0009 - Im Würgegriff der roten Masken
Furie quer durch den kleinen Raum. Dicht neben dem Fenster prallte Bella gegen die Wand.
Die Frau sah zum Fürchten aus. Wirr fielen ihr die Haare ins Gesicht. Sie hatte die Arme erhoben und leicht angewinkelt, die Finger zu Klauen gekrümmt.
Das Mädchen saß schreckensstarr auf seinem Bett. Es war unfähig, sich zu rühren, denn das, was es zu sehen bekam, ging einfach über seinen Verstand.
Die Untote merkte, daß der Chinese kein leichtes Opfer für sie war. Im Gegenteil, er schien sogar der Überlegenere zu sein. Und deshalb gab es für Bella Stanford nur eins.
Flucht!
Aus dem Stand sprang sie los, wollte auf die Tür zujagen…
Suko schnitt ihr den Weg ab.
Wieder prallten sie zusammen. Diesmal nahm der Chinese das Höllenweib in einen Ringergriff. Plötzlich schwebte Bella Stanford in der Luft. Hoch stemmte Suko sie über seinen Kopf und schleuderte die Strampelnde dann auf das Fenster zu.
Mit Vehemenz durchbrach die Vampirin die Scheibe. Sie riß auch noch den Rahmen aus der Fassung und verschwand in einem Regen von Glassplittern in der Tiefe.
Einen Herzschlag später stand Suko selbst am Fenster, starrte nach unten auf die wabernde Nebelwand.
Die Untote war inmitten des Vorgartens gelandet. Ein dorniger Strauch hatte seine Zweige in ihre Kleidung gekrallt. Fluchend und schimpfend versuchte sich das Höllenweib zu befreien.
Doch Suko machte nicht nur die Vampirin aus, er sah auch die anderen Gestalten.
Wie Schemen glitten sie über die Straße, näherten sich kreisförmig einem Ziel.
John Sinclair!
***
Obwohl der Schrei in höchster Not ausgestoßen wurde, verlor der Geisterjäger nicht die Nerven.
Er tauchte in den Kofferraum, schloß seinen Koffer auf, ließ den Deckel hochschnappen, nahm die mit Eichenbolzen geladene Pistole heraus und einen silbernen, geweihten Dolch, dessen Griff die Form eines Kreuzes besaß.
Dann rammte John die Haube wieder zu.
Er ahnte, was vorgefallen war. Den Vampiren mußte es gelungen sein, irgendein Opfer zu finden. John sah sich in seiner Vermutung bestätigt. Nicht alle Einwohner des Dorfes befanden sich in der Kirche.
Noch immer schrie der Mensch. Der Geisterjäger erkannte nicht einmal, ob es sich dabei um eine männliche oder weibliche Person handelte.
Zwei Waffen hielt er in den Fäusten. Die Beretta in der linken Hand, die Druckluftpistole in der rechten.
Der Nebel machte eine genaue Lokalisierung des Schreis unmöglich. John hatte nur die ungefähre Richtung festgestellt. Und die stammte von der gegenüberliegenden Seite der Straße.
Johns Blicke waren praktisch überall. Und deshalb sah er auch den Schemen, der schräg hinter ihm auftauchte.
Der Geisterjäger drehte sich.
Jim Read stand vor ihm.
Beide wußten sie, was sie voneinander zu halten hatten. Und ihnen war klar, daß sie sich kein Pardon geben würden.
***
»Sinclair!« Jim Read heulte den Namen. »Ich mach dich fertig, ich hole dich zu uns…«
Sein Gesicht war eine schreckliche Fratze. Er hatte die Hauer gebleckt. In seinen Augen glänzte die Gier nach Blut.
Der Geisterjäger blieb eiskalt. Nicht zum erstenmal stand er einem Vampir gegenüber, und nicht zum erstenmal hatte ihm jemand versprochen, sein Blut auszusaugen.
Doch John schoß nicht. Er wollte Informationen von dem Untoten. »Was habt ihr mit Octupus zu tun?« fragte er. »Welche Rolle spielt er? Und warum tragen deine Freunde Masken?«
Jim Read dachte gar nicht daran, eine Antwort zu geben. John Sinclair vermutete, daß er es selbst nicht wußte.
Dafür griff Jim Read an.
Wild, ungestüm und kraftvoll.
Der Geisterjäger blieb cool bis in die Haarspitzen. Er hob nur leicht die rechte Hand mit der klobigen Druckluftpistole und zog den Abzug nach hinten.
Pfffft, machte es. Es hörte sich komisch an, als der Bolzen mit ungeheurer Geschwindigkeit aus dem Lauf gejagt wurde und dem Untoten dort in die Brust drang, wo das Herz sitzt.
Jim Read stockte mitten in der Bewegung. Sein Kopf sank nach vorn, das Kinn schien ihm auf die Brust zu fallen, die Augen traten aus den Höhlen, und der Mund öffnete sich weit. Beide Hände krallte er gegen das kleine Einschußloch.
Dann gaben die Knie nach. Wie im Zeitraffertempo fiel der Vampir auf die Knie, berührte den Boden und kippte nach vorn. Auf dem Bauch blieb er liegen. Kein Laut drang zwischen seinen Lippen hervor. Still lag er auf der knochenharten Erde.
John versuchte, so gut es ging, die Nebelwand mit seinen Blicken zu durchdringen. Er sah sich nach den Brüdern des toten
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