0008 - Die Venusbasis
wenn ihr fünfzig Meter über den Baumkronen fliegt!"
„Sie sitzen mitten im Gebirge, und bei der Anzahl von Bergen, die es im Norden gibt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, daß sie in unserer Richtung mindestens einen Gipfel vor der Nase haben, der ihnen die Sicht und die Ortung verbaut."
Rhodan drehte sich zur Seite und sah Bull von unten herauf an. „Daß sie ihre Ortungsanlage des besseren Überblicks halber gerade auf den höchsten Gipfel gesetzt haben, hältst du für unmöglich, wie?"
„N nein, das nicht gerade; aber..."
Er blieb mitten im Satz stecken.
„Wir werden es zu merken bekommen", sagte Rhodan. „Der liebe Gott sei dir gnädig, wenn du unseren Standort verraten hast!"
Ein paar Minuten lang war Bull recht kleinlaut. Dann meinte er: „Ich denke, wenn sie wüßten, wo wir liegen, hätten sie uns schon beschossen." Rhodan zuckte mit den Schultern. „Vielleicht!"
*
Kurz nach hundertneunzig Uhr kam die Dämmerung und mit ihr eine Armee von Stürmen. Rhodan hatte die wichtigsten Chronometer des Schiffes mit Zifferblättern versehen lassen, die auf die Achsdrehung der Venus eingerichtet waren. Ein Tag hatte zweihundertvierzig Venussstunden, wobei sich eine Venustunde nur um etwa fünfzehn Sekunden von einer irdischen unterschied.
Rhodan hatte sich schließlich doch dazu entschlossen, den Stoßtrupp noch eine Weile an Bord zu behalten und zunächst die nähere Umgebung zu erkunden, damit für das Vordringen durch den Dschungel die entsprechenden Geräte ausgesucht werden konnten. Vor allen Dingen wollte er warten, bis er sicher war, daß Bulls leichtsinniges Vorgehen den Gegner nicht aufmerksam gemacht hatte. Das nämlich würde bedeuten, daß sie die arkonidischen Transportanzüge nicht mehr verwenden könnten - wenigstens nicht zum Flug über den Baumkronen. Darunter aber waren sie sowieso nutzlos. Der Dschungel des Polarkontinents ließ niemandem die Möglichkeit zum Fliegen.
Schließlich hatte Rhodan Wachen eingerichtet. Wenigstens ein Mann, der mit den Such- und Wachgeräten der GOOD HOPE umzugehen verstand, sollte sich jeweils im Zentralraum aufhalten. Im Notfall war es nicht damit getan, daß sie auf das Heulen der Warnsirene hin erst von weit entfernten Räumen herbeigelaufen kamen, um sich gegen einen Angreifer zu wehren.
Außerdem hatte jeder Wachtposten die Pflicht, wichtige Beobachtungen auf Band zu sprechen - ob sie nun mit der Aufgabe der Expedition in Zusammenhang standen oder nicht. Jeder Hinweis - auch über Tierbeobachtungen oder andere Vorgänge in der Natur - wurde wichtig, sobald er dazu diente, Informationen über die Umwelt zu liefern.
Rhodan selbst übernahm die erste Wache von einhunderteinundneunzig bis einhundertdreiundneunzig Uhr. Er löschte das Licht im Zentralraum, in dem sich außer ihm um diese Zeit niemand mehr befand, und ließ eine optische Rundsichtsonde bis über den Rand des Kraters hinaufsteigen, damit er die Umgebung beobachten konnte.
Der Sturm tobte mit unvorstellbarer Gewalt durch die trübe Dämmerung. Der Sturm kam aus Osten, aus der Nacht heraus. Mit einer aerodynamischen Sonde maß Rhodan Windgeschwindigkeiten von dreihundertfünfzig Stundenkilometern, also weniger als in der bodenfernen Atmosphäre.
Gegen einhundertzweiundneunzig Uhr war es vollständig finster geworden, so, daß Rhodan die optische Sonde auf Ultrarot-Betrieb umschalten mußte. Damit verscherzte er sich die Farbechtheit der Bilder auf dem Empfängerschirm. Die Ultrarotstrahlen zeichneten weiß auf schwarzem Grund. Eine halbe Stunde später begann der Sturm abzuebben.
In der Nähe erschien über dem geschlossenen Blätterdach der schlangen-ähnliche Hals eines saurierähnlichen Geschöpfs. Der Hals mit dem winzig kleinen Kopf bewegte sich pendelnd. Wahrscheinlich versuchte das Tier, sich nach dem Sturm zu orientieren. Rhodan beobachtete aufmerksam, wie lange es dazu brauchte. Bulls Hinweis hatte offenbar seine Richtigkeit: Die Tiere waren alles andere als intelligent. Rhodan sprach auf Band: „Saurier-ähnliches Wesen, Kopf bei ausgestrecktem Hals etwa fünf bis sechs Meter über dem Blätterdach, braucht zehn Minuten, um sich in völlig übersichtlicher Umgebung zu orientieren."
Es war gut, das zu wissen. Solche Beobachtungen ersparten es dem Stoß-trupp, um jeden Saurier einen großen Umweg zu machen. Wahrscheinlich konnte man ihm zwischen den Beinen hindurchkriechen, ohne, daß er etwas davon bemerkte. Plötzlich hörte Rhodan hinter sich ein Geräusch. Er
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