001 - Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus
Ausführungen, indem er
abwinkte: »Für Schlösser und Burgen dürften noch eher Germany und Schottland
zuständig sein. Und schöne Mädchen gibt's dort auch ...«
»Oh, sagen Sie das nicht, Monsieur!« Der Dumont-Angestellte schien
beleidigt, dass Larry seine Offerte so leichtfertig hinnahm. »Auch unsere
Schlösser sind sprichwörtlich. Denken Sie nur an Versailles. Und was die
Mädchen anbetrifft – ich könnte Ihnen da eine Adresse geben. Sie liegt mitten
in Paris. Wenn Sie diese Frau mal in den Armen gehalten haben, werden Sie
wahrscheinlich gar nicht mehr auf die Idee kommen, noch in die Provence zu
fahren.«
Der junge Mann fingerte in seiner Brusttasche.
Larry Brent winkte ab. »Ich habe mir die Provence in den Kopf gesetzt – und
da werde ich auch ohne Adressenmaterial durchkommen. Aber wer weiß? Wenn's
langweilig wird, läute ich Sie mal an. Vielleicht können Sie mir dann aus der
Patsche helfen ...«
Er gab Gas, winkte zurück und fädelte sich in den fließenden Verkehr ein.
Er wollte nicht unnötig viel Zeit verlieren. Er hatte die Absicht, noch in
dieser Nacht sein Standquartier in Nance zu beziehen. In einer kleinen Pension
namens Le petit Jardin war ein Zimmer
für ihn reserviert. Von dort aus wollte er regelmäßige Streifzüge in die
umliegende Gegend machen.
Larry Brent warf einen Blick in den Rückspiegel.
Der junge Franzose stand immer noch am Straßenrand und blickte ihm lange
nach, bis sich Larry Brent so weit entfernt hatte, dass er die kleine Gestalt
nicht mehr wahrnehmen konnte.
Der amerikanische FBI-Agent fuhr sicher und schnell. Bereits nach zehn
Minuten erreichte er die Ausfallstraße und benutzte die Autobahn. Larry
schaltete das Radiogerät an. Er fand einen französischen Sender, der die
richtige Musik ausstrahlte, die ihn in Stimmung versetzte. Den eine oder anderen
Song, der ihm vertraut war, pfiff er mit. Er lehnte sich zurück und ließ sich
den Fahrtwind ins Gesicht wehen. Das dunkle Verdeck des Cabriolets war
zurückgeklappt, und Larry hatte auch kein Interesse daran, es nach vorn zu
ziehen. Es war drückend heiß. Selbst der Fahrtwind verschaffte ihm kaum
Abkühlung.
Ein tiefer Atemzug hob und senkte Larry Brents breite, muskulöse Brust.
Endlich Urlaub!
Er begann bereits die erste Stunde, die er sich auf französischem Boden
befand, zu genießen.
Abseits vom Betrieb der Großstadt, abseits vom hektischen Leben, vom Lärm,
weit weg von Amerika. Diesen Tag hatte er lang herbeigesehnt, und er hoffte,
dass sein geplanter Urlaub genauso verlief, wie er ihn sich vorstellte: Ruhe,
Entspannung – und doch Eindrücke von einem fremden Land sammeln! Dies sollte
seinen Urlaub vom ersten bis zum letzten Tag bestimmen.
Larry Brent befand sich fast ständig auf der Überholspur. Der rote Wagen
raste wie ein Blitz über die graue Asphaltstraße. Es stimmte, was der Mann vom
Dumont-Service gesagt hatte. Der Wagen war bestens in Schuss. Larry fuhr sehr
schnell und doch sicher. Wenn er weiterhin dieses Tempo beibehielt, würde er
früher in Nance sein als angenommen. Er hätte es weniger eilig gehabt, hätte er
in diesen Sekunden geahnt, in welchen Hexenkessel er fuhr ...
Er hoffte auf Ruhe und Entspannung ... Doch genau das Gegenteil erwartete
ihn!
Larry Brent sollte in einen Wirbel von Ereignissen geraten, die er nie in
seinem Leben vergessen würde.
Dieser heiße Sommertag sollte für den Mann aus New York eine Bedeutung
gewinnen, die seine Zukunft schicksalhaft bestimmte.
●
Henry Parker stand wie zur Salzsäule erstarrt. Alles Leben schien aus
seinem Körper zu weichen. Das Grauen schnürte ihm die Kehle zu.
Es schien, als würde eine fremde Macht von ihm Besitz ergreifen.
Wie von unsichtbarer Hand wurde X-RAY-18 zur Seite gerissen. Er ließ sich
einfach fallen. Im selben Augenblick wurde er auch schon vom linken Kotflügel
des dunkelblauen Citroën erwischt. Der Amerikaner fühlte den Schlag gegen sein
Bein und flog in hohem Bogen durch die Luft und in den Straßengraben.
Der Citroën raste weiter und verlor sich in der Ferne.
Der Fahrer blickte sich nicht mal um.
Henry Parker überschlug sich mehrere Male. Schmerzen durchfuhren ihn, sein
Herz pochte wie rasend. Der kalte Schweiß perlte auf seiner Stirn. Zeitweise
verlor er das Bewusstsein. Der Himmel über ihm nahm eine drohende, dunkle Farbe
an und schien auf ihn herabstürzen zu wollen.
Henry Parker atmete heftig. Die vorher so gesunde, braune Farbe auf seinem
Gesicht war einem stumpfen Grau
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