0010 - Das würgende Skelett
ärgerte sich Cole.
»War der Puertoricaner wirklich so stark, Tiger?«
»Er war eine glatte Null. Unter normalen Umständen…«
»War der Kampf also doch geschoben?«
Cole explodierte beinahe. Er wollte sich auf den dürren Reporter stürzen, der diese Frage gestellt hatte. Moses Rigby fiel ihm in die Arme.
»Komm, Junge. Laß das. Es ist nun mal ihr Job, Fragen zu stellen. Du darfst dich darüber nicht ärgern.«
»Haut ab, ihr Banditen!« schrie der Boxer wütend über die zahlreichen Köpfe hinweg. »Laßt mich in Ruhe.«
Sie drängten sich durch den Reporterhaufen bis zur Kabinentür.
Man schoß eine Menge Fotos vom geschlagenen Tiger. Er knurrte.
Er stieß die Leute, die ihm zu nahe kamen, derb zur Seite. Er trat einige von ihnen sogar mit den Füßen.
Moses riß die Tür auf.
Cole wankte in seine Kabine.
Die Reporter wollten sofort nachdrängen. Ein geschlagener Tiger, das war etwas für die Presse.
»Seid doch vernünftig, Jungs!« rief Moses Rigby mit seiner heiseren Stimme.
»Wir haben noch Fragen an den Tiger!« riefen die Reporter.
»Der Tiger hat jetzt erst mal Ruhe nötig«, sagte der schwarze Trainer. »Bleibt draußen. Ich komme in ein paar Minuten zu euch und werde auf alle Fragen antworten, die ihr mir stellt.«
Der alte Neger drängte die lästigen Reporter hinaus. Er drückte sie zurück und schloß dann schnell die Tür. Sie polterten gegen das Holz der Tür. Sie redeten laut miteinander, riefen ihren Kollegen, die bei derselben Zeitung beschäftigt waren, zu, sie sollten inzwischen eine Telefonleitung ergattern, damit der Bericht sofort an die Redaktion gehen konnte.
Cole ließ sich erschöpft auf das Massagebett fallen.
Kopfschüttelnd sagte er: »Was sagst du zu diesen verfluchten Schweinen, Moses?«
Der alte Neger nahm ihm mit traurigem Gesicht die Boxhandschuhe ab.
»Jetzt hast du sie einmal anders kennengelernt«, sagte er leise. »Bis zu deinem letzten Kampf waren sie immer nur gekommen, um dir zu gratulieren. Nun siehst du, daß sie auch anders können, Randy.«
»Ich hasse diese verdammte Brut. Ein mieser Job ist das, den die haben.«
Moses zuckte die Achseln.
»Jeder verdient sich eben sein Geld so, wie er kann. Du mit deinen Fäusten. Sie mit vielen Fragen und mit Bleistift und Fotoapparat.«
Cole schaute den Trainer durchdringend an.
»Du bist sauer, weil wir den Kampf verloren haben, was?«
»Nicht sauer, Randy. Nur deprimiert. Der Kampf wäre zu gewinnen gewesen.«
»Ich weiß…«
»Ich habe dich vor seiner Linken gewarnt. Aber du hast nicht auf mich gehört. Deine Ohren waren verstopft. Du hast noch keinen so miserablen Kampf wie diesen geliefert, Randy.«
»Willst du mich jetzt moralisch fertigmachen, oder was ist los?« schrie Cole ärgerlich.
»Du hast noch nie etwas gegen ein offenes Wort gehabt, Randy.«
»Diesmal schon.«
»Was war mit dir los, Randy?«
»Nichts. Was soll denn mit mir los gewesen sein, verdammt noch mal?«
»Du warst überhaupt nicht bei der Sache, Randy. Du hast noch nie so unkonzentriert geboxt. Womit hast du dich in Gedanken beschäftigt, als du im Ring warst?«
Cole hatte nicht die Absicht, über das Ereignis zu sprechen, das ihn so sehr aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht hatte. Er wollte mit niemand darüber reden. Auch nicht mit Moses, dem er bisher beinahe alles anvertraut hatte. Darüber konnte er mit niemand reden. Damit mußte er allein fertig werden.
»Ich war ganz bei der Sache«, sagte Cole bockig. »Wir haben den Puertoricaner unterschätzt, Moses!«
»Du kannst mir nichts vormachen, Randy. Vor einer Stunde noch hättest du den Puertoricaner mit deinen Fäusten aus dem Ring gehämmert. Es muß vor dem Kampf irgend etwas vorgefallen sein. Was war es, Randy? Mit mir kannst du darüber reden. Du weißt, wie ich zu dir stehe.«
Cole verzerrte sein Gesicht zu einem wütenden Grinsen.
»Weißt du, wie du mir vorkommst? Wie ein Bulle, der mich verhört.«
Der alte Neger senkte den Blick.
»Das darfst du nicht sagen, Randy. Du weißt, daß ich es immer gut mit dir meine.«
»Ja. Ja. Du meinst es immer gut. Okay. Ich weiß es. Und jetzt geh bitte raus und füttere diese Pressehyänen. Sag ihnen, daß ich mich auf einen Revanchekampf vorbereite. Sag ihnen, daß dieser verdammte Puertoricaner sein blaues Wunder erleben wird, wenn ich gegen ihn noch einmal in den Ring steige. Sag ihnen, daß ich heute total außer Form war. Einen Ausrutscher darf sich doch jeder mal leisten, oder? Sag ihnen, daß ich
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