0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

verneinen.«
    »Klar«, bemerkte Phil, »seine Bande zählt sicherlich zehn Köpfe. Wohnten sie hier, so müßte der eine oder andere dem Sheriff bekannt sein. Zu solchen Jobs geben sich im allgemeinen nur Vorbestrafte her.«
    »Da sind Sie im Irrtum, Sir«, sagte Cummingham. »Seine Helfer findet der Mississippi-Pirat leicht unter den jungen Leuten der näheren Gegend. Es sind viele Heißsporne darunter. Ich könnte Ihnen aus dem Handgelenk zwei Dutzend aufzählen. Er braucht Ihnen nur die Geschichte zu erzählen, die allgemein hier über ihn die Runde macht. Sie wissen, jene Story, daß er die Überfälle nur ausführt, um Mittel für den Kampf gegen die Gleichberechtigung der Neger in die Hand zu bekommen.«
    »Moment, Slim«, unterbrach ich. »Sie glauben, daß zumindest ein Teil der Rekruten des Mississippi-Piraten von der guten Absicht des Chefs überzeugt ist, und daß diese Leute unter Umständen aus der näheren Umgebung stammen?«
    Er nickte.
    »Sie haben doch heute nacht einen angeschossen?«
    »Ich nehme es an. Wenigstens hörte ich ihn quietschen.«
    »Können Sie feststellen, wer von den Leuten zwischen Cosher und Freebanc eine frische Schußwunde hat? Oder vielleicht überraschend verreist ist?«
    »Ich kann’s versuchen.«
    Ich gab ihm eine Zehn-Dollar-Note. »Spesenvorschuß, Slim.«
    Er steckte den Schein mit unbewegtem Gesicht weg.
    Wir beendeten das Frühstück. In seiner wortkargen Art erzählte uns Cummingham vom Leben auf dem Fluß. Dann zerkrümelte er eine angebotene Zigarette, drückte den Tabak in den Pfeifenkopf und stelzte auf seinen langen Beinen fort.
    »Bemerkenswerte Type«, bemerkte Phil und sah ihm nach.
    »Ich halte es für durchaus möglich, daß er den Mississippi-Piraten kennt und uns nur in seinem Auftrag an der Nase herumführen wird«, sagte ich.
    »Aber das ist immer noch besser, als gar keine Verbindung zu bekommen.« Phil wurde ernst. »Irgendwie finde ich es merkwürdig, daß du dem Piraten noch in der ersten Nacht begegnetest, während alle drei Boote in drei Monaten nur einmal etwas von ihm sahen. Das riecht wirklich nach bestellt.«
    »Muß nicht sein«, antwortete ich, »aber ich finde noch merkwürdiger, daß wir unter Maschinenpistolenfeuer genommen wurden, während er bei der Begegnung mit Beek kurzerhand abbrauste. Übrigens traf nicht eine der Kugeln, sie gingen haushoch über uns hinweg. Sie müssen miserable Schützen sein, oder — sie wollten nicht treffen.«
    »Was wollten sie dann?«
    »Wahrscheinlich uns einen Schreck einjagen.«
    Phil lachte knapp auf, wurde aber sofort ernst.
    »Das würde doch bedeuten, daß er Leute in Basqueville sitzen hat, die ihn genau über unsere Bewegungen unterrichten.«
    »Hältst du das für möglich?«
    Er schüttelte langsam den Kopf.
    Ich winkte den Wirt heran. »Ich brauche ein Gespräch mit New York«, sagte ich und nannte ihm die Nummer des Hauptquartiers. Während die Anmeldung lief, unterhielten Phil und ich uns weiter.
    »Die Fahrten des Sheriffs und seiner Freiwilligen sind so unnütz, als wenn kleine Jungens in einer Zinkbadewanne hinter dem Piraten herpaddelten. Legram sollte die Leute nicht um ihre Nachtruhe bringen, denn abgesehen davon, daß er mit dem alten Ausflugskahn keine Chance hat, versagen die Krämer und Bürogehilfen bei einer tatsächlichen Begegnung mit dem Feind mit absoluter Sicherheit. — Nun, es ist nicht unsere Sache, ihm das klar zu machen, und wenn die ehrenwerten Bürger von Basqueville sich weiterhin einen Schnupfen holen wollen, so mögen sie es tun. Ich jedenfalls fahre auf dem Kahn nicht mehr mit.«
    »Und Beek und Quick, unsere Kollegen?«
    »Oh, sie sind nette Jungens und sicherlich brauchbare Burschen. Vielleicht fehlt ihnen ein wenig Phantasie. Wenn wir sie benötigen, können wir sicherlich mit ihnen rechnen, aber was immer wir unternehmen werden, wir werden es erst im letzten Augenblick den anderen zur Kenntnis bringen. Wir wissen nichts darüber, wie gut das Nachrichtennetz des Mississippi-Piraten organisiert ist. — Vergiß nicht, es gibt eine Menge Leute hier in der Gegend, die bereit sind, ihn nicht für einen Piraten, sondern für so etwas wie einen nationalen Helden zu halten.«
    Das Telefon schrillte. »Die Anmeldung New York!« rief der Wirt. Ich zog Phil mit in die Kabine.
    »Den Chef!« verlangte ich von der fernen Zentrale des Hauptquartiers. Sekunden später hörte ich Mr. Highs Stimme.
    »Hier spricht Cotton«, sagte ich. »Guten Morgen, Chef. Wir hatten die erste