0014 - Ich eroberte die Gangsterfestung
Treppe, die zum Eingang hinaufführte, da spürte ich seine Hand an meinem Rockkragen. Nicht, daß Sie glauben, unsere Polizeiorganisationen bestünden nur aus Flegeln, nein, ganz bestimmt nicht. Aber hin und wieder gerät man an einen, den der ständige Umgang mit irgendwelchen Gesetzesbrechern selbst ein bißchen hart gemacht hat. So einer hatte das Pech, an mich zu geraten.
Ich wischte ihm die Hand von meinem Rockkragen, zog mein Notizbuch und schrieb mir seine Dienstnummer auf. Er sah es mit einem völlig verdatterten Gesicht. Dann hielt ich ihm meinen Ausweis unter die Nase und sagte:
»FBI. Beim nächsten Male versaue ich Ihnen Ihre Pension, wen Sie sich selber wie ein Gangster betragen. Klär?« Er starrte mich an, als ob er das achte oder neunte Weltwunder vor sich hätte. Na, ich hatte keine Zeit, mich weiter mit ihm herumzuärgern, und ging hinein.
Drin war allerhand los. In der Diele, die etwas wie eine Empfangshalle war, schwirrten ein halbes Dutzend uniformierter und ein gutes Dutzend nichtuniformierter Beamten herum, die alle sehr beschäftigt waren. Rechts stand eine Tür offen, die in das Innere des Lokals führte. Im Hintergrund saßen mehrere Leute, die von einigen Cops daran gehindert wurden, sich zu unterhalten.
Links ging eine offenstehende Tür in einen kleinen Raum, der seiner Einrichtung nach Bürozwecken diente.
Dort sah ich einen goldverschnürten Admiral oder so etwas sitzen. Neben ihm stand ein kleines Männchen mit schütterem grauen Haar, der ihm die Seele aus dem Leibe fragte.
Ich ging in das Zimmerchen und tippte dem grauen Männchen leicht auf die Schulter. Er sah aus der Nähe so zerbrechlich aus, daß ich unwillkürlich nur den kleinen Finger nahm, um mich bei ihm bemerkbar zu machen.
Er drehte sich um und musterte mich aus kleinen, geröteten Äuglein. Dann öffneten sich seine kleinen Lippen und er fauchte böse:
»Was wollen Sie?«
»Ich bin Cotton, vom FBI. Unser Chef schickt mich her. Soll mich mal Umsehen, was hier los war.«
»Seit wann geht dem FB[ ein gewöhnlicher Totschlag oder so etwas so zu Herzen, daß er gleich seine Leute schickt?« zeterte das Männchen heftig. »Dafür sind wir zuständig.«
»Gott sei Dank«, nickte ich freundlich. »Aber Sie werden verstehen, daß ich (len Weisungen meines Chefs gehorchen muß. Das würden Sie von ihren Untergebenen sicher auch verlangen, aye?« Ich hatte seine richtige Stelle getroffen. Er nickte schon weniger böse und ließ sich zu einem erklärenden Brummer herab:
»Na, ja, dann sehen Sie sich meinetwegen um. Scheint eine mysteriöse Sache zu sein, das hier.«
Und dabei zeigte er auf den Admiral. Das war ein Riese, der ohne Verpackung sicher gut seine zwei Zentner wog. Ich zog mir einen Stuhl heran und wandte mich wieder an das Männchen:
»Was war denn eigentlich los?«
»Kann Ihnen unser lieber Freund besser erzählen«, erwiderte der Kleine. »Ich kann mich inzwischen um die anderen Zeugen kümmern.«
Und damit verschwand das Männchen. Ich bot dem goldverschnürten Riesen erst einmal eine Zigarette an. Er war merklich blaß und zitterte leicht mit den Händen.
»Mal schön der Reihe nach«, schlug ich vor, als unsere Stäbchen glimmten. »Nachtportier hier, was?«
Der Riese nickte.
»Schon seit acht Jahren.«
Er sog nervös an der Zigarette, während er mich aus den Augenwinkeln beobachtete. Plötzlich warf er die Zigarette in den Aschenbecher, der auf dem Schreibtisch neben ihm stand, beugte sich hastig vor und fragte aufgeregt: »Sie sind vom FBI?«
»Ja.«
»Gut, hören Sie zu, G-man! Es kommt ja doch raus, wenn erst das FBI seine Finger da reinsteckt: Ich war früher mal ‘n Gangster, ‘n ganz kleiner, das können Sie mir glauben. Ich hab‘ eine hübsche Portion Kraft in meinen Armen sitzen, das können Sie auch glauben. Aber mit meinem Kopf ist nicht viel los. In der Grundschule lernt man ja nicht viel, schon gar nicht, wenn man nur ein paar Jahre mitmacht. Das reicht dann eben zum Schreiben und Lesen. Mit dem Rechnen fangen die Schwierigkeiten schon an. Aber verdienen möchte man trotzdem. Na, Sie kennen sicher den Weg. Langsam kam man auf die schiefe Bahn.«
Ich sah den Ehering an seinem Finger, hatte gehört, daß er schon seit acht Jahren die Stellung als Nachtportier hatte, ich sah seine geraden ehrlichen Augen — den Rest konnte ich mir denken. Passiert öfter:
»Dann haben Sie ein nettes Mädchen kennengelernt, sie geheiratet, sind in eine andere Gegend gezogen und haben Ihrer Frau
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