0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig
mitangehört. Joe schickte mich, weil du nicht kamst. Dabei habe ich dein Telefongespräch belauscht. Schlau, nicht? Ja, der alte Boom ist nicht auf den Kopf gefallen. Jetzt mach ich dich fertig, du dreckiger Verräter!« Er hatte eine Maschinenpistole in der Hand, deren Mündung fünfzig Zentimeter von meiner Brust entfernt war.
***
Ich hatte keine Zeit zum Überlegen. Mit der Linken riß ich den Lauf der Tommy Gun hoch, mit der Rechten schlug ich zu. Die Maschinenpistole entglitt seiner Hand, bevor er den Abzug berührt hatte. Meine Faust traf ihn auf die Kinnspitze. Er schnappte nach Luft, stand einen Augenblick kerzengerade, dann ging ein Zittern durch seinen Körper und er sackte zusammen.
Mit dem rechten Arm fing ich ihn auf und zerrte ihn in das Zimmerchen. So schnell wie ich konnte, fesselte ich die beiden Gangster mit ihren Hosenriemen und Schlipsen an Händen und Füßen. Die Taschentücher band ich ihnen so vor den Mund, daß sie beim Erwachen keinen großen Radau machen konnten.
Dann schob ich mir meine Null-acht zurück ins Halfter, nahm die Maschinenpistole und ging hinaus. Im Flur brannte jetzt Licht, und die Tür nach draußen war geschlossen.
Ich ging den Korridor nach links hinunter. An mehreren Türen vorbei, hinter denen nichts zu hören war, gelangte ich schließlich an eine Treppe, die nach unten führte. Ich stieg sie hinab.
Unten kam ich in einen kleinen Raum, der mit einem Gitter zur Treppe hin versehen war. In dem Gitter war eine kleine Tür, die offenstand. Ich ging hindurch. Ein langer Korridor öffnete sich vor mir. An seinem Ende sah ich ein zweites Gitter.
Als ich es erreicht hatte, lag der unterirdische Tresorraum der Bank vor mir. Die Rückwand dieses Raumes wurde von einer großen Stahltür unterbrochen. Die Gangster waren mit allen möglichen Spezialwerkzeugen dabei, sie zu erbrechen. Auch zwei Schweißbrenner waren in Tätigkeit. Später erfuhr ich, daß sie die Werkzeuge in den beiden Kofferräumen der Wagen mitgeführt hatten.
Joe stand seitwärts an eine Wand gelehnt und musterte mich böse.
»Seit fast zehn Minuten warte ich auf ’dich!« brummte er wütend. »Warum kommst du nicht gleich, wenn ich dich rufen lasse?«
»Die Tür zum Nachtschalterraum war zugefallen. Es dauerte eine Weile, bis ich die richtige Einstellung der beiden Schlüssel gefunden hatte und die Tür wieder aufkriegen konnte.«
Ich sah Joe so oi'Ien ins Gesicht dabei, wie man es nur konnte. Zum Glück gab er sich damit zufrieden. Aber schon kam die nächste verfängliche Frage:
»Ich habe zwei Mann schicken müssen, dich zu holen. Einer soll sich an 'den Nachtschalter setzen. Wo ist der zweite?«
Ich ließ mir nichts anmerken.
»Er hat die Kasse vom Nachtschalter entdeckt. Jetzt ist er nicht zu halten. Er packt das Geld ein.«
»Dieses Rindvieh!« fluchte Joe unbeherrscht. »In der Kasse zum Nachtschalter sind im günstigsten Fall zwanzigtausend Dollar. Wir kämpfen um einige Millionen, und der Esel verliert die Kontrolle über sich selbst wegen lumpigen zwanzigtausend! Na, ich werde ihm noch zeigen, was ich von meinen Leuten erwarte.«
Ich atmete innerlich auf. Daß es überhaupt, eine Kasse im Nachtschalterraum gab, hatte ich ja überhaupt nicht gewußt. Aber wieder gab mir etwas zu denken! Woher wußte Joe, daß die Nachtkasse höchstens zwanzigtausend Dollar enthalten konnte?
Ich hatte keine Zeit, lange meinen Gedanken nachzuhängen. Um Joe nicht auf den Gedanken kommen zu lassen, den renitenten Burschen von der Nachtkasse selbst wegzuholen, fragte ich ihn sofort:
»Weshalb hast du mich rufen lassen?«
»Ach ja. Da ist ein Mann, den wir uns mal ansehen müssen.«
Ich schaltete auf Alarm. In der Bank konnte unmöglich ein Fremder sein. Was hatte Joe also gemeint? War es eine Finte? Wollten sie mich aus dem Weg räumen? Hatten sie vielleicht gar meine Maske durchschaut?
Mein Gesicht verriet nichts von meinen Gedanken, die blitzschnell durch meinen Kopf gingen. Ich rückte meine randlose Brille zurecht und sagte:
»Okay. Wo ist er?«
»Komm.«
Er ging vor mir her. Mein Gehirn registrierte es sofort. War sein Mißtrauen gegen mich eingeschlafen, war er zu nervös, um auf solche Dinge zu achten, oder wollte er mich absichtlich in das Gefühl versetzen, daß ich mir keine Sorgen zu machen brauchte? Ich lief ihm nach.
Hinter jeder Tür konnte der gesuchte Boß sitzen, überall konnte Joe einen Mann postiert haben, der Anweisung hatte, mich umzulegen, sobald er mich nur erblickte —
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