0012 - Der Dämonenknecht
den Raum zu erhellen. Ein schmaler Lichtstreifen fiel über das Bett, der Rest des Zimmers blieb in dämmeriges Zwielicht getaucht. Die Fensterrahmen zeichneten sich als schwarze Vierecke an der gegenüberliegenden Wand ab.
Nicole Duval saß auf einem hohen, unbequemen Stuhl neben dem Bett, auf dem Don Marcelino und Maria lagen.
Im gesamten Schloß war es so still, daß Nicole ihr eigenes Herzklopfen hören konnte. Nur von Zeit zu Zeit unterbrach das leise Stöhnen Don Marcelinos die dumpfe, lastende Stille.
Señor Perez kommt auch nicht zurück, dachte Nicole. Sie schluckte, ihre Kehle war trocken. Ein quälender Durst überfiel sie plötzlich.
»Ich muß etwas zu trinken haben«, flüsterte sie, erhob sich und warf einen unsicheren Blick über das Bett. Noch zögerte Nicole.
»Einen kleinen Augenblick kann ich sie ja wohl allein lassen«, murmelte sie, nachdem sie einige Sekunden zaudernd mit Daumen und Zeigefinger ihrer recht en Hand über die trockenen Lippen gestrichen hatte.
Schon huschte die schlanke Gestalt zur Tür hinaus.
Nicole war zwar erst einige Stunden im Schloß, aber sie kannte sich schon gut aus. Trotzdem kein Licht brannte, fand sie den Weg durch den Gang in die Halle.
Wo nur Perez bleibt?
Nicole stieg die Treppe hinauf, die zu den oberen Räumen führte.
Ganz wohl war es ihr nicht in diesem fremden düsteren Gemäuer.
Nicole dachte an den Vorfall mit Don Marcelino. Aber immerhin war Señor Perez in der Nähe, und der Professor würde auch bald wieder zurück sein.
Mit gemischten Gefühlen stieg Nicole die letzten Stufen zur oberen Etage hoch. Ihr Ziel war der Raum, in dem sie zuletzt gesessen hatten. Dort standen Flaschen mit Getränken. Nicht zu glauben, was Durst für ein schreckliches Gefühl war. Sie mußte jetzt einfach etwas Flüssiges über die Lippen bekommen.
Schon stand Nicole in dem Gang, von dem die Türen zu den Wohn- und Schlafräumen abzweigten.
Dort, aus der halboffenen Doppeltür, aus der Lichtschein fiel, mußte es sein.
Erst als Nicole Duval durch die Tür trat, wurde ihr klar, daß sie sich geirrt hatte. Dies war ein anderer Raum, den sie noch nicht gesehen hatte.
Nur wenige Möbel standen in dem kahlen Zimmer. Ein paar Sessel und ein runder weißgedeckter Tisch. Vier brennende Kerzen standen darauf. Ihr Schein fiel auf die mit mattgoldenen Ornamenten verzierten Vorhänge an den Fenstern und auf einen unheimlichen Totenschädel, der eingefaßt in einem Rahmen über dem Kamin hing. Die Kerzen flackerten, und auch der Totenschädel schien sich gespenstisch zu bewegen.
Das Bild mit dem Totenkopf übte eine seltsame Anziehungskraft auf sie aus. Nicole, die sich sonst über derartige Abbildungen höchstens amüsiert hatte, trat näher.
Die Tür hinter Nicole Duval schloß sich, und wieder flackerte das Kerzenlicht, aufgescheut von dem Luftzug.
Nicole fuhr unvermittelt herum. Sie runzelte ungläubig ihre Stirn und sah erstaunt auf die Gestalt, die an der geschlossenen Tür lehnte. Sie blickte genau in das bärtige Gesicht von Juan Perez.
»Sagen Sie, was soll das hier? Warum haben Sie mich allein gelassen?« Nicole Duvals weiche Stimme drückte Verwirrung aus.
Perez lächelte. »Ich habe Sie hier erwartet, Mademoiselle.« Seine rechte Hand hielt er auf dem Rücken.
Gleichzeitig wandte er sich halb um, zog die Hand hinter dem Rücken hervor, und Nicole sah, daß sie einen Schlüssel hielt.
Blitzschnell schloß Perez die Tür zu.
Nicole wurde unsicher.
»Was machen Sie denn da? Warum schließen Sie ab?« Sie musterte den Bärtigen mißtrauisch. Von nun an kam ihr alles, was sie sah und hörte, verzerrt vor.
Der Spanier kam mit langsamen, jedoch geschmeidigen Schritten auf Nicole zu. Das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden.
In seinen Augen glühte ein unheimliches Feuer.
Dicht vor Nicole blieb er stehen.
»Ich brauche Sie, Nicole«, stieß Perez leise zwischen den Zähnen hervor. Seine Hand umfaßte das Mädchen und tätschelte seinen Rücken.
»Lassen Sie das!« Nicole stieß den Einarmigen mit aller Kraft zurück. Ihre Augen schleuderten Blitze. Die Brust hob und senkte sich erregt unter ihrem Kleid.
»Sie sind ein widerliches Stück«, flüsterte sie leise, aber energisch.
»Nun gut, Sie wollen es nicht anders«, murmelte Perez. »Sie werden auf Nimmerwiedersehen von der Bildfläche verschwinden, Nicole Duval. Ihr Chef, Professor Zamorra, wird ihnen folgen, denn ich hasse es, wenn man sich in meine Angelegenheiten mischt. Ihr beiden werdet
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