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0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

Titel: 0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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und ich mußte den ruhigen, den scheinbar geübten Gangster spielen.
    Es ging den Flur zurück, die Treppe hinauf und in den Korridor, durch den wir in die Bank gekommen waren. Joe schien sich verdammt gut auszukennen. Er schritt auf die dritte Tür links von der Treppe zu und riß sie auf. In der Tür blieb er stehen und sah sich nach mir um.
    »Da!« sagte er und deutete mit dem Kopf hinein.
    Würde er in der Tür stehen bleiben? Dann war es eine Falle. Ich würde um keinen Preis vor ihm das Zimmer betreten. Noch war ich drei Schritte von der Tür entfernt. Ohne den Bruchteil einer Sekunde zu zögern, mußte ich Aveitergehen. Die Maschinenpistole hatte ich lässig in der rechten Hand.
    Joe betrat vor mir den Raum. Da-'durch geriet er für einen Augenblick aus meinem Blickfeld. Ich nutzte den Bruchteil dieser Sekunde, um mir den Schweiß von der Stirn zu wischen. Das war wieder einmal Glück gehabt.
    Unter meinem künstlichen Spitzbart juckten meine echten Bartstoppeln, die ich ja nur soweit hatte wegrasieren können, wie der künstliche Bart nicht meine Haut bedeckte. Obendrein war meine Zunge angeschwollen von den beiden Kautschukplatten, die rechts und links neben den Zähnen meine Wangen dicker machten. Das Atmen wurde mit der geschwollenen Zunge immer schwieriger. Am liebsten hätte ich mir die ganze Aufmachung aus dem Gesicht gerissen und die Kautschukplatten ausgespuckt.
    Ich beherrschte mich, weil mir nichts anderes übrig blieb und betrat den großen Raum, der sich hinter der Tür befand.
    Ich war anscheinend in einem Arbeitszimmer eines leitenden Bankangestellten. Dicker Teppich, Kronleuchter, massiver Eichenschreibtisch — alles sehr repräsentativ.
    Ich sah mich um. Joe stand links von der Tür. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte grinsend auf einen Stuhl, der in einer Ecke stand. Ich folgte seinem Blick.
    Mir gefror das Blut in den Adern.
    Auf dem Stuhl saß Phil. Aber wie sah er aus!
    Sein linkes Auge war blau unterlaufen und von einer dicken Geschwulst geschlossen. Sein Kopf lag nach hinten auf der Stuhlehne. Die Hände und Füße hatte man ihm an die Armlehnen, beziehungsweise an die Stuhlbeine gefesselt.
    »Wir haben ihn schon ausgequetscht«, sagte Joe und lachte brutal. »Es ist einer von diesen verdammten G-men.«
    Ich schluckte. Etwas machte sich in meiner Kehle breit, daß ich husten mußte.
    »Ihr habt ihn ganz schön fertiggemacht«, brummte ich.
    »Kann man wohl sagen«, bestätigte Joe stolz.
    Er ging ein paar Schritte auf Phil zu und rief:
    »Na, G-man, wie geht's?«
    Seine Stimme war scharf wie die Schneide eines Messers. Jetzt hatte ich zum ersten Male den wirklichen Joe vor mir, den Joe McLean, der auf Lebzeiten ins Zuchthaus gehörte, wenn man ihn schon nicht auf den Elektrischen Stuhl setzen wollte.
    Phil hob den Kopf. Er schien wahnsinnige Schmerzen zu haben. Ich sah es an der Art, wie er versuchte, ein Grinsen zustande zu bringen.
    »Noch nicht genug?« bellte McLean.
    Phil machte den Mund auf und krächzte mit einer Stimme, die ich im Dunkeln nie als seine Stimme erkannt hätte:
    »Genug? Du wirst früher sterben als ich.«
    Joe stand genau vor mir. Er weidete sich an den Qualen seines wehrlosen Opfers. Ich biß die Zähne aufeinander, daß es knirschte. Langsam hob ich die Tommy Gun.
    »Warum kommt denn der Boß nicht?« artikulierte Phils Stimme undeutlich. »Kann er mein Blut nicht sehen? Er wollte mich doch eigenhändig totschlagen!«
    Ich atmete aus. Mit einem Ruck ließ ich die Tommy Gun wieder sinken. Der Boß! Noch hatte ich den wichtigsten Mann nicht. Ich durfte jetzt nicht unbeherrscht darauf losknallen, wie es meiner Wut gerade paßte.
    »Das wird er auch noch tun, verlaß dich drauf!« höhnte Joe. »Wir müssen erst an dem Geld sein, verstehst du? An dem Geld, hinter dem wir seit Jahren her sind! Für das ich jahrelang in Leavenworth gesessen habe! Aber diesmal klappt es! Diesmal ist alles genau berechnet! In zwei Stunden haben wir die erste Tresortür auf. Die zweite macht nicht halb soviel Arbeit. Vielleicht eine halbe Stunde. Dann die kleinen Türchen von den Kundenfächern, die sind im Nu aufgesprengt. Damit haben wir das Geld und sämtliche Kostbarkeiten, die reiche Bankkunden hier gelagert haben. Für an die zwei Millionen liegt Schmuck in den einzelnen Fächern, von siebzig reichen Familien deponiert. Hahahahahaha! Das ist der tollste Coup, der je gelandet worden ist!«
    Joe lachte wie ein Irrsinniger. Auch ihm stand der Schweiß in

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