Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

Titel: 0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
weiterzukommen?« rief der Kapitän.
    »Ich denke! Vielen Dank! Ich werfe die Leine los!«
    Phil bewegte sich, auf dem Bauche kriechend, ein Stück nach vorne und löste das Schleppseil. Ich drückte den Anlasserknopf. Knatternd sprang der Motor an. Mit einer leichten Armbewegung senkte ich die Schraube ins Wasser und drehte den rechten Griff in die Kupplungsstellung eins. Die ›Mississippi‹ vibrierte ein wenig, ihre Nase schien sich tiefer ins Wasser zu bohren, sie kam in Fahrt. Wir passierten die wendende Barkasse.
    »Ahoi!« rief der Kapitän herüber. Wahrscheinlich schwenkte er seine Mütze, aber das konnten wir in der Dunkelheit nicht sehen. Dafür spürten wir die Wellen seines Schiffes, die uns seitlich faßten, und schon legte sich die ›Mississippi‹ so weit auf die Steuerbordseite, daß kein Zoll mehr fehlte, und das Wasser wäre übergeschwappt. Ich drehte sofort die Schraube. Da nach Art der Konstruktion Steuer und Antriebsschraube ein und dasselbe Ding waren, reagierte das Boot so blitzartig, daß es sich ins eigene Heck zu beißen schien. Wir zeigten den Wellen unser Hinterteil und überstanden sie auf diese Weise. Ein letztes ›Ahoi‹, und wir waren auf uns allein angewiesen auf dem großen Fluß. .
    In diesem Augenblick fielen die ersten Tropfen Regen.
    ***
    Slim Cummingham hob ein wenig die Nase. Ich hörte ihn schnuppern. Dann sagte er:
    »Sieht so aus, als sollte viel Wasser von oben kommen.«
    Es waren nur ein paar dicke Tropfen gewesen, die uns ins Gesicht geklatscht waren.
    »Scheint schon wieder aufgehört zu haben«, sagte Phil.
    »Warten Sie es ab, Mr. Decker«, antwortete der alte Fischer. »In spätestens drei Tagen regnet es Bindfäden.«
    Wir knatterten flußaufwärts. Es ging ganz gut, und instinktiv stellten sich unsere Körper auf unsere Lage ein und glichen die Bootsbewegungen durch automatische Gegenbewegungen aus.
    »Glaubst du, daß ich es wagen kann, mir eine Zigarette anzuzünden, ohne unseren Kahn umzuschmeißen?« scherzte Phil.
    »Ich glaube, du kannst es riskieren. — Cummingham, versuchen Sie bitte, sich in eine Stellung zu bringen, aus der Sie etwas von der Richtung erkennen, in der wir uns bewegen. Ich möchte nicht, daß wir auf einmal irgendwo anrennen.«
    Irgendwie brachte sich Slim in eine sitzende Haltung, die ihm einen Blick über den Bug hinweg gestattete.
    Im Laufe dieser ersten Nachtfahrt mußte ich die geradezu absolute Kenntnis des Flusses bewundern, über die der alte Fischer und Jäger in allem verfügte, was seinen Fluß anging. Er schien es nicht nötig zu haben, zu sehen oder auch nur zu hören. Er wußte einfach genau, wo wir uns befanden.
    »Besser, Sie wechseln jetzt zur Flußmitte über«, sagte er zum Beispiel, »Wir passieren gleich die Proboss-Mühlen. Sie haben dort Ableitungen vorgenommen, um die Wasserkraft zu nutzen, und der Fluß hat seitdem an diesen Stellen einige scheußliche Wirbel.«
    Weder Phil noch ich erkannten etwas von dem, was er erwähnte. Wir sahen nur die roten und grünen Steuer- bzw. Backbordlichter der Frachter und Schifferboote, die wir passierten; hin und wieder ein paar helle, gelbliche Punkte von erleuchteten Fenstern am entfernten Ufer, den helleren Nachthimmel, den weißlichen Streifen des Wirbels unserer Schraube im Heck, sonst nichts, aber Cummingham schien auf den Yard genau zu wissen, wo wir uns befanden.
    Drei, vier Stunden Fahrt vergingen. Bei diesem Tempo verbrauchte das Schiff nicht allzuviel Benzin, und wir besaßen noch vier Reservekanister. Auf zweien davon saß ich, zwei hatten wir in den Bug gezwängt.
    Gegen fünf Uhr begann eine zarte Dämmerung über dem Fluß aufzusteigen.
    »Zeit, daß Sie uns in das Versteck bringen, Slim«, sagte ich.
    »Zwei Meilen noch«, antwortete er.
    Er richtete sich etwas höher auf und dirigierte mich zum rechten Flußufer hinüber. Wir passierten ein einsames Hausboot mit verschlossenen Fensterläden. Plötzlich tat sich eine Seitenbucht auf, deren schwarze, gähnende Öffnung nur ganz undeutlich im tiefgrauen Morgen zu erkennen war.
    »Da hinein«, sagte der Alte.
    »Wenn das gut geht!« zweifelte Phil.
    Ich drehte die Schraube. Schlagartig wurde es wieder absolut finster um uns, als wir in die völlig überwachsene Bucht einliefen.
    »Fahrt weg!« befahl Slim. Ich hob die Schraube aus dem Wasser und stellte den Motor ab. Die ›Mississippi‹ machte noch ein wenig Fahrt, dann schaukelte sie träge auf dem Wasser des Flusses, nach dem sie den Namen trug.
    »Jetzt

Weitere Kostenlose Bücher