Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten

Titel: 0009 - Ich jagte den Mississippi-Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
wieder morgens um sieben. Da in meinem Gerät auch ein Summer eingebaut war, konnte er mich zwischendurch notfalls alarmieren.
    ***
    Es ist nicht schön, zur Untätigkeit verdammt in einem Sumpfsee zu sitzen. Außerdem bin ich ein Mensch, der gern gutes Wetter hat und dem eine miese Witterung auch miese Laune bereitet, und mies war die Witterung wahrhaftig. Es schien einfach nicht mehr aufhören wollen zu regnen. Nachts, wenn ich aufwachte, hörte ich den Regen monoton auf das Schindeldach der Hütte klopfen. Morgens, wenn ich aufstand, blickte ich in eine grauverhangene Welt, in der es von allen Blättern tropfte. Der Mississippi stieg sichtbar. Wenn er sich im wesentlichen auch noch in seinem üblichen Bett bewegte, so hatte man doch den Eindruck, als sei der ganze Fluß geschwollen wie eine riesige Pythonschlange. Das Wasser brauste schneller, wurde gelber, trüber, schlammiger. Es vermittelte das Gefühl einer Urgewalt, der nichts Einhalt gebieten konnte, falls sie ausbrechen würde.
    Der drahtlose Telefonverkehr zwischen Phil und mir klappte ausgezeichnet. Wir beschränkten zwar unsere Gespräche auf die notwendigen Mitteilungen, um die Batterien zu schonen, aber aus Phils Berichten ging doch hervor, daß die beiden, er und Cummingham, sich gewaltig ins Zeug legten. Ihre Tätigkeit war am besten mit dem Ausdruck »sich umhorchen« zu bezeichnen. Cummingham trat in die Hütten der Hausboote, sprach mit den Leuten, die ihn als einen der ihren betrachteten, und erkundigte sich nach diesem und jenem. Es waren Gespräche, wie sie unter Nachbarn üblicherweise geführt werden, aber der alte Slim war hellhörig genug, um sich sofort zu merken, wenn erzählt wurde, daß der eine oder andere Mann der Bekanntschaft eine neue Arbeit irgendwo gefunden haben sollte und daher abgereist sei. Geschickt steuerte er dann das Gespräch so, daß er erfuhr, seit wann der Mann aus der Gegend fortgegangen sei, ob er sich selbst, verabschiedet habe und was man sonst noch über ihn wüßte. Paßten Zeit und Umstände zusammen, dann ließ Phil durch Thamp in Memphis oder durch Cachot in New Orleans den angeblichen neuen Aufenthaltsort des Mannes nachprüfen. Sie hatten bisher fünf oder sechs solcher Fälle entdeckt. Die Nachforschungen durch die örtlichen FBI-Stellen liefen noch. Sicherlich würden sich neunzig oder sogar neunundneunzig Prozent als harmlos und korrekt herausstellen, aber vielleicht war auch der eine Mann darunter, der nie dort angekommen war, wohin er angeblich gegangen sein sollte.
    Ungefähr eine Woche lang arbeitete das eigentlich so ungleiche Gespann unermüdlich. Ich traf während dieser Zeit nur einmal mit ihnen zusammen, hauptsächlich, um regenfeste Kleidung in Empfang zu nehmen, die ich mir ausgebeten hatte, denn es regnete immer noch, und Cummingham sagte bei diesem Zusammentreffen:
    »Noch vier Tage Regen, und Sie werden Ihr Versteck aufgeben müssen. Zwischen dem Sumpfsee und dem Fluß liegt eine kleine Anhöhe, aber sobald er diese überflutet hat, bricht er mit einiger Gewalt in das Sumpfgebiet ein.«
    Das passierte schon in der dritten Nacht nach dieser Zusammenkunft. Ich wurde davon wach, daß sich ein neues Geräusch in das ewige Regentrommeln mischte, ein Rauschen, wie von einem kräftigen Bach. Als ich mit der Taschenlampe in der Hand vor die Tür trat, strudelte es schon zu meinen Füßen. Der See hatte sich so weit gehoben, daß der Pflock, an dem mein Boot angeleint war, bereits überspült wurde. Das sonst so stille Seewasser war überdies in Bewegung geraten. Der ›Mississippi‹ trieb in kleinen Kreisen rund um den Leinpflock.
    Fluchend trug ich die wichtigsten Dinge aus der Hütte zum Boot. Zum Glück besaß ich inzwischen Gummistiefel. Ich verstaute den Kram möglichst wasserdicht unter dem Zelttuch, mit dem ich das Boot abgedeckt hatte, kroch dann selber darunter und legte mich möglichst bequem zurecht. Einzuschlafen wagte ich nicht mehr, denn wenn ich mich im Schlaf auf die Seite wälzte, konnte es passieren, daß ich dabei den ganzen Kahn mit ins Wasser riß. Gegen Morgen hörte es auf zu regnen, und als um sieben Uhr der Summer im Gerät Phils Ruf ankündigte, war sogar die Sonne durch die Wolken gebrochen. Bei meiner Hütte stand freilich das Wasser bis zu den beiden Fensteröffnungen.
    »Morgen, Jerry«, sagte Phils Stimme, als ich das Empfangszeichen gegeben hatte. »Wie geht’s?«
    »Schlecht«, antwortete ich. »Heute nacht hat das Wasser mich von meinem Strohsack getrieben. Frage

Weitere Kostenlose Bücher