mündungsblitz aufgeflammt war, doch Procter hatte inzwischen seine Position reaktionsschnell geändert.
McNee kam angekeucht. Auch er hatte seine Pistole in der Faust und schaltete sich nun mit kräftiger Stimme in das Geschehen ein.
»Geben Sie auf, Procter! Es hat keinen Zweck mehr! Werfen Sie die Waffe weg, und kommen Sie mit erhobenen Händen zu uns!«
Procter antwortete mit einem zornigen Gelächter und mit zwei Schüssen.
Trotzdem waren McNee und seine beiden Männer nicht zu stoppen.
Sie trieben den Häßlichen in dieser finsteren Sackstraße systematisch in die Enge. Hier gab es für den Ganoven kein Entkommen mehr.
An drei Seiten ragten hohe Mauern auf. Und der einzige Fluchtweg war von drei bewaffneten Yard-Beamten verstellt.
Immer weiter wich Procter in die Dunkelheit zurück. Er feuerte mehrmals, brachte sich aber nach jedem Schuß sofort in Sicherheit.
Es war ein Rätsel, wie er so schnell nachladen konnte. In der Beziehung schien er ein großes Talent zu sein.
Verbissen näherte sich McNee mit seinen Männern der Stelle, wo Procter hinter einer großen Mülltonne hockte.
»Nehmen Sie doch Vernunft an, Procter!« rief der Inspektor, während er angestrengt auf jedes Geräusch horchte, das aus Procters Richtung kam.
Horace McNees Stimme trieb den Verbrecher zur Weißglut. Aufgeben kam für ihn nicht in Frage. Lieber wollte er krepieren. Und wenn er schon krepieren mußte, dann wollte er den verhaßten Inspektor auf jeden Fall mitnehmen.
Er spannte die Muskeln und wartete den optimalen Zeitpunkt ab.
Dann katapultierte er sich mit einem wilden Schrei aus seinem Versteck.
Blindlings schoß er um sich. Er versuchte sich den Fluchtweg freizuschießen, und es gelang ihm. Die Polizisten wichen zur Seite aus, um sich vor seinen Kugeln in Sicherheit zu bringen.
Der Weg war frei.
Procter hetzte los.
Da schnellte McNee schnaubend hoch.
»Procter!« brüllte der Inspektor hinter dem Gangster her. »Bleiben Sie
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