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0009 - Der Hexenmeister

0009 - Der Hexenmeister

Titel: 0009 - Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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Hand, gekrümmt wie eine Vogelklaue, verdorrt und blutleer, schoß vor, krallte sich in das Hemd des Amerikaners.
    Reißzähne glitzerten im Licht der Kerzen. Die Flammen tanzten einen gespenstischen Reigen, obgleich hier unten kein Luftzug herrschte.
    Der Alte kam langsam hoch. Seine Reißer näherten sich Bill Fleming.
    Mit letzter Kraft riß sich der Amerikaner los und wandte sich zur Flucht. Diese Handlung entsprang nicht der klaren Überlegung, bedroht zu sein, um das eigene Leben fürchten zu müssen, sondern allein einem Instinkt, dem Willen zum Überleben.
    Die unheimliche Gemeinde verstellte dem Flüchtling den Weg.
    Knochenhände grapschten nach ihm. Fleischlose Körper warfen sich ihm in den Weg.
    Halb wahnsinnig vor Angst, bahnte sich der baumlange Amerikaner seinen Weg. Er jagte Richtung Ausgang und erreichte glücklich den Gang, der zu jenem Wasserloch führte, das so gekonnt den Zugang zu dem unterirdischen Tempel versperrte.
    Hinter Bill Fleming herrschte plötzlich Totenstille. Niemand verfolgte ihn. Und dann erklang ein leises, beschwörendes Murmeln.
    Bill Fleming achtete nicht weiter darauf.
    Er hatte nur einen Wunsch: so schnell wie möglich ins Freie zu gelangen, sich in Sicherheit zu bringen. Die eine Brandwunde genügte ihm. Er mußte an den Studenten denken. Dieser arme Kerl hatte der unterirdischen Meute nicht entkommen können.
    Fast hatte Bill Fleming sein Ziel erreicht, da wuchs eine Hecke vor ihm auf. Sie schien aus Tausenden von Nesselfäden zu bestehen und war blutrot. Sie wogte hin und her, versperrte ihm den Fluchtweg und vereitelte sein Entkommen. Er war gefangen wie ein Tier.
    Wieder und wieder rannte Bill Fleming gegen die lebende Hecke an. Sie war weich wie das Fell eines Tieres. Und doch hielt sie stand.
    Sie schloß sich immer wieder zu einem wogenden Ganzen, erneuerte sich auf rätselhafte Weise.
    Es gab kein Durchkommen!
    Und dann kam Manasse, der Seher der ›Loge der Verzehrenden Wahrheit‹. In der Hand hielt er den magischen Stab, der am oberen Ende gebogen war und vor Edelsteinen funkelte.
    Bill Fleming erkannte den Alten, der auf so merkwürdige Art wieder zum Leben erwacht war und den Katafalk verlassen hatte.
    Die grünen Augen des Greises schillerten wie die eines Krokodils, funkelten tückisch. Das scharfe Gesicht verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. Die ringgeschmückte Rechte des alten Mannes strich über den wallenden Bart.
    Langsam wandte sich Bill Fleming um.
    In seinem Rücken wogte die rätselhafte Hecke, die ihn nicht durchließ. Von vorn näherte sich Manasse.
    Der Amerikaner starrte auf die lasterhafte Fratze des Alten.
    Bill Fleming konnte sich plötzlich nicht mehr bewegen. Seine Beine waren schwer wie Blei. Er sank zurück und lehnte mit dem Rücken an der kalten Steinwand.
    Manasse, gefolgt von seiner klapperdürren Horde von Anbetern, kam wie der Sieger auf ein Opfer zu.
    Der Alte blieb vor dem Amerikaner stehen, schaute ihn stumm an.
    Nur in seinen unergründlichen tückischen Augen wetterleuchtete der Triumph.
    Manasse berührte Bill Flemings Stirn. Er führte blitzschnell ein paar magische Zeichen aus.
    Bill Fleming zuckte unter dem Schmerz zusammen. Er hatte das Gefühl, sein Schädel würde ohne Narkose zerschnitten.
    Die knochige Hand des Alten sichelte durch die Luft, vollführte magische Kreise und Linien.
    Wieder erklang diese aufreizende, unerträgliche Sphärenmusik, die sämtliche Innereien vibrieren ließ.
    Bill Fleming hatte nie gewußt, daß Musik töten konnte. Er ging langsam in die Knie, kippte nach vorn und landete auf dem Gesicht, lang ausgestreckt.
    Manasse winkte lässig.
    Vier der Kapuzenmänner sprangen hinzu. Sie hoben mühelos den schweren baumlangen Amerikaner auf und trugen ihn zurück.
    Haltlos baumelte Bill Flemings Kopf hin und her…
    ***
    »Wo ist Mr. Fleming?« fragte Nicole Duval entgeistert.
    Sie hatte mehrmals an der Zimmertür ihres Begleiters geklopft, ohne Antwort zu erhalten. Dann hatte sie das Zimmer betreten. Bill war nicht da. Noch nicht mal sein Bett war benutzt worden.
    »Er ist hinaufgegangen, Mademoiselle«, erwiderte Armand, der Wirt.
    Wie ein Schatten war er aufgetaucht. Sein einäugiges Brigantengesicht verzog sich zu einem wissenden Lächeln.
    Am hellen Tag wirkte Armand noch weniger vertrauenerweckend als sonst.
    Armands Kleider waren fleckig. Seine Fingernägel wiesen schwarze Trauerränder auf. Die Schuhe konnte er seit Jahren nicht mehr geputzt haben. Der Stahlhaken, der ihm die rechte Hand

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