0008 - Der Werwolf
verließ ihr Zimmer, nachdem sie die Kriegsbemalung dick genug aufgetragen hatte, um ein wenig frivol auszusehen.
Auch mit Parfüm hatte sie nicht gespart.
Sie stand unschlüssig vor der Tür. Was sollte sie tun? Sie wollte nicht warten, bis jemand sie holte. Sie hatte Hunger und wollte ein Frühstück haben.
Ratlos schaute sie auf die anderen Türen.
Was war mit den Mädchen los? Wieso rührten sie sich immer noch nicht?
Daß Ruth, Jill, Jacqueline und Jennifer immer noch schliefen, konnte Nicole jetzt nicht mehr glauben.
Sie fand die Stille im Haus eigenartig und besorgniserregend.
Einen Moment verspürte sie den Wunsch, an die Türen zu klopfen, doch dann kam sie davon ab.
Langsam ging sie die Treppe hinunter.
Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee schwebte ihr entgegen.
Das ließ ihren Hunger wachsen und ihre Besorgnis schrumpfen.
Nachdem sie das untere Ende der Treppe erreicht hatte, wandte sie sich nach rechts. Die Tür des Speisezimmers stand offen.
An der langen grünen Tafel saß niemand außer Raffael Hathaway.
Es war auch nur für Hathaway und für eine zweite Person gedeckt.
Als der Mann Nicole sah, lächelte er und rief: »Guten Morgen, Peggy. Gut geschlafen?«
Zögernd betrat Nicole Duval das Speisezimmer. Was hatte das alles zu bedeuten? Oben war kein Laut zu hören. Hier unten war nur für zwei Personen gedeckt.
»Wunderbar habe ich geschlafen«, log sie.
Raffael Hathaway wies mit einem einladenden Lächeln auf den Platz zu seiner Linken.
»Du hast sicher Hunger. Es ist alles vorbereitet.«
Der Frühstückstisch war reichlich gedeckt. Langsam ließ sich Nicole auf den Stuhl neben Raffael Hathaway nieder.
»Greif zu!« wurde sie von Hathaway aufgefordert. »Was möchtest du haben? Kaffee? Tee? Kakao?«
»Kaffee«, sagte Nicole. Ihre Stimme klang heiser.
Er goß den Kaffee in ihre Schale.
»Viel Milch? Wenig Milch?«
»Wenig.«
»Zucker?«
»Ja, bitte.«
»Sag mir, wenn es genug ist.«
Beim zweiten Löffel sagte sie: »Genug.«
Er drängte sie, sich vom Fleisch, von der Wurst oder vom Käse zu nehmen. Obwohl sie großen Hunger verspürte, wußte sie, daß sie im Moment keinen Bissen hinuntergebracht hätte. Die Angst schnürte ihre Kehle zu. Sie war froh, den Kaffe trinken zu können.
Beinahe sah es so aus, als wollte sie sich hinter der Porzellanschale verstecken.
Hathaway sah sie nicht oft an.
Doch wenn er sie ansah, dann hatte er immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen.
Nicole wußte nicht zu sagen, warum sie dieses Lächeln noch mehr beunruhigte. Sie fragte sich, ob Hathaway gestern nacht etwas gemerkt hatte. Wußte er, daß sie ihn und Jack Procter belauscht hatte?
Sie verlangte noch einen Kaffee, und er goß bereitwillig ein.
Verstohlen schaute sie auf ihre Uhr.
Das war doch nicht möglich!
Ruth, Jill, Jacqueline und Jennifer ließen sich immer noch nicht blicken.
Das steigerte Nicoles Unbehagen ins Unermeßliche.
»Warum ißt du nichts?« fragte Hathaway und langte selbst kräftig zu.
»Ich habe keinen Appetit«, log Nicole.
»Keinen Appetit?« Hathaway lachte. »Kann ich nicht verstehen. Du hast doch die ganze Nacht keinen Bissen gegessen.«
»Da habe ich ja geschlafen.«
»Achtest wohl sehr streng auf deine Linie, was?«
»Ja.«
Hathaway nickte.
»Bist hervorragend gebaut, Mädchen. Wirklich. Wie war doch gleich dein Name?«
»Peggy!« sagte sie schnell. »Peggy French!«
»Ach ja.« Hathaway lachte mit vollem Mund. »Als du vorhin die Treppe herunterkamst, wußte ich deinen Namen noch.«
Nicole schaute Hathaway an, als er sich seinem Schinkenbrot widmete.
Wehte daher der Wind? Wußte er, daß sie nicht von ›Sweetheart‹ geschickt worden war?
»Wo sind die anderen?« preßte Zamorras Sekretärin nach einer Weile hervor.
»Wie?«
»Die anderen Mädchen: Ruth, Jill, Jacqueline und Jennifer. Wo sind sie?«
»Die habe ich fortgeschickt.«
Etwas strich Nicole Duval eiskalt über den Rücken. Was hatte das zu bedeuten?
Raffael Hathaway griente.
»Ich will den heutigen Tag mit dir allein verbringen, Baby. Die anderen Girls waren zwar Masse, da gibt es überhaupt nichts zu sagen. Aber du bist Spitze. Deshalb habe ich die anderen nach Hause geschickt. Ich bin davon überzeugt, daß du mich deine Kolleginnen vergessen läßt.« Er lachte. »Möchtest du nicht doch noch etwas essen, bevor wir uns ins Vergnügen stürzen, Peggy?«
Nicole schüttelte heftig den Kopf.
»Ich esse morgens nie etwas.«
Sie fühlte sich nicht gut. Die Aufregung
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