0011 - Der Irre mit der Teufelsgeige
zu Komplikationen.
Aber Glenda gab nicht auf. Ihre Augen strahlten mich an. »Hat man Sie aus dem Bett geworfen, Mr. Sinclair?«
Ich schenkte ihr ein Lächeln. »So ungefähr. Tun Sie mir einen Gefallen, Glenda?«
Ihr Blick wurde erwartungsvoll. Sie atmete tief ein, und ich sah, wie sich der Pullover noch weiter spannte.
»Kochen Sie mir bitte eine Tasse Kaffee!«
Sie schluckte. »Natürlich, sofort, Mr. Sinclair.« Sie drehte sich um und ging zur Tür, vergaß aber nicht, ihre Hüften gekonnt zu schwingen.
Ich lächelte. Nach Glendas Kaffee leckten sich auf der Etage alle die Lippen. Ich erhielt ihn schnell. Mit Zucker, ohne Milch. Ganz nach meinem Geschmack.
»Ich tippe dann den Bericht für Superintendent Powell«, sagte Glenda. »Tun Sie das.«
Glenda ging wieder. Nachdenklich rührte ich den Kaffee um. Immer wieder entstand das Bild des Geigers vor meinem geistigen Auge. Ich wurde daraus einfach nicht schlau.
Mein Gott, wer spielte schon so Geige? Ich kannte keinen. Die Künstler, die mir ein Begriff waren, lebten alle längst nicht mehr. Paganini, zum Beispiel. Ihn nannte man den Teufelsgeiger. Angeblich sollte er mit dem Satan im Bunde gestanden haben.
Ob dieser Geiger unter Umständen auch…?
Ich beschloss, der Spur nachzugehen. Aber wer konnte mir Auskunft geben? Ein Musiklexikon ließ ich mir von Glenda besorgen. Dort fand ich zwar viele Namen, aber die meisten Musiker waren tot.
So vergingen drei Stunden. Irgendwann erschien Glenda wieder in meinem Büro, den fertig getippten Bericht brachte sie mit.
»Haben Sie Probleme, Mr. Sinclair?«
»Ja. Ich suche einen Geiger. Aber einen lebenden.«
»Oh, da gibt es viele.«
»Das weiß ich auch. Aber ich suche einen, dessen Spiel berühmt ist, der die Leute mit seiner Musik in Trance versetzen kann, wie damals Paganini.«
»Da gibt es doch einen«, erwiderte Glenda.
»Sagen Sie bloß. Und wer ist es?«
»Zarcadi. Professor Zarcadi. Stand in allen Musikzeitschriften. Haben Sie das nicht gelesen?«
»Nein, ich lese nur die Tageszeitung.«
Glenda wusste, welch einen Job ich hatte, und war glücklich, dass sie mir einmal behilflich sein konnte. »Zarcadi ist ein Mann, der die Menschen durch sein Spiel in Trance versetzen kann. Die Zeitungen schrieben, er sei aufgetaucht wie ein Komet am Himmel. Allerdings gibt er nur Privatkonzerte, und seine Verehrer zahlen hohe Eintrittspreise.«
»Sie sind eine Wucht, Glenda«, rief ich. »Jetzt brauchen Sie mir nur noch zu sagen, wo ich diesen Saitenquäler finden kann.«
Glendas Gesicht nahm einen enttäuschten Ausdruck an. »Tut mir Leid, Mr. Sinclair. Das weiß ich nicht.«
»Haben Sie in Ihrer Musikzeitschrift denn nicht gelesen, wo er auftritt oder wo er wohnt?«
»In England. Er ist Ungar und aus seiner Heimat geflüchtet. Angeblich hat er sich ein Landhaus gekauft. Inmitten eines großen Parks. Wenn er ein Konzert gibt, müssen die Menschen schon zu ihm kommen. Ziemlich geheimnisvoll, dieser Mann. Finden Sie nicht auch, Mr. Sinclair?«
»Ja.« Ich nickte. Dann drückte ich Glenda die Hand. »Sie glauben gar nicht, wie sehr Sie mir geholfen haben.«
»Aber Mr. Sinclair.« Glenda Perkins wurde rot bis unter die Haarwurzeln. Und war es sicherlich auch noch, als sie längst wieder in ihrem Büro saß.
Ich aber wollte mich hinter diesen Geiger klemmen. Doch ein Anruf brachte alles durcheinander. Ein Kollege von der Mordkommission war am Apparat. Ich kannte ihn nur dem Namen nach.
»Ich rufe Sie aus einem Landhaus in Kilburn an«, sagte der Kollege. »Wenn Sie Zeit haben, möchte ich Sie doch bitten, herzukommen.«
»Was ist denn passiert?«
Inspektor Eagle, so hieß der Kollege, wand sich wie ein Wurm. »Es ist schlecht am Telefon zu erklären. Es geht aber um Mord und um eine Frau namens Jane Collins.«
Ich war wie elektrisiert. »Um die Privatdetektivin?«
»Ja. Wir haben eine Handtasche gefunden mit ihren Ausweisen. Außerdem fanden wir einen Hinweis auf Sie. Aber ich glaube es ist besser, wenn Sie sich das einmal persönlich ansehen.«
»Natürlich. In Kilburn, sagten Sie. Wo genau dort?«
»Kommen Sie am besten zu unserem Revier. Ich gebe Ihnen die Adresse durch. Salisbury Road vierundzwanzig. Alles verstanden?«
»Alles klar«, erwiderte ich.
Meine Stimme klang längst nicht mehr so optimistisch wie am Anfang. Die Worte meines Kollegen hatten mich geschockt. Jane Collins also auch.
Ich hegte gar keinen Zweifel daran, dass all die Vorfälle mit dem Auftauchen des geheimnisvollen Geigers
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