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0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

Titel: 0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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,uncl das FBI konnte meine Aufbahrung wiederholen, nur diesmal mit dem echten Jerry.
    Mit einem Schwung riß ich die Maschinenpistole hoch wie ein Beil, mit dem man wuchtig ausholen will. Der Lauf, den ich ganz vorn gepackt hielt, ersetzte den Stiel, der Kolben war die Axt. Ich riß sie hoch über meinen Kopf zurück.
    Hinter mir krachte etwas. Ich warf mich herum. Aber ich brauchte keine Sorge mehr zu haben. Joe brach zusammen. Er würde vorerst nicht mehr zu sich kommen.
    Ich nahm ihm die Pistole weg und ging zu Phil. Schnell hatte ich seine Fesseln gelöst. Er sah mich mißtrauisch an. Noch war ich für ihn ein Gangster.
    Ich spuckte die beiden Kautschukplatten aus und sagte mit meiner natürlichen Stimme:
    »Hallo, Phil!«
    Er sah mich an. In seinen Augen stand Verständnislosigkeit. Ich wiederholte meinen Gruß noch einmal.
    Seine Augen weiteten sich. Plötzlich wußte er.
    »Jerry!« sagte er tonlos.
    Ich nickte.
    Da liefen ihm die Tränen über die blutverschmierten Wangen.
    »Oh, Jerry!« stieß er hervor.
    Ich stützte ihn, als er aufstand.
    »Ich ahnte es halb, daß du nicht wirklich tot warst. Aber ich war nicht ganz sicher. Wenn es ein Theater gewesen wäre, hättest du mir sicher Bescheid gesagt, dachte ich immer.«
    Ich kam mir sauschlecht vor in diesem Augenblick. Zum Glück nahm mir Phil die Entschuldigung ab, indem er selbst auf den richtigen Gedanken kam.
    »Aber du hattest natürlich recht«, keuchte er, während ich ihn zu einem Diwan geleitete, der in einer anderen Ecke des großen Raumes stand. »Wenn ich gewußt hätte, daß du lebst, hätte ich nie so überzeugend spielen können, daß die Gangster geglaubt hätten, du wärst tot. Nein, das war schon recht.«
    Er war noch sehr schwach. Ich gab ihm die Pistole und sagte:
    »Bleib hier liegen. Ich muß mich um die anderen Gangster kümmern. Vor allem will ich sehen, wo der Boß steckt. Wenn er sie hier hereingelassen hat, muß er doch im Hause sein.«
    »Okay, Jerry.«
    Mir war das Musik in den Ohren. Wie oft hatte Phil schon »Okay, Jerry« gesagt. Aber so schön habe ich es noch nie gehört.
    »Wenn einer kommt, sieh zu, daß du der erste bist, der durchzieht. Wir können uns jetzt keine Rücksicht mehr leisten.«
    »Keine Angst. Ich werde der erste sein.«
    Ich nickte. Dann ging ich hinaus und machte die Tür hinter mir zu. Der Flur lag menschenleer vor mir.
    ***
    Ich sah auf meine Armbanduhr. Wir waren schon fast eine Stunde in der Bank. Noch immer hatte ich nicht das Gesicht gesehen, auf das es mir einzig ankam: das Gesicht des Mannes, der wie ein Irrer durch Jahre hindurch an dieser fixen Idee festgehalten hatte, die States Union Bank auszurauben.
    Tausend andere Gangsterführer hätten schon nach dem ersten Mißlingen sich eine andere Bank als Objekt ausersehen. Wenige hätten es nochmals an derselben Stelle versucht. Aber nur ein Mann, der von einer fixen Idee besessen war, konnte imstande sein, es noch ein drittes Mal zu probieren.
    Wer war dieser Verrückte?
    Ich riß Zimmertür nach Zimmertür auf. Ich durchsuchte die Bank bis in den letzten Winkel hinein.
    Den Boß fand ich nicht.
    Ich ging zurück zu Phil. Wir steckten uns eine Zigarette an und starrten trübe vor uns hin.
    »Ich hätte geschworen, daß er in der Bank ist«, sagte ich.
    Phil erwiderte gar nichts.
    Ich stand auf und ging unruhig auf und ab. In spätestens zwanzig Minuten würden die Gangster die erste Tresortür aufgebrochen haben. Es wurde allmählich Zeit, daß ich unsere Leute holte.
    »Er wurde bei den früheren Überfällen nie erwischt«, sagte Phil. »Bedeutet das, daß er sich nie in der Bank auf hält, wenn die Tat ausgeführt wird?«
    Ich sah ihn nachdenklich an.
    »Das könnte sein. Aber wer hat die Gangster eingelassen? Die Tür wurde von innen geöffnet, das ist absolut sicher. Sie kann nämlich nur von innen geöffnet werden, davon habe ich mich überzeugt. Also muß der Mann, der die Gangster in die Bank gelassen hat, im Hause sein.«
    »Wieso?« fragte Phil. »Er kann doch sofort, nachdem er die Tür öffnete, verschwunden sein!«
    Ich sprang auf.
    »Verdammt! Daß ich daran nicht gedacht habe?«
    »Andrerseits wäre es von dem Mann ziemlich unvorsichtig, die Gangster allein an das Geld zu lassen. Welche Sicherheiten hat er denn, daß sie später tatsächlich mit ihm teilen? Keine, keine einzige Sicherheit kann er dafür haben!«
    Noch während er es sagte, vernahm ich ein seltsames Geräusch. Ein leises Summen, das aus den Wänden zu kommen

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