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0015 - Der Morddämon

0015 - Der Morddämon

Titel: 0015 - Der Morddämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Traute Maahn
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Opfer in der Wellington Street. Er hat mein Herz gesucht. Ein teuflischer Meister hat ihm und seinen Artgenossen befohlen, Menschenherzen zu erbeuten.
    Was plant dieser Teufel?
    Und wozu hat er sich die Roboter geholt?
    Zamorra ging weiter auf die Pagode zu.
    Er fühlte sich wie ausgepumpt, doch seine hartnäckige Neugierde war größer.
    Er erreichte die Pagode nach etwa fünfzehn Minuten.
    Alles war still. Er starrte hinauf zu den einzelnen Etagen, die jede für sich ein Dach trug. Solche Tempel mit den kuppelartigen Turmaufbauten waren, wie Zamorra wußte, nach hinterindischer Bauweise errichtet worden. Sie waren Überbleibsel einer längst vergangenen chinesischen Kaiserdynastie.
    Professor Zamorra umkreiste die Pagode, doch er fand nirgendwo ein Zeichen dafür, daß hier vor kurzem Füße entlanggegangen waren. Ihm blieb nichts anderes übrig, als den Rückweg anzutreten, nachdem er auch an der kunstvoll geschnitzten Holztür im Erdgeschoß mehrfach gerüttelt hatte. Aber sie war fest versperrt und gab nicht nach.
    Unangefochten schritt Zamorra talabwärts auf die Silhouetten von Victoria zu, der Hauptstadt der Kronkolonie, wo sich auch das Queens Hotel befand.
    ***
    In den Katakomben tief unterhalb der Erdoberfläche war das Reich von Ming-Li.
    Eskortiert von mehreren Changs, schritt Stephen McTrash den langen Gang entlang bis zu der gewaltigen unterirdischen Halle.
    Ming-Li stand in einem weißen Gewand am schwarzen Altar, der dämonische Geheimzeichen in flammendroter Farbe trug.
    Er hielt die Arme ausgestreckt. Er murmelte etwas, das McTrash nicht verstand.
    Unzählige Changs hielten Pechfackeln in den Händen. Sie blickten gebannt auf Ming-Li. Ihre glatten Puppengesichter waren ausdruckslos.
    Sie führten McTrash rechts neben den Altar. Er sah sich um. Es war sinnlos, jetzt oder überhaupt an Flucht zu denken. Die Changs waren die Geschöpfe dieses unheimlichen Magiers, lebendig gewordene Tote, die vor sieben Jahrhunderten in den Kämpfen zwischen Mongolen und den Einwohnern von Cathay gefallen waren. McTrash hatte eingesehen, daß sich Ming-Li immer neue Changs holen konnte, daß er als Einzelner nichts gegen sie unternehmen konnte.
    Der strenge, modrige Friedhofsgeruch, der von diesen lebenden Toten zu ihm herüberwehte, würgte ihn.
    Ming-Li winkte einem der Changs. Feierlich löste er sich aus der Gruppe der Fackelträger und schritt auf den Altar zu.
    Auf eine Geste seines Meisters hin riß er sich den grauen Kittel bis zum Bauchnabel auf.
    Nun griff Ming-Li in einen Kupferkessel, der auf dem Altar stand, und holte etwas heraus, was der Schotte nicht erkennen konnte.
    Ming-Li hob seine Stimme. »Ich, Ming-Li, der Erlauchte, vereine fünf Elemente in mir: Erde, Feuer, Metall, Wasser und Holz. Ich bin der große Ming-Li, der das alte Cathay wiederauferstehen lassen wird. Das heutige China wird untergehen, ausradiert werden… Meine Macht ist unendlich, wird durch nichts begrenzt. Satanus, der Mächtigste, scheidet das Gute vom Bösen und läßt das Böse triumphieren und den Sieg davontragen.«
    Die Changs murmelten beifällig. McTrash wurde von eisigem Entsetzen gepackt. Ming-Li fühlte sich als Abgesandter des Teufels, als Götze, der die fünf Elemente in sich vereinigte.
    »In dieser Hand halte ich das Herz eines Menschen«, rief Ming-Li mit erhobener Stimme. »Es rührt sich nicht. Doch ich, der mächtige Ming-Li, kann diesem Herzen befehlen, zum Leben zu erwachen und zu pochen…«
    Langsam hob sich sein ausgestreckter Arm. Die Changs näherten sich mit den Fackeln.
    Alles sah wie gebannt auf den Handteller Ming-Lis.
    Auch McTrash erkannte das rote, blutige Etwas in der Hand.
    Grauen, Entsetzen und widerstrebende Bewunderung erfüllten ihn.
    Noch lag das Herz ruhig da. Doch nun begann es unter gemurmelten Beschwörungen von Ming-Li zu zucken, sich wie im Kampf zu bewegen.
    »Kuangchow«, rief Ming-Li, »ich pflanze dir ein Menschenherz ein. Du bist sterblich wie ein Mensch, wenn du es in deiner Brust klopfen hörst.«
    Ming-Li preßte das zuckende Menschenherz in den Brustkorb des vorgetretenen Changs.
    Sekundenlang stand der Erweckte breitbeinig vor Ming-Li, dann sank er in die Knie und berührte den Rocksaum des weißen Priestergewandes. »Danke«, stöhnte er.
    »Steh auf, Kuangchow«, befahl Ming-Li. »Auch in meiner Brust schlägt ein Menschenherz. Ihr habt vierzehn Menschenherzen in den Kupferkesseln gebracht. Das bedeutet also vierzehn Changs, denen ich mit diesen Herzen die Sterblichkeit

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