0010 - Ich gegen alle
Kreis teilte sich. Alle wandten ihre Gesichter mir zu. Vanbought stand in der Mitte, etwas hinter ihm Bauber. Sie starrten mich an. Niemand hatte wohl damit gerechnet, daß ich die Frechheit besitzen könnte, meinen Bau zu verlassen.
Erfolg macht dreist. Ich lehnte mich gegen die Hüttenwand.
»Solche Unfreundlichkeiten möchte ich nicht noch einmal erleben«, sagte ich laut.
Niemand antwortete. Schön, sie waren bewaffnet, aber ich auch, und wenn sie auch fünfzig Kugeln gegen eine von mir zu verschießen hatten, so mußte jedoch jeder damit rechnen, daß diese eine Kugel gerade ihn traf. Vielleicht auch waren sie daran gewöhnt, auf Vanboughts Kommando zu hören, und er gab das Kommando nicht, denn er konnte sich denken, daß ich ihn als ersten aufs Korn nehmen würden.
»Ich habe nichts dagegen, wenn Sie Ihre Arbeit in den Bergen aufnehmen wollen«, fuhr ich fort, »aber ins Tal kommt niemand, bis die Polizei aus Epson hier ist. Wir wollen wissen, was gespielt wird. Vielleicht geht es schneller, wenn einer von euch sich entschließen könnte, mir reinen Wein einzuschenken.«
Ich richtete meinen letzten Satz an die Gruppe der Schürfer, die offenbar nicht in Vanboughts Diensten standen. Ich sah, wie die Männer sich unsicher anblickten. Einer kraulte seinen Bart, aber immer wieder flogen Blicke zu Vanbought hinüber. Es war klar, sie hatten Angst vor ihm.
Dieser fragwürdige Vanbought raffte sich auf. Er tat einen Schritt nach vorn und sagte: »Ich möchte mit Ihnen verhandeln, Cotton.«
»Worüber?«
»Warum wollen Sie nicht, daß ich das Camp verlasse? Ich habe wichtige Dinge in Fort Epson zu regeln. Wir alle erleiden große Verluste, wenn Sie mich nicht gehen lassen.«
Irgendwer lachte höhnisch auf, verschluckte sich aber sofort.
»Über dieses Thema brauchen wir nicht zu reden«, antwortete ich. »Niemand verläßt das Camp, bis eine Untersuchung durch die kanadischen Behörden stattgefunden hat. Ihre Geschäfte werden nicht gleich platzen, wenn Sie fünf Tage später nach Epson kommen. Außerdem werden Sie und Ihre Leute ohnedies verhaftet, weil Sie sich meinen Anordnungen mit Waffengewalt widersetzt haben.«
Ich sah, wie es in seinen Augen wütend aufblitzte. Er war nahe daran, seinen Leuten zuzuschreien, sie sollten mich abknallen, aber er stand zu passend für meine Kugel, und so überlegte er es sich noch einmal.
»Im übrigen gefällt es mir nicht, daß ihr auf einem Haufen steht und dummes Zeug redet«, sagte ich. »Geht auseinander, und jeder kümmert sich um sich selbst. Wenn jemand mir etwas erzählen will, so kann er kommen, vorausgesetzt, er klopft höflich an. Wer ohne anzuklopfen in meine Hütte will, dem geht es schlecht. Und jetzt auseinander mit euch!«
Siehe da, sie trollten sich. Als erste gingen die Schürfer in Gruppen zu dreien und vieren. Dann wankte auch Vanboughts Trupp, brach in Trüppchen auseinander und verkrümelte sich, und als letzter ging dann Vanbought selbst, mit einer Kopfbewegung Bauber und noch zwei anderen befehlend, ihm zu folgen.
Ich ging auch. Ein Gewehrlauf, der vorsichtig aus dem Fenster oder einem Zeltschlitz geschoben wird, ist schwer und daher manchmal zu spät zu erkennen. Ich zog mich in meine Hütte zurück.
Ich wußte nicht warum, aber ich hatte das sichere Gefühl, daß alles davon abhing, daß Vanbought hier oben blieb, bis McDonald kam.
Konnte ich wirklich nicht verhindern, daß er sich aus dem Camp verdrückte? Ich brauchte mir den Jungen nur zu kaufen, ihn ein bißchen verschnüren und in einer Ecke meiner Hütte deponieren. Mir gefiel der Gedanke nicht schlecht, vorausgesetzt, der Kauf ließ sich so durchführen, daß ich selbst nicht zuviel dabei zu zahlen hatte. Ein Kugelloch an einer unangenehmen Stelle war ein hoher Preis.
Ich stand auf. Vanbought war mit nur dreien seiner Leute in sein Blockhaus gegangen. Weniger würden wahrscheinlich nie um ihn sein, und auf die Nacht konnte ich nicht warten. Wenn ich es tun wollte, dann waren die Chancen in diesem Augenblick nicht schlechter als zu jeder anderen Stunde, vielleicht besser.
Ich stellte mich an eine der vorderen Fensteröffnungen von der aus ich praktisch das ganze Camp übersehen konnte.
Vanboughts Haus lag mir fast genau gegenüber, und ich konnte kein Gesicht hinter der Öffnung entdecken. Auch sonst war es ruhig im Lager. Ein paar Schürfer hockten im Freien, aber sie gehörten nicht zu der Clique, und ich brauchte von ihnen nichts zu befürchten.
Ich stellte das Gewehr fort.
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